Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtspflichtverletzung
Verfahrensgang
LG Görlitz (Urteil vom 22.12.2000; Aktenzeichen 4 O 242/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 22.12.2000 – Az.: 4 O 242/00 – abgeändert:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist und in Zukunft entsteht, dass der Beklagte mit den Bescheiden vom 21.04.1997 den Mietvertrag zwischen der Gemeinde N. und der E. K. O. Sporthalle N. GbR vom 27.12.1996 (UR-Nr. 1.041/1996 des Notars R. N., B.) über die Anmietung der Sporthalle in N. sowie den Erbbaurechtsvertrag zwischen der Gemeinde N. und der E. K. O. Sporthalle N. GbR vom 27.12.1996 (UR-Nr. 1.042/1996 des Notars R. N., B.) genehmigt hat.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleitung i. H. v. 40.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch Gestellung einer schriftlichen, selbstschuldnerischen, unbedingten und unbefristeten Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen Sparkasse oder Bank zu erbringen.
4. Das Urteil beschwert den Beklagten mit mehr als 60.000,00 DM.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 475.000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin verfolgt im Wege der Feststellungsklage einen Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung bei Erteilung kommunalaufsichtsrechtlicher Genehmigungen durch den Beklagten.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der im Zuge einer Gemeindegebietsreform in ihr aufgegangenen, 1996 etwa 3.500 Einwohner zählenden Gemeinde N.. Die Gemeinde N. plante seit 1992 den Bau einer neuen Sporthalle auf ihrem Gemeindegebiet, da die vorhandene Sporthalle stark renovierungsbedürftig war. Da wiederholt Anträgen auf finanzielle Zuwendungen nicht stattgegeben wurde und Eigenmittel fehlten, konnte ein Ersatzbau nicht errichtet werden. Im Jahr 1996 war die alte Sporthalle nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung nutzbar. Die Gemeinde N. entschloss sich deshalb, die neue Sporthalle als kommunales Investorenvorhaben zu realisieren. Die E V. GmbH, B., die später zur E. K. O.. Sporthalle N. GbR (im Folgenden: GbR) umfirmierte, bot als Investor der Gemeinde N. die Finanzierung der Sporthalle auf einem Erbpachtgrundstück und die langfristige Vermietung an. In der am 18.12.1996 durch den damaligen Bürgermeister S. der Gemeinde N. einberufenen Gemeinderatssitzung, die sich hauptsächlich mit der Ermächtigung des Bürgermeisters zum Abschluss der für die Errichtung der Sporthalle und deren Vermietung durch die GbR erforderlichen Geschäfte befasste, ermächtigte der Gemeinderat den Bürgermeister zum Abschluss der Geschäfte durch drei Beschlüsse. Wegen der Einzelheiten wird auf die Protokolle der Sitzung Bezug genommen (Anlage K 1, Bl. 25 bis 30 d. A.).
Von dem Bürgermeister wurden in der Folgezeit – ohne vorherige Durchführung eines Ausschreibungs- und Vergabeverfahren – drei notarielle Verträge für die Gemeinde N. geschlossen:
- am 20.12.1996 ein Vertrag über den Erwerb des Erbbaurechts an dem erforderlichen Grundstück durch die Gemeinde von einer Erbengemeinschaft (UR-Nr. 1748/96 des Notars J. S. in Z., Anlage K 2, Bl. 31 bis 46 d. A.),
- am 27.12.1996 ein Vertrag über den Verkauf des Erbbaurechts durch die Gemeinde an die GbR zu einem Kaufpreis von 100,00 DM (UR-Nr. 1.042/96 des Notars R. N. in B., Anlage K 3, Bl. 47 bis 53 d. A.),
- ebenfalls am 27.12.1996 ein Vertrag, in dem sich die GbR verpflichtete, auf dem Erbbaugrundstück eine Sporthalle mit Gesamtinvestitionskosten von 3,9 Mio DM zu errichten und für 30 Jahre an die Gemeinde N. zu vermieten (UR-Nr. 1.041/1996 des Notars R. N. in B., Anlage K 4, Bl. 54 bis 65 d. A.). Der Vertrag enthält unter § 12 u. a. folgende Erklärung:
Ӥ 12 Mieterdarlehen
(1) Neben dem Mietzins gewährt der Mieter ein Mieterdarlehen entsprechend der in der Anlage ausgewiesenen Höhe. …
Bei Wahrnehmung der Kaufoption nach dem in der Vorbemerkung benannten Erbaurechtsvertrag ist das Mieterdarlehen zu tilgen. …
(2) Die Mieterdarlehen sind nach Ablauf der Grundmietzeit, nämlich nach Ablauf von 30 Jahren mit 2 % jährlich über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen und mit 2,75 % zuzüglich der durch Tilgung ersparten Zinsen jährlich zu tilgen.”
Bezüglich der Zahlungsmodalitäten im Einzelnen wird auf Seite 11 (Bl. 81 d. A.) des Berichts des Sächsischen Rechnungshofes (Anlage K 8) Bezug genommen. Insgesamt sollten die Aufwendungen der Gemeinde N. während der Mietzeit 9.480.000,00 DM betragen.
Auf Antrag der Gemeinde N. erteilte der Beklagte mit Bescheid vom 21.04.1997 (Anlage K 5, Bl. 66 f. d. A.) für den mit der GbR zur UR-Nr. 1.041/1996 geschlossenen Mietvertrag die Genehmigung nach § 82 Abs. 5 Sächsische Gemeindeordnung (S...