Leitsatz (amtlich)

Die Rechtskrafterstreckung nach § 325 Abs. 1 ZPO setzt voraus, dass die Rechtsnachfolge nach Rechtshängigkeit eintritt. Sie kann nicht dadurch herbeigeführt werden, dass der nicht am Rechtsstreit beteiligte Forderungsinhaber nachträglich die Prozessführung durch den Kläger genehmigt (Anschluss BGH, Urt. v. 25.2.1964 - VI ZR 6/63, MDR 1964, 588).

§ 407 Abs. 2 BGB ist eine Vorschrift des Schuldnerschutzes und wirkt deshalb zugunsten des Schuldners, nicht aber zugunsten des Zessionars (Anschluss BGH, Urt. v. 3.5.2005 - XI ZR 287/04, NJW 2005, 2157).

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Urteil vom 11.09.2014; Aktenzeichen 9 O 2623/13)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Dresden, 9. Zivilkammer, vom 11.9.2014 (9 O 2623/13) abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreites beider Instanzen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 169.818,34 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte, eine Sparkasse, auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 169.818,34 EUR zzgl. Zinsen in Anspruch.

Der Zeuge F. K. (im Folgenden Zedent), der Ehemann der Klägerin, war ursprünglich Inhaber der Lebensversicherung Nr. xxx bei der XXX Lebensversicherungs-AG mit dem Ablaufdatum 1.7.2013. Zur Absicherung seiner Kreditlinie bei der Beklagten trat er die Ansprüche aus dieser Lebensversicherung sowohl für des Todes- als auch für den Erlebensfall an die Beklagte ab. Mit Erklärung vom 10.6.1993 verzichtete die Beklagte für den Erlebensfall auf die Rechte aus der Abtretung. Mit Vereinbarung vom 12.10.1993 (Bl. 20 dA) trat der Zedent die Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Klägerin ab. Die Beklagte hält ihr diesbezügliches Bestreiten in erster Instanz im Berufungsverfahren nicht mehr aufrecht.

Im Jahre 1997 wurde über das Vermögen des Zedenten das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Die Beklagte kündigte am 24.11.1997 die Lebensversicherung, ließ sich den Rückkaufswert von 82.592,11 DM (42.228,67 EUR) auszahlen und verrechnete ihn mit ihren Forderungen gegenüber dem Zedenten.

Der Zedent erhob im Jahre 2003 beim LG Dresden Klage auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm am 1.7.2013 den sich aus dem Versicherungsvertrag ergebenden Rückkaufswert zu zahlen. Das Verfahren wurde beim LG Dresden unter dem Az. 6 O 1357/03 geführt. Der Zedent legte die Abtretung an die Klägerin nicht offen. Mit dem Urteil vom 8.4.2004 (Anlage K 1) gab das LG dem Feststellungsantrag statt. Die dagegen gerichtete Berufung wies das OLG Dresden mit Beschluss vom 19.8.2004 (13 U 995/04, Anlage K 2) zurück. Das Urteil des LG vom 8.4.2004 ist rechtskräftig.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Auszahlungsbetrag der Lebensversicherung zum 1.7.2013 betrage 169.818,34 EUR. Sie nimmt dazu Bezug auf eine Auskunft der YYY-Lebensversicherung AG vom 30.7.2007. In dieser Höhe bestehe deshalb der Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte, weil die Beklagte im Jahre 1997 unberechtigt auf die Lebensversicherung zugegriffen habe. Die Rechtskraft des Urteils des LG Dresden vom 8.4.2004 wirke zu ihren Gunsten, weil der Zedent wirksam in gewillkürter Prozessstandschaft geklagt habe. Im Übrigen habe auch nach Verkündung des Urteils zwischen ihr und dem Zedenten Einigkeit darüber bestanden, dass die Forderung aus der Lebensversicherung ihr zustehen solle.

Die Beklagte hat in erster Instanz vorgetragen, es habe keine Abtretung im Jahre 1993 gegeben, so dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei. Auch wenn man allerdings von einer wirksamen Abtretung ausgehe, wirke das vom Zedenten erstrittene Urteil des LG Dresden vom 8.4.2004 nicht zugunsten der Klägerin. Eine Rechtskrafterstreckung nach § 325 Abs. 1 ZPO trete nur ein, wenn es zur Rechtsnachfolge nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit der Forderung komme, nicht aber im Falle einer Abtretung vor Rechtshängigkeit. Die Klägerin könne sich auch nicht auf eine gewillkürte Prozessstandschaft zu ihren Gunsten berufen, weil eine solche im Rechtsstreit zu keinem Zeitpunkt offen gelegt worden sei. Im Übrigen hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Ferner fehle es an einer substantiierten Darstellung zur Schadensentstehung und zur Höhe des zum 1.7.2013 auszuzahlenden Versicherungsbetrages.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in I. Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des LG Bezug genommen.

Das LG hat zum Abschluss der Abtretungsvereinbarung im Jahre 1993 Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zedenten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.9.2014 Bezug genommen.

Mit dem Urte...

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