Leitsatz (amtlich)
Zur Erledigterklärung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Die gesetzliche Regelung des § 67 d Absatz 6 Satz 2 StGB in seiner Neufassung vom 23. Juli 2004 (BGBl. 2004 Teil I S. 1838) erfasst nicht die Fälle, in denen schon die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf einer Fehldiagnose beruht (Fehleinweisung von Anfang an). In diesen Fällen tritt die Führungsaufsicht kraft Gesetzes nicht ein. § 68 f StGB bleibt hiervon unberührt.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Entscheidung vom 11.05.2005; Aktenzeichen I StVK 160/05) |
Tenor
1.
Auf die sofortige Beschwerde der Verurteilten wird der Beschluss der 1. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Leipzig vom 11. Mai 2005 in seiner Beschlussformel Nrn. 2, 3 und 4 aufgehoben.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird verworfen.
2.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; allerdings wird die Gerichtsgebühr ein Drittel ermäßigt.
Ein Drittel der der Beschwerdeführerin erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Das Landgericht Chemnitz hat die Beschwerdeführerin am 06. August 2001 wegen Totschlags zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren sechs Monaten verurteilt; zugleich hat es die Unterbringung der Beschwerdeführerin in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Maßregel wurde seit dem 05. November 2001 im Sächsischen Krankenhaus Altscherbitz vollstreckt.
Mit dem (beschränkt) angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Leipzig die Maßregel für erledigt erklärt und zugleich festgestellt, dass gesetzlich Führungsaufsicht eingetreten sei. Deren Dauer hat die Strafvollstreckungskammer mit fünf Jahren bemessen, die Beschwerdeführerin für diesen Zeitraum der Führung und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt und die Führungsaufsicht im Weiteren konkret ausgestaltet. Darüber hinaus hat die Strafvollstreckungskammer die Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafe angeordnet.
Mit ihrer (beschränkten) sofortigen Beschwerde wendet sich die Verurteilte zum einen gegen die Feststellung des Führungsaufsichtseintritts und deren nähere Ausgestaltung, zum anderen gegen die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung für die noch offene Restfreiheitsstrafe.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, das Rechtsmittel als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Feststellung des gesetzlichen Eintritts einer Führungsaufsicht wendet. Im Übrigen ist es unbegründet.
a)
Die Beschränkung der sofortigen Beschwerde auf einzelne Beschwerdepunkte war zulässig, weil die angefochtenen Entscheidungsteile nicht in einer so engen gegenseitigen Abhängigkeit stehen, dass sich ein Angriff gegen die Feststellung des gesetzlichen Eintritts einer Führungsaufsicht nicht auch auf die Erledigungsfeststellung der Maßregel erstreckt. Gleiches gilt für die Entscheidung über die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung.
b)
Die Feststellung des gesetzlichen Eintritts einer Führungsaufsicht und ihre inhaltliche Ausgestaltung einschließlich der Unterstellung unter einen Bewährungshelfer werden aufgehoben.
Entgegen der - allerdings nicht begründet dargelegten - Rechtsauffassung der Strafvollstreckungskammer und Teilen der Kommentarliteratur (vgl. Veh in MüKo-StGB 2005, § 67 d Rdnr. 30 m.w.N.) erfasst die gesetzliche Regelung in § 67 d Abs. 6 Satz 2 StGB in der Neufassung vom 23. Juli 2004 (BGBl. 2004 Teil I S. 1838) nicht den hier vorliegenden Fall, dass bereits die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf einer Fehldiagnose beruht, weshalb die Maßregel als von Anfang an für erledigt erklärt wird. Dies ergibt sich sowohl aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift als auch aus der ihr zugrundeliegenden Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 02. April 2004 (BT-DrS. 15/2887, S. 14 - zu Nr. 3 -). Darin wird ausgeführt:
"Danach hat das Gericht die Unterbringung zunächst in den Fällen für erledigt zu erklären, in denen eine erneute Begutachtung im Rahmen der Überprüfung der Fortdauer der Unterbringung durch die Strafvollstreckungskammer (§ 61 d Abs. 2, § 61 e StGB) ergibt, dass der Untergebrachte nicht (mehr) an einem schuldausschließenden oder -vermindernden Zustand im Sinne der §§ 20, 21 StGB leidet, der zur Anordnung der Maßregel geführt hat (1. Fallgruppe). Das Gericht hat sich dabei nur mit der Frage zu befassen, ob im Zeitpunkt seiner Entscheidung der Zustand besteht. Die Frage, ob möglicherweise bereits die Unterbringungsdiagnose fehlerhaft war, stellt sich im Erledigungsverfahren nicht. Denn zum einen unterliegt im Erledigungsverfahren im Hinblick auf die fortbestehende Rechtskraft des erkennenden Urteils nur der gegenwärtige und nicht der frühere Zustand des Untergebrachten der Beurteilung des Gerichts (vgl. BVerfG NJW 1995, 2405, 2406). Zum anderen kann im Rahmen dieses Verfahrens auch aus tatsächlichen Gründen immer nur über die gegenwärtige Sachlage en...