Leitsatz (amtlich)
1. Eine bis zum 31.8.2009 fällig gewordene Notarkostenrechnung unterliegt, wenn das gerichtliche Nachprüfungsverfahren erst nach diesem Tag eingeleitet worden ist, dem in § 156 KostO n.F. geregelten Verfahren und Instanzenzug (entgegen OLG München MittBayNot 2010, 500).
2. Wird bei Erbbaurechtsbestellung das Erfordernis einer Zustimmung des Grundstückseigentümers zu einer Veräußerung des Erbbaurechts vereinbart, beläuft sich der Geschäftswert eines zugleich mitbeurkundeten Vorkaufsrechts des jeweiligen Eigentümers am Erbaurecht nicht auf die Hälfte, sondern regelmäßig auf 10 %, höchstens 20 % des Wertes des Erbbaurechts nach Bebauung (entgegen OLG München FGPrax 2006, 134).
Normenkette
KostO § 20 Abs. 2, § 156
Verfahrensgang
LG Zwickau (Beschluss vom 11.11.2010; Aktenzeichen 5 T 26/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 5. auswärtigen Zivilkammer in Plauen des LG Zwickau vom 11.11.2010 wie folgt abgeändert:
a) Die Kostenrechnung Nr. 1162/09-1308 des Beteiligten zu 2 vom 17.7.2009 wird dahin geändert, dass der Geschäftswert der Beurkundung 4.944.880 EUR beträgt und insoweit eine Nettogebühr von 5.985,60 EUR angefallen ist, so dass sich die Summe der umsatzsteuerpflichtigen Beträge auf 7.839,60 EUR und der Rechnungsendbetrag einschließlich 19 % Umsatzsteuer (= 1.489,52 EUR) auf 9.329,12 EUR belaufen.
b) Die Kostenrechnung Nr. 1163/09-1309 des Beteiligten zu 2 vom 17.7.2009 wird dahin geändert, dass der Geschäftswert der Beurkundung 471.076,20 EUR beträgt und insoweit eine Nettogebühr von 777 EUR angefallen ist, so dass sich die Summe der umsatzsteuerpflichtigen Beträge auf 1.196,05 EUR und der Rechnungsendbetrag einschließlich 19 % Umsatzsteuer (= 227,25 EUR) auf 1.423,30 EUR belaufen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller ist einer von seit der letzten Kommunalreform nur noch zehn Landkreisen des Freistaates Sachsen. Er schloss mit der früher kreisfreien und seit 2008 ihm angehörenden Großen Kreisstadt Plauen, in der das Landratsamt residiert, am 1.7.2009 zu notariellen Urkunden des Antragsgegners zwei Verträge. Darin bestellte die Stadt dem Landkreis an ihr gehörenden, sehr nah beieinander gelegenen innerstädtischen Grundstücken jeweils ein Erbbaurecht für die Dauer von 35 Jahren mit einmaliger Verlängerungsoption des Erbbauberechtigten um weitere zehn Jahre, in dem einen Fall (UR-Nr.; GA 23 ff.) zur - auch verpflichtenden - Nutzung einschließlich der Möglichkeit beliebigen Um- und Ausbaus des auf dem Erbbaugelände befindlichen denkmalgeschützten Gebäudes, in dem anderen Fall (UR-Nr.; GA 6 ff.), in dem eine noch zu vermessende und mit einem von der Stadt noch abzureißenden alten Produktionsgebäude bebaute Grundstücksteilfläche von etwa 3.425 qm betroffen war, zur - ebenfalls zugleich geschuldeten - Errichtung und Nutzung von Parkplätzen, auch durch den Bau eines Parkhauses oder Parkdecks. Nach § 7 der Verträge hat die Nutzung im ersten Fall "für Zwecke der öffentlichen Verwaltung vor allem im Bereich der Aufgaben des Landkreises", im zweiten Fall "vor allem für Zwecke der öffentlichen Verwaltung im Bereich der Aufgaben des Landkreises" zu erfolgen; das jeweilige Erbbaugrundstück darf ohne Genehmigung des Grundstückseigentümers für keinen vertragsfremden Zweck benutzt werden. In §§ 3, 4 ist jeweils ein als Reallast einzutragender wertgesicherter jährlicher Erbbauzins von 3 % des gutachterlich bereits festgestellten Verkehrswertes von Grund und Boden ohne vorhandene Bebauung vereinbart. Nach dem gleichlautenden § 9 der Verträge bedarf der Erbbauberechtigte zu einer Veräußerung des Erbbaurechts der Zustimmung des Grundstückseigentümers. Die Regelungen in §§ 7, 9 über "Verwendungszweck" und "Zustimmung des Eigentümers" sind jeweils dinglich vereinbarter Inhalt des Erbbaurechts. § 12 ("Vorkaufsrecht für Eigentümer") besteht jeweils aus dem Satz: "Der Erbbauberechtigte räumt den jeweiligen Eigentümer des Erbbaugrundstücks ein dingliches Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle ein." In der jeweils letzten Vertragsbestimmung (§ 20 bzw. § 19) heißt es zu Rücktrittsrechten: "Eigentümer und Erbbauberechtigter sind sich darüber einig, dass sich das in § 7 dargestellte Bauvorhaben nur durch Einsatz von Fördermitteln verwirklichen lässt. Der Erbbauberechtigte ist berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten, wenn diese Fördermittel nicht zur Verfügung gestellt werden ..."
Mit Kostennoten vom 17.7.2009 stellte der Notar dem vertraglich zur alleinigen Kostentragung verpflichteten Antragsteller insgesamt 15.341 EUR und 2.351,50 EUR in Rechnung (GA 5, 22). Darin berechnete er, jeweils an erster Stelle, die gem. § 144 KostO um je 60 % ermäßigte 20/10-Gebühr des § 36 Abs. 2 KostO für die Vertragsbeurkundungen mit netto 11.037,60 EUR und 1.557 EUR aus (Gesamt-)Geschäftswerten von 14.740.000 EUR und 1.229.581,25 EUR. Die beiden Geschäftswerte setzen sich, wie aus den Kostennoten mit etwas Mühe...