Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückkaufwert aus einer Lebensversicherung als Teil der Insolvenzmasse. Sicherungsabtretung einer Lebensversicherung auf den Todesfall mit widerruflichem Bezugsrecht. Unbedingte Übertragung eines aufschiebend bedingten Rechtes. Steuerschädlichkeit der Abtretung von Erlebensfallansprüchen
Normenkette
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 10 Abs. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 4
Verfahrensgang
LG Görlitz (Urteil vom 23.07.2004; Aktenzeichen 4 O 190/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 23.07.2004 – Az.: 4 0 190/04 – abgeändert und festgestellt, dass Ansprüche auf den Rückkaufwert der Lebensversicherung des Schuldners bei der Sparkassenversicherung Sachsen, Vers.-Nr. 147781 vom 21.01.1998, nicht der Beklagten, sondern der vom Kläger verwalteten Insolvenzmasse ungeschmälert zustehen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Streitwert des Berufungsverfahrens: 17.448,00 Euro.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ein bereits vereinnahmter Rückkaufwert aus einer Lebensversicherung der Insolvenzmasse zusteht. Wegen der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand in der ersten Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, bei der Sicherungsabtretung einer Lebensversicherung auf den Todesfall mit widerruflichem Bezugsrecht handele es sich um eine unbedingte Übertragung eines aufschiebend bedingten Rechts. Das führe dazu, dass der Rechtserwerb durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht verhindert worden sei und der Beklagten ein Absonderungsrecht am Rückkaufwert zustehe.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er ist der Ansicht, entgegen der Auffassung des Landgerichts stelle der Rückkaufwert einen Erlebensfallanspruch dar. Selbst wenn die Ansicht des Landgerichts zuträfe, wäre der Anspruch auf den Rückkaufwert aber nicht von der Abtretung umfasst, wie sich aus einem Vergleich der Ziffern 1 a) und 1 b) ergebe. Die Zustimmungsregelung in Ziffer 4.4 der Abtretungserklärung sei ohne Belang, weil diese nicht insolvenzfest sei. Die Entscheidung des BGH, auf die das Landgericht seine Entscheidung maßgeblich stützt, sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil es dort um eine Versicherung mit unwiderruflichem Bezugsrecht gehe. Die vorliegende Abtretung sei zudem steuerlich motiviert – Hätte sich die Beklagte auch den Rückkaufwert abtreten lassen, wäre die Lebensversicherung für den Schuldner nicht mehr steuerbegünstigt gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Görlitz 23.07.2004 – Az.: 4 0 190/04 – aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte Ansprüche auf den Rückkaufwert der Lebensversicherung des Schuldners bei der Sparkassenversicherung Sachsen, Vers.-Nr. 147781 vom 21.01.1998 nicht zustehen und die Ansprüche aus der Lebensversicherung der vom Kläger verwalteten Insolvenzmasse ungeschmälert gebühren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt im Wesentlichen ihren Vortrag aus der Vorinstanz.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung ist begründet, weil das Landgericht den Feststellungsantrag des Klägers zu Unrecht abgewiesen hat. Der Rückkaufwert aus der streitgegenständlichen Lebensversicherung steht der Insolvenzmasse zu.
1.
Der Todesfallanspruch ist nach zutreffender Ansicht des Landgerichts ein aufschiebend bedingter und kein künftiger Anspruch, der beim Abschluss der Lebensversicherung bereits entstanden ist und nur noch vom Eintritt der Bedingung abhängt (für den Rückgewähranspruch bei einer Sicherungsgrundschuld: BGH NJW 1977, 247). Dieser Anspruch ist der Beklagten abgetreten worden, worüber die Parteien auch nicht streiten. Anders verhält es sich aber mit dem Anspruch auf den Rückkaufwert.
2.
Dieser wird – entgegen der Ansicht des Landgerichts undder Beklagten – von der Abtretung aus den nachfolgenden Gründen nicht erfasst.
a)
Die Abtretungsurkunde ist sowohl für Todesfall als auch für Erlebensfallansprüche konzipiert. Zum einen können nach Ziff. 1 a) die für den Todesfall und zum anderen gemäß Ziff. 1 b) die Ansprüche für den Erlebensfall abgetreten werden. Vorliegend ist nur die Ziff. 1 a) angekreuzt worden. Außerdem ist unter Ziff. 1 b) weiter ausgeführt, dass die Abtretung für den Erlebensfall auch etwaige Rechte und Ansprüche im Falle der Verwertung vor Fälligkeit gem. Ziff. 4.1 umfasse. Eine vergleichbare Regelung fehlt unter Ziff. 1 a). Bei den unter Ziff. 4.1 geregelten Rechte handelt es sich um Verwertungsrechte für den Fall, dass die gesicherte Forderung fällig ist und sich der Kreditnehmer mit seinen Zahlungen in Verzug befindet, der Kreditnehmer seine Zahlungen eingestellt hat oder ein gerichtliches Insolvenzverfahren über das Vermögen des Versicherungsnehmers beantragt worden ist. In di...