Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens über den Unterhalt Minderjähriger bei zwischen den Eltern geteilter Kinderbetreuung.
Verfahrensgang
AG Kamenz (Aktenzeichen 51 FH 21/18) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kamenz vom 14.05.2019 - 51 FH 21/18 - aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens zu befinden hat.
2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 8.352,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die getrennt lebenden, aber noch nicht rechtskräftig geschiedenen Eltern der gemeinsamen Kinder O... G..., geboren am xx.xx.2013, und L... G..., geboren am xx.xx.2015. Die Kindesmutter hat - nach entsprechender Rubrumsumstellung - im eigenen Namen Unterhaltsansprüche für beide Kinder i.H.v. 110 % des jeweiligen Mindestunterhalts rückwirkend ab 01.08.2018 gegen den Vater im vereinfachten Festsetzungsverfahren geltend gemacht. Das Familiengericht hat diese Festsetzung mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt, weil der Antragsgegner die Kinder insgesamt zu einem Drittel (alle zwei Wochen fünf von 14 Tagen) betreue; damit fehle es an der für das vereinfachte Verfahren notwendigen Voraussetzung, dass die Kinder nicht mit dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen Elternteil in einem Haushalt lebten.
Dagegen hat die Antragstellerin in zulässiger Weise Beschwerde erhoben und zu deren Begründung darauf verwiesen, dass der vom Antragsgegner wahrgenommene Betreuungsanteil dessen Barunterhaltspflicht schon nach seinem eigenen Vortrag unberührt lasse. Der Antragsgegner hat dem entgegengehalten, er sei immer bestrebt gewesen, die Kinder im gleichen Maße zu betreuen wie die Antragstellerin. Inzwischen habe er auch eine Veränderung seines Arbeitsvertrags erreicht, so dass dies zeitnah umgesetzt werden könne. Außerdem habe er stets Unterhalt i.H.v. 400,00 EUR gezahlt.
II. Die Beschwerde ist in dem aus dem Tenor der Senatsentscheidung ersichtlichen Umfang begründet und führt zur Aufhebung des beanstandeten Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht.
1. Denn die Entscheidung des Familiengerichts wird durch die sie tragende Erwägung nicht gerechtfertigt. Richtig ist, dass das vereinfachte Festsetzungsverfahren die Erklärung des Antragstellers voraussetzt, dass das Kind, für das Unterhalt verlangt wird, nicht im Haushalt des Antragsgegners lebt (§ 250 Abs. 1 Nr. 9 FamFG). Daran fehlt es, wenn feststeht, dass das betroffene Kind von beiden Eltern im Wechsel zu gleichen Anteilen betreut wird; in einem solchen paritätischen Wechselmodell lebt das Kind sowohl im Haushalt des einen als auch in dem des anderen Elternteils.
An den Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gemäß den §§ 249 ff. FamFG wird es auch fehlen, wenn die Eltern darüber streiten, ob sich aus ihrer Verteilung der Betreuungszeiten für die gemeinsamen Kinder ein paritätisches Wechselmodell ergibt oder nicht; denn ein solcher Streit ist im vereinfachten Verfahren nicht aufzuklären. Im vorliegenden Fall ist aber unstreitig, dass kein Wechselmodell in diesem Sinne vorliegt. Denn davon kann erst die Rede sein, wenn die Eltern sich tatsächlich zu annähernd gleichen Teilen an der Betreuung beteiligen, bei einer - wie hier - praktizierten 5 : 9 -Regelung also gerade nicht. Dass der Vater dies gerne anders gehabt hätte, ist in diesem Zusammenhang unerheblich; jedenfalls ergibt sich auch aus seiner Beschwerdeerwiderung nicht, dass seine Bestrebungen nach einer Ausweitung seines Betreuungsanteils über entsprechende Absichten hinaus gelangt und umgesetzt worden wären.
Die unterhaltsrechtliche Folge dieses Umstands ist, dass für den Unterhalt der betroffenen Kinder eben nicht die Unterhaltsberechnung im paritätischen Wechselmodell (aus dem zusammengerechneten Einkommen beider Eltern) maßgeblich ist, sondern dass es bei der - alleinigen - Barunterhaltspflicht des Vaters bleibt. Erhöhte Kosten, die mit dem erweiterten Umgang des Antragsgegners einhergehen, ließen sich dann allenfalls als seine Leistungsfähigkeit mindernder Aufwand einwenden. Aus dem erweiterten Umgang folgt aber nicht, dass die Kinder im unterhaltsrechtlichen Sinn "zumindest auch bei dem barunterhaltspflichtigen Elternteil leben", wie das Familiengericht angenommen hat. Dann gibt es aber auch keinen Grund dafür, die vereinfachte Unterhaltsfestsetzung gemäß den §§ 249 ff. FamFG von vornherein als unzulässig anzusehen.
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Sollten die Beteiligten zwischenzeitlich ein paritätisches Wechselmodell mit ihren gemeinsamen Kindern leben (wozu es bislang an jeglichen Erklärungen und Feststellungen fehlt), wird der Festsetzungsantrag im Ergebnis nur zurückgenommen werden können; denn dann fehlte der Antragstellerin - auch für die Geltendmachung etwaiger Unterhaltsrückstände aus dem zurückliegenden Zeitraum - schon die Vertr...