Leitsatz (amtlich)
1. Eine Freiflächenfotovoltaikanlage ist kein privilegiertes Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 1 BauGB.
2. Zum Umfang des Drittschutzes eines positiven Bauvorbescheides.
3. Anderweitige Ersatzmöglichkeit gegenüber dem Architekten.
Verfahrensgang
LG Dresden (Urteil vom 28.03.2013; Aktenzeichen 9 O 957/12) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Dresden vom 28.3.2013 - 9 O 957/12, wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz wegen nach ihrer Auffassung rechtswidriger Baugenehmigungen einer Freiflächensolaranlage.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe durch die beanstandeten Bescheide keine drittschützenden Amtspflichten gegenüber der Klägerin verletzt. Soweit die Landesdirektion Dresden der Auffassung sei, der Vorbescheid und die darauf erteilten Teilbaugenehmigungen seien rechtswidrig, sei dies unzutreffend. Das Bauvorhaben stelle ein privilegiertes Bauvorhaben im Hinblick auf § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB dar, da das Vorhaben der öffentlichen Versorgung der Elektrizität diene und nicht erkennbar sei, dass öffentliche Belange entgegenstehen oder eine ausreichende Erschließung nicht gesichert ist. Ferner sei das Bauvorhaben im Hinblick auf § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB als zulässig zu betrachten. Zudem sei es auch nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB seien ebenso wenig erfüllt wie die des § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB. Die Klägerin wäre zudem im Hinblick auf § 839 Abs. 3 BGB gehalten gewesen, vor dem VG Klage zu erheben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Urteil ist der Klägerin am 8.4.2013 zugestellt worden. Hiergegen hat sie mit Schriftsatz vom 17.4.2013, am 18.4.2013 beim OLG Dresden eingegangen, Berufung eingelegt. Auf Antrag der Klägerin ist die Frist zur Berufungsbegründung bis einschließlich 5.7.2013 verlängert worden. Die Berufungsbegründung vom 4.7.2013 ging am selben Tag per Fax bei Gericht ein.
Die Klägerin wendet sich mit folgender Begründung gegen dieses Urteil:
Soweit das LG anführe, dass der Vorbescheid sowie die darauf aufbauenden (Teil-)Baugenehmigungen rechtmäßig waren, da die Fotovoltaikanlage planungsrechtlich nach § 35 BauGB zulässig sei, habe es hierauf nicht vorher hingewiesen, obwohl die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 22.8.2012 ausdrücklich um einen entsprechenden richterlichen Hinweis gebeten hatte.
Diese Ansicht sei zudem falsch. Zu zulässigen privilegierten Anlagen nach § 35 BauGB gehörten z.B. Windkraft- und Biogasanlagen, nicht aber Fotovoltaikanlagen. Diese würden grundsätzlich nicht von den Privilegierungstatbeständen des § 35 Abs. 1 BauGB erfasst. Auch eine Zulässigkeit der Freiflächenfotovoltaikanlage als sonstiges Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 2 BauGB scheide aus, da hier - wie regelmäßig der Fall - eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vorliege. Generell wäre eine gemeindliche Bauleitplanung erforderlich, an der es hier fehle. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung zur Unzulässigkeit der Anlage nach § 35 BauGB wird auf die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung Seite 8-11 ergänzend Bezug genommen.
Die Erteilung der als rechtswidrig festgestellten Baugenehmigungen vom 22.5.2007, 8.12.2009 und 9.2.2010 stelle eine drittbezogene Amtspflichtverletzung dar. Die Beklagte habe als Baugenehmigungsbehörde die Amtspflicht, keine rechtswidrigen Bauvorbescheide und keine rechtswidrigen Baugenehmigungen zu erteilen. Die Klägerin habe auf die Richtigkeit der rechtlichen Stellungnahme der Landesdirektion Dresden vom 5.10.2011 (Anlage K 6) und deren Entscheidung vom 21.7.2011 (Anlage K 11) vertrauen dürfen.
Ansprüche würden auch nicht an dem Ausschlusstatbestand des § 839 Abs. 3 BGB scheitern. Das LG habe verkannt, dass es der Klägerin nicht zugemutet werden könne, gegen die Entscheidung zur Rücknahme der Baugenehmigung einen wirtschaftlich aufwendigen aber sinnlosen Verwaltungsprozess zu führen. Die Genehmigungsfähigkeit sei sowohl nach Auffassung der Landesdirektion Dresden als auch nach der eindeutigen Rechtslage vorliegend ausgeschlossen. Das LG habe nicht berücksichtigt, dass zwischen der Nichteinlegung des Rechtsmittels und dem Schadenseintritt vorliegend kein Kausalzusammenhang bestehe. Entscheidend sei, wie die Behörde nach Auffassung des Gerichts des Amtshaftungsprozesses richtigerweise hätte entsche...