Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Auslieferung an die Republik Belarus zur Strafverfolgung wegen Taten, die dort mit der Todesstrafe bedroht sind
Nachgehend
Tenor
Die Auslieferung des Verfolgten an die Republik Belarus zur Verfolgung der im "Beschluss über die Einleitung der Fahndung und über die Ergreifung der Unterbindungsmaßnahme von Inhaftierung (Haftbefehl)" vom 09. Oktober 2007 des Untersuchungsführers der Staatsanwaltschaft des Kreises Tschausy in der Strafsache-Nr. 5/1002 genannten Taten wird für zulässig erklärt.
Gründe
I.
Der Senat hat gegen den Verfolgten am 21. Mai 2008 die Auslieferungshaft angeordnet. Dem Auslieferungshaftbefehl liegt ein Auslieferungsersuchen der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Belarus vom 27. März 2008 zugrunde. Danach besteht gegen den Verfolgten ein "Beschluss über die Einleitung der Fahndung und über die Ergreifung der Unterbindungsmaßnahme von Inhaftierung (Haftbefehl)" vom 09. Oktober 2007 des Untersuchungsführers der Staatsanwaltschaft des Kreises Tschausy in der Strafsache-Nr. 5/1002. Darin wird dem Verfolgten vorgeworfen, sich am 06. August 1995 auf dem Automarkt der Stadt Grodno dem später getöteten als Kaufinteressent für dessen Auto vorgestellt zu haben. Gegen 10.00 Uhr habe er den Geschädigten anlässlich einer Probefahrt in der Nähe des Dorfes Golowatschi mit zwei Schüssen in den Kopf getötet und sei mit dem Fahrzeug des Getöten davongefahren. Des Weiteren habe der Verfolgte am 03. Dezember 1995 den Automarkt der Stadt Mogilew aufgesucht und sich dem später getöteten als Kaufinteressent für dessen Fahrzeug vorgestellt. Gegen 12.00 Uhr hab er den Geschädigten anlässlich einer Probfahrt auf der Straße von Mogilew nach Tschayssy mit Schüssen in den Kopf getötet und sei mit dem Fahrzeug des Geschädigten davongefahren.
Diese Taten werden durch die belarussischen Strafverfolgungsbehörden als Raub gemäß Art. 89 Teil 2 des Belarussischen Strafgesetzbuches, als vorsätzlicher Mord unter erschwerenden Umständen gemäß Art. 100 des Belarussischen Strafgesetzbuches und als illegaler Besitz, Aufbewahrung von Waffen und Munition ohne Genehmigung gemäß Art. 213 des Belarussischen Strafgesetzbuches bewertet.
In seinen Anhörungen vor dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Dresden am 31. März 2008 sowie am 02. Juni 2008 hat sich der Verfolgte mit seiner vereinfachten Auslieferung nicht einverstanden erklärt.
Der Verfolgte bestreitet die ihm zur Last gelegten Taten. Der Tatverdacht beruhe im Wesentlichen auf Zeugenaussagen vom Hörensagen. Ein Teil dieser Zeugen habe sich von ihren bisherigen Aussagen distanziert und habe die Aussage - notariell beurkundet - widerrufen. Zum Beleg hat der Verfolgte zwei durch russische Notare beurkundete Erklärungen des Zeugen (Nr. 1-01/104091 und Nr. 12-01/134957) vorgelegt. Darin schildert der Zeuge, dass er durch belarussische Behörden festgenommen und inhaftiert worden sei. Während der Haftzeit sei Druck auf ihn ausgeübt worden. Man habe von ihm verlangt, dass er die für den Ermittler erforderlichen Papiere unterschreibe, um aus der Haft entlassen zu werden. Er habe dem ausgeübten Druck nicht mehr standgehalten und alle vorgelegten Dokumente unterzeichnet. Diese im Jahr 1996 in der Republik Belarus unterzeichneten Papiere habe er nicht gelesen. Der Sinn der unterschriebenen Erklärung sei jedoch, dass er die von dem Verfolgten ihm gegenüber geäußerte Aussage bezeugt habe, dass der Verfolgte auf dem Territorium der Republik Belarus ein Verbrechen begangen habe.
Für die Tat am 06. August 1995 macht der Verfolgte ein Alibi geltend. Zwar habe er in der Republik Belarus drei Autos gekauft. Er habe diese Autos jedoch in Minsk gekauft und lediglich gewusst, dass diese Autos in Europa gestohlen waren.
In der Republik Belarus werde bis zum heutigen Tage die Todesstrafe vollstreckt. Zusicherungen, die Todesstrafe nicht anzuwenden, könne kein Glauben geschenkt werden. Die Republik Belarus habe sich in der Vergangenheit wiederholt nicht an international eingegangene Verpflichtungen gehalten. Das belarussische Strafprozessrecht sehe auch keine Möglichkeit vor, eine Zusicherung im Strafverfahren verbindlich umzusetzen.
Schließlich sei in der Republik Belarus keine rechtsstaatskonforme Durchführung eines Strafverfahrens gewährleistet; es würden elementare Grundsätze des deutschen ordre public tangiert.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, die Auslieferung für zulässig zu erklären.
Der Verfolgte hatte Gelegenheit, zu diesem Antrag Stellung zu nehmen.
II.
Die Auslieferung des Verfolgten an die Republik Belarus zur Strafverfolgung erweist sich nach einer Gesamtwürdigung aller zu Tage getretenen Umstände als zulässig.
1.
Die dem Verfolgten vorgeworfenen Taten sind in dem mit der Republik Belarus aufgrund vertragloser Grundlage stattfindenen Auslieferungsverkehr auslieferungsfähig (§ 3 Abs. 1 und 2 IRG). Sie wären auch nach deutschem Recht zumindest als schwerer Raub gemäß § 250 StGB, ...