Leitsatz (amtlich)
1. Wird eine Ausgangsmitteilung abgeändert, lässt dies das rechtliche Interesse an einer Gegendarstellung nur dann entfallen, wenn der ergänzte Bericht deutlich macht, dass die Ausgangsmitteilung nicht nur sprachlich überarbeitet, sondern an ihr nicht mehr festgehalten wird.
2. Eine Gegendarstellung gegen den sich aus dem Zusammenspiel mehrerer Äußerungen ergebenden Eindruck ist nicht möglich, wenn lediglich eine nicht fernliegende Deutung einen gegendarstellungsfähigen Eindruck ergäbe.
3. Bei der Entgegnung auf eine mehrdeutige Behauptung muss der Antragsteller nicht sämtliche mögliche Deutungsvarianten aufführen, vielmehr reicht es aus, wenn dem Kern der Erstmitteilung entgegen getreten wird.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 1045/17) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Beklagte hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Beklagten bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass der Antragstellerin ein Anspruch auf die begehrte Gegendarstellung aus § 56 Abs. 1 RStV zusteht. Die hiergegen mit der Berufung erhobenen Einwände erachtet der Senat nicht für durchgreifend.
1. Entgegen der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung scheitert eine Gegendarstellung nicht bereits daran, dass die Passage des Ausgangsbeitrages
" 'So schwer war es noch nie', sagte R. erst in dieser Woche. 'Ohne Hilfe schaffen wir es nicht.'".
durch die Formulierung
"R. selbst bestreitet einen Zusammenhang zwischen Präsidentenamt und seinen Entscheidungen. 'Da gibt es nichts.' sagte er XXX-Rundfunk während einer Pressekonferenz am Mittwoch. Heute präzisiert er noch einmal. "'Die Firma W...... ist kein Sponsor. Jede Fahrt im Mannschaftsbus, die XXYXXYXXX unternimmt, wird vom Verein zu marktüblichen Konditionen abgerechnet und bezahlt'".
ersetzt wurde. Die hierfür beweisbelastete Antragsgegnerin hat auch durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherungen AG1 bis AG 3 zum einen nicht bewiesen, dass der beanstandete Ausgangsbeitrag lediglich 3 Stunden 37 Minuten und nicht - wie die Antragstellerin unter Vorlage der eidessstattlichen Versicherung des M. S. glaubhaft gemacht hat (ASt 8), mindestens bis zum 27.4.2017, 22:07 Uhr abrufbar war. Der Senat hat zum anderen bereits im Beschluss vom 12.7.2017 im Parallelverfahren 4 W 558/17 ausgeführt, dass die bloße Abänderung des Ausgangstextes nicht ausreicht, sofern nicht erkennbar wird, dass hierdurch zugleich eine Erstmitteilung widerrufen oder richtiggestellt wird (so auch OLG Hamburg, Urteil vom 27.10.2009, 7 U 39/09 - juris). Dass der Leser nur noch auf den ergänzten Text zugreifen kann, genügt für sich genommen nicht, denn es wird gerade nicht deutlich, dass erkennbar eine zunächst wiedergegebene Darstellung richtig gestellt wurde (OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. 6. 2015 - I-16 U 85/15 -, Rn. 28, juris). Bei Veröffentlichungen im Internet kann generell nicht darauf abgestellt werden, der Ursprungstext sei nicht mehr aufrufbar, der Leser nehme daher nur noch den neuen Text zur Kenntnis. Vielmehr kann auch bei nur kurzer Einstellung eines Ausgangstextes auf einer Homepage nicht ausgeschlossen werden, dass dieser geteilt, verlinkt oder anderweitig etwa durch Internetcrawler wie http://archive.org/web/ o.ä. weiterverbreitet oder zum Abruf bereitgehalten wird. Ohne eine ausdrückliche Richtigstellung kann damit nicht ausgeschlossen werden, dass Leser mit beiden Versionen, die für sie gleichrangig nebeneinander stehen, konfrontiert werden. Ein Leser kann dann regelmäßig nicht erkennen, ob die im Ursprungsbeitrag enthaltenen Tatsachen von der Redaktion weiter aufrechterhalten werden.
Die Abänderung einer Erstmitteilung steht mithin einem Gegendarstellungsanspruch gegen die Erstmitteilung nur dann im Wege, wenn der ergänzte Bericht ausreichend deutlich macht, dass die Ursprungsbehauptung nicht nur sprachlich überarbeitet wurde, sondern aus inhaltlichen Gründen nicht mehr aufrecht erhalten bleiben soll. Dafür reichte es hier indes nicht aus, dass in der geänderten Fassung die "ergänzten Aussagen von Herrn R. offensiv hervorgehoben" worden sind. Während in der Ursprungsfassung nämlich die Behauptung aufgestellt wurde, die Antragstellerin "sponsore" den Mannschaftsbus von XXYXXYXXX, wird in der geänderten Fassung lediglich eine Aussage des Insolvenzverwalters wiedergegeben, die Antragstellerin sei...