Leitsatz (amtlich)
Die fehlende Auseinandersetzung eines Sachverständigen mit Vorgutachten anderer Sachverständiger ist nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen zu begründen.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 07 O 3385/20) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 08.12.2021 - 7 O 3385/20 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten - Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie - Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter ärztlicher Behandlung ihres rechten Fußes. Für den medizinischen Dienst Sachsen-Anhalt hat der Gutachter Dr. S ... am 10.12.2018 ein fachärztliches Gutachten erstellt; er hat dort keine Behandlungsfehler festgestellt.
Das Landgericht hat den Sachverständigen Prof. Dr. D ... mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, der die Klägerin untersucht und in seinem Gutachten vom 03.11.2021 ein Gutachten ausgeführt hat, dass die Beklagte nicht behandlungsfehlerhaft gehandelt habe. Das Gutachten ist der Klägerin am 18.11.2021 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen zugestellt worden. Mit am 02.12.2021 eingegangenem Schriftsatz hat sie den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 08.12.2021 - an die Klägerin zugestellt am 15.12.2021 - das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt. Mit am 23.12.2021 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht mit Beschluss vom 04.01.2022 nicht abgeholfen hat.
Die Klägerin beanstandet im Wesentlichen, dass der Sachverständige unkritisch die Ergebnisse des Vorgutachters Dr. S ... übernommen habe anstatt seine Meinung selbst wissenschaftlich und sachlich begründet zu haben. Diese methodischen Mängel ließen auf eine voreingenommene Einstellung gegenüber der Klägerin schließen.
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1, 569 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Ablehnung des Sachverständigen Prof. Dr. D ... wegen Besorgnis der Befangenheit nicht gerechtfertigt ist.
1. Ein Sachverständiger kann abgelehnt werden, wenn hinreichende Gründe vorliegen, die in den Augen einer vernünftigen Partei geeignet sind, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu wecken (vgl. Senat, Beschluss vom 12.12.2017 - 4 W 113/17 - juris). Erforderlich sind objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und unparteiisch gegenüber (vgl. Senat, a.a.O.; vgl. Senat Beschluss vom 21.04.2021 - 4 W 201/21 - juris; vgl. BGH, Beschluss vom 11.04.2013 - VII ZB 32/12 - juris). Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehler mögen zwar das Gutachten eines Sachverständigen entwerten, rechtfertigen für sich allein aber nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit (vgl. BGH, Beschluss vom 05.11.2002 - X ZR 178/01 - juris; vgl. BGH Beschluss vom 27.09.2011 - X ZR 142/08- juris). Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass solche Gründe nicht vorliegen.
Die Klägerin rügt der Sache nach ausschließlich inhaltliche Mängel des Gutachtens. Der Sachverständige hat die Klägerin untersucht, die Prozessakten und weitere medizinische Unterlagen der Klägerin ausgewertet und auf dieser Grundlage eine gutachterliche Stellungnahme abgegeben. Der Umstand, dass er in dem Gutachten häufig auf die Ausführungen des Gutachters Dr. S ... verweist, rechtfertigt nicht den Schluss, dass der Sachverständige sich keine eigene Meinung gebildet hat. Damit bringt er vielmehr lediglich zum Ausdruck, dass er dem Gutachter Dr. S ... zustimmt und dessen Auffassung teilt. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Sachverständige Prof. Dr. D ... die Stellungnahmen des Dr. S ... nicht lediglich kritiklos übernommen. Vielmehr hat er eine eigene Bewertung durchgeführt und ergänzend auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. S ... verwiesen. So hat er z. B. auf Seite 9 des Gutachtens dargelegt, dass aus den vorliegenden Unterlagen für ihn eindeutig zu entnehmen sei, dass bei der Vorstellung der Klägerin bei der Beklagten am 25.04.2014 eine ausführliche Untersuchung erfolgt ist. Des Weiteren habe sie (die Beklagte) ein neues MRT veranlasst, weil sie das Erste als unzureichend bewertet habe. Die Klägerin habe eine Auswertung der Befunde mit entsprechender Therapieempfehlung bekommen. Ihr seien eine konservative Therapie und bei persistierenden Beschwerden aufgrund des MRT-Befundes vom 12.05.2014 eine Operation empfohlen worden. Der Sachverständige hat eingeschätzt, dass dies dem medizinischen Facharztstandard entspreche. Auch die weiteren Fragen des Gerichtes hat er eigenständig beantwortet und ergänzend auf die Ausfüh...