Tenor
I. Es wird festgestellt, dass
1. die Beklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der Sparverträge "S-Prämiensparen flexibel" allein durch die folgenden Formulierungen keine wirksamen Zinsanpassungsregelungen für den variablen Zinssatz formularmäßig vertraglich vereinbart :
- "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ... %, ..."
- "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ... % verzinst";
2. die Beklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die im Antrag zu 1. genannten Verträge auf der Grundlage angemessener in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeter Referenzzinssätze, die dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommen, vorzunehmen;
3. die Beklagte verpflichtet ist, aufgrund des gemäß des Antrages zu 2. ermittelten Zinssatzes die Zinsanpassungen in den Sparverträgen monatlich vorzunehmen;
4. der vertragliche Anspruch von Kunden der Beklagten die Verbraucher sind, in Bezug auf die in Ziffer 1. des Tenors erfassten Verträge frühestens ab dem Zeitpunkt einer wirksamen Beendigung des jeweiligen Prämiensparvertrages "S-Prämiensparen flexibel" fällig werden.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 3/5 und die Beklagte 2/5 zu tragen.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der klagende Verein, eine Verbraucherzentrale, begehrt im Rahmen einer Musterfeststellungsklage die Feststellung der Unwirksamkeit der Regelungen zur Guthabenverzinsung der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen in von dieser in der Vergangenheit mit den Verbrauchern abgeschlossenen Sparverträgen "S-Prämiensparen flexibel". Eine ausdrückliche Zinsanpassungsklausel wurde nicht vereinbart. In den streitgegenständlichen Vertragsvarianten hieß es dazu: "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ...%, ..." oder "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ...% verzinst". Der Kläger hält diese Zinsänderungsklauseln für unwirksam und vertritt die Auffassung, die entstehende Regelungslücke seien durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Die vorgenannten Verträge schlossen die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis zum Anfang dieses Jahrhunderts mit Verbrauchern als Sparverträge mit dem Titel "S-Prämiensparen flexibel" ab. Ziffer 3.2 der jeweiligen Formularsparverträge lautete: "Vorzeitige Verfügung über das Sparguthaben: Wird das Sparguthaben ausnahmsweise ganz oder teilweise ohne Kündigung, also vorzeitig zurückgezahlt, so bewirkt das die Beendigung des Vertrages. Das gilt auch für Verfügungen über kapitalisierte Zinsen/Prämien (...)." Die Zinsen und Prämien wurden in den Sparverträgen auch in der Realität kapitalisiert.
Einen Großteil dieser Verträge kündigte die Beklagte im Jahr 2017. Regelmäßig sahen die Verträge die Einzahlung eines gleichbleibenden monatlichen Sparbeitrages vor. Es war auch möglich, zusätzlich die Einzahlung eines einmaligen Sparbetrages zu vereinbaren. Dazu verpflichtete sich die Beklagte, dem Sparkonto am Ende eines jeden Kalenderjahres eine verzinsliche "S-Prämie" gemäß einer Prämienstaffel auf die vertragsgemäß geleisteten Sparbeträge des jeweils abgelaufenen Sparjahres gutzuschreiben. Für das 3. Sparjahr sah die Staffel eine Prämienhöhe von 3 %, für das 4. Jahr von 4 %, für das 5. Jahr von 6 %, für das 6. Jahr von 8 %, für das 7. Jahr von 10 %, für das 8. Jahr von 15 %, für das 9. Jahr von 20 %, für das 10. Jahr von 25 %, für das 11. Jahr von 30 %, für das 12. Jahr von 35 %, für das 13. Jahr von 40 %, für das 14. Jahr von 45 %, für das 15. Jahr von 50 % vor. Im Hinblick auf die Veränderlichkeit der Verzinsung der Spareinlage enthielten weder die einzelnen Formularverträge noch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Sonderbedingungen noch spätere Vereinbarungen über die Umschreibung bzw. Umgestaltung weitere Vereinbarungen als eine der beiden bereits genannten Varianten.
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, und als qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG eingetragen, benannte für die erste Variante ("Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ...%, ...") 14 Verbraucher, die derartige Verträge zwischen dem 11.11.1993 und dem 04.12.1997 und für die zweite Vertragsvariante ("Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ...% verzinst") 14 Verbraucher, die zwischen dem 27.03.1995 und dem 21.05.2001 diese Klausel vereinbart hatten.
Der Kläger hält beide Zinsänderungsklauseln für unwirksam und begehrt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung den im Klageantrag benannten Referenzzinssatz sowie ein Zinsanpassungsintervall zu bestimmen. Weiter vertritt er die Auffassung, der Anspruch auf Verzinsung unterliege derselben Verjährung, wie die jeweilige Kapitaleinlage.
Es komme nicht darauf an, ob die Beklagte selbst "schon länger" keine "S-Prämiensparen flexibel"-Vert...