Leitsatz (amtlich)
Zur Reichweite von Auskunftsansprüchen des Versicherten bei Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Urteil vom 22.07.2022; Aktenzeichen 5 O 755/21) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 22.07.2022, Az. 5 O 755/21, wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO noch ist auf der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachengrundlage eine dem Kläger günstigere Beurteilung geboten (§ 513 ZPO). Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche bestehen nicht.
1. Die Feststellungsklage ist nur teilweise zulässig. Ein noch gegenwärtiges Feststellungsinteresse des Klägers nach § 256 Abs. 1 ZPO ist gegeben, soweit es die Klageanträge zu Ziffern 1, 2.a und 4 (in der Fassung der Berufungsbegründung) betrifft.
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage ist nach § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse des Klägers, das Rechtsverhältnis festzustellen. Woraus sich vorliegend ein solches schutzwürdiges Interesse betreffend die Tarife PRIM1 und GZN10 ergeben sollte (Antrag Ziffer 2.b bis 2.e in der Fassung der Berufungsbegründung), erschließt sich nicht, auch nicht aus den Ausführungen der Berufung. Der Kläger zitiert hier lediglich allgemeine Grundsätze der Rechtsprechung zu dieser Frage, erläutert aber nicht, warum er nun konkret ein Feststellungsinteresse habe. Anders ist es lediglich hinsichtlich des Tarifs T42 und hinsichtlich der Feststellung der Verpflichtung zur Herausgabe von Nutzungen.
a) Bei Feststellungsanträgen zu Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung liegt ein Feststellungsinteresse grundsätzlich vor, da ein Leistungsurteil auf Rückzahlung überzahlter Beiträge nicht rechtskräftig feststellt, dass der Versicherte zukünftig nicht zur Zahlung des sich aus den streitgegenständlichen Beitragsanpassungen ergebenden Erhöhungsbetrags verpflichtet ist (BGH, NJW-RR 2021, 541, 542). Allerdings kann ein Feststellungsinteresse hinsichtlich früherer Prämienanpassungen zu verneinen sein, wenn sich der Versicherungsnehmer nicht zugleich gegen die Wirksamkeit einer nachfolgenden Prämienanpassung wendet (BGH, NJW 2019, 919, 920; OLG Köln, Urteil vom 17.12.2019, Az. I-9 U 131/18, Rn. 42, juris).
Da die Frage der Wirksamkeit der Beitragserhöhung eine Vorfrage für ein Leistungsurteil auf Rückzahlung überzahlter Beiträge ist, kann auch eine Zwischenfeststellungsklage im Sinne von § 256 Abs. 2 ZPO in Betracht kommen, für die kein besonderes Feststellungsinteresse erforderlich ist. Wurde ein Zwischenfeststellungsantrag nicht gestellt, kann eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO gegebenenfalls in eine Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO umgedeutet werden (BGH, NJW-RR 2018, 1067, 1068; BGH, Urteil vom 11.07.1990, Az. VIII ZR 165/89, Rn. 14, juris). Ungeachtet dessen ist eine Zwischenfeststellungsklage aber versagt, wenn sie sinnlos ist, weil die Vorfrage über den Rechtsstreit hinaus keine Bedeutung zwischen den Parteien erlangen kann (Foerste in: Musielak/Voit, 19. Aufl. 2022, ZPO § 256 Rn. 42).
b) Nach diesen Grundsätzen fehlt ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der Beitragsanpassungen in den Tarifen PRIM1 und GZN10. Denn es gab unstreitig eine Folgeanpassung im Tarif PRIM1 zum 01.01.2021 (unstreitiger Tatbestand, S. 5 des Urteils). Ob und aus welchen konkreten Gründen die Vorfrage "Wirksamkeit der Beitragsanpassung zum 01.01.2017 und zum 01.01.2018" für diese Tarife noch weitere Bedeutung im Versicherungsverhältnis erlangen kann, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Gleiches gilt für den - in den Berufungsanträgen nicht mehr berücksichtigten - Tarif VC3P, der nach Wechsel des Klägers in den Tarif PRIM1 nicht mehr aktuell ist.
Zulässig wäre eine (Zwischen-)Feststellungsklage nur dann, wenn sich die unwirksame Beitragsanpassung noch irgendwie auswirken könnte, also dem Kläger weitere Ansprüche zustehen könnten. Dies ist aber im Tarif PRIM1 nicht der Fall. Mit einer wirksamen Beitragsanpassung zum 01.01.2021 ist seither eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Gesamtbeitrag vorhanden, so dass sich eine frühere unwirksame Beitragserhöhung gerade nicht mehr auswirken kann. Nachdem der Kläger hinsichtlich aller aus seiner Sicht zwischen dem 01.01.2017 und dem 01.12.2020 überzahlten Beiträge Leistungsklage erhoben hat, ist sein Rechtsschutzbegehren damit vollständig erfasst. Gleiches gilt für den Tarif GZN10, der lediglich den gesetzlich vorgeschriebenen Zuschlag von 10 % darstellt.
Hingegen ist ein Feststellungsinteresse des...