Normenkette
ZPO §§ 114, 119
Verfahrensgang
AG Hohenstein-Ernstthal (Urteil vom 22.05.2002; Aktenzeichen 2 F 316/02) |
Tenor
Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe für die Berufung gegen das Urteil des AG Hohenstein-Ernstthal vom 22.5.2002 nicht bewilligt.
Gründe
I. Mit Urteil des AG – FamG – Hohenstein-Ernstthal vom 22.5.2003, dem Beklagten zugestellt am 25.6.2003, wurde er verpflichtet, an die Klägerin Kindesunterhalt für die gemeinsame Tochter F., geboren am 17.11., in Abänderung der Jugendamtsurkunde vom 17.5.2001 zu zahlen. Mit seinem Vorbringen, aufgrund seines Einkommens und seiner Unterhaltsverpflichtungen für zwei weitere minderjährige Kinder nicht in der Höhe leistungsfähig zu sein, ist der Antragsteller nicht durchgedrungen.
Mit Schriftsatz vom 1.7.2003 hat der Beklagte Prozesskostenhilfe für die Berufung beantragt und dabei die Auffassung vertreten, eine sachliche Begründung zu den Erfolgsaussichten der beabsichtigten Berufung sei nicht erforderlich, da dies zu einer unzulässigen Einschränkung der Rechtsmittelbegründungsfrist führe.
Dem Beklagten war Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen.
1. Ein Gesuch um Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung muss zumindest in den Grundzügen aufzeigen, weshalb die erstinstanzliche Entscheidung angefochten werden soll (OLG Dresden, Beschl. v. 16.7.1999 – 10 UF 294/99; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 117 Rz. 21; OLG Schleswig v. 1.9.1998 – 5 U 49/98, MDR 1999, 509 = OLGReport Schleswig 1999, 17 = NJW-RR 1999, 432; OLG Celle v. 22.1.2003 – 3 U 278/02, MDR 2003, 410). Die Gegenansicht (BGH v. 11.11.1992 – XII ZB 118/92, MDR 1993, 172; BGH v. 18.10.2000 – IV ZB 9/00, NJW-RR 2001, 570; v. 6.12.2000 – XII ZB 193/00, NJW-RR 2001, 1146; OLG Dresden v. 19.8.1999 – 18 U 1604/99, MDR 2000, 659 = OLGReport Dresden 2000, 299; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rz. 23 – „Prozesskostenhilfe” m.w.N.) vermag der Senat nicht zu teilen.
a) Lässt der Antrag auf Prozesskostenhilfe nicht erkennen, in welchen Punkten und in welchem Umfang das erstinstanzliche Urteil angegriffen werden soll, müsste das Berufungsgericht darlegen, in welchem Umfang das erstinstanzliche Urteil der Berufung anheim fallen könnte, bzw. in welchen Punkten das erstinstanzliche Urteil als unrichtig betrachtet wird (vgl. OLG Schleswig v. 1.9. 1998 – 5 U 49/98, MDR 1999, 509 = OLGReport Schleswig 1999, 17 = NJW-RR 1999, 432 [433]). Das Berufungsgericht wäre nämlich durch die fehlende Begründung nicht davon entbunden, die Erfolgsaussicht des beabsichtigten Rechtsmittels von Amts wegen zu prüfen (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 119 Rz. 54). Die Gegenansicht stellt darauf ab, dass die auf Prozesskostenhilfe angewiesene Partei unverhältnismäßig benachteiligt würde, wenn sie mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bereits innerhalb der Rechtsmittelfrist eine, wenn auch überschlägige, Prüfung der Erfolgsaussichten des beabsichtigten Rechtsmittels vornehmen müsse, während der bemittelten Partei für die Begründung des Rechtsmittels i.d.R. mindestens zwei Monate zur Verfügung stünden (BGH v. 11.11.1992 – XII ZB 118/92, MDR 1993, 172). Der Anwalt sei auch nicht gehalten, bereits vor einer Beiordnung und ohne einen Kostenvorschuss eine Sach- und Rechtsprüfung vorzunehmen (BGH v. 11.11.1992 – XII ZB 118/92, MDR 1993, 172). Ein Begründungserfordernis führe zu einem Verstoß gegen das Gebot der verfahrensrechtlichen Chancengleichheit bemittelter und mittelloser Parteien.
b) Dieser Argumentation vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zuzugeben ist, dass aus den genannten Gründen kein den Erfordernissen des § 520 ZPO entsprechender Entwurf einer Berufungsbegründung verlangt werden kann; dies ist jedoch auch nicht der Fall.
Um eine Benachteiligung der mittellosen Partei zu vermeiden, ist es ausreichend, für die Begründung eines Prozesskostenhilfeantrages nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an eine Berufungsbegründung; genügend ist die Darlegung der beanstandeten Punkte im amtsgerichtlichen Urteil.
Anderenfalls erschiene nämlich eine Bevorzugung der mittellosen Partei durch die Entbindung jeglicher Begründungsverpflichtung nicht ausgeschlossen: Da das Berufungsgericht von Amts wegen die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsmittels zu prüfen hat, könnte sich die mittellose Partei anschließend das Ergebnis dieser Prüfung zu Eigen machen, während für die bemittelte Partei eine entsprechende Möglichkeit einer „Vorab-Prüfung” durch das Gericht nicht besteht.
Darüber hinaus können Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigung ohne entsprechende Erklärungen des Antragstellers kaum überprüft werden; eine Überprüfung durch das Berufungsgericht kann sich in diesen Fällen nur auf Rechtsfragen beschränken (vgl. OLG Celle v. 22.1.2003 – 3 U 278/02, MDR 2003, 470 [471]).
c) Auch das für die Gegenansicht angeführte kostenrechtliche Argument, von dem Rechtsanwalt könne nicht verlangt werden, vor der Beiordnung und ohne einen Vorschuss die rechtlichen und sachlichen Aussichten des Rechtsmittels zu p...