Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 9 O 9/21)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 01.03.2023 (9 O 9/21) wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse auf Erstattung wegen unautorisierter Verfügungen mit einer Zahlungskarte in Anspruch.

Die Klägerin unterhält ihr Girokonto bei der Beklagten, die der Klägerin eine Zahlungskarte (Debitkarte) zur Verfügung gestellt hat. Die Beklagte hat das Konto der Klägerin mit ... belastet, die aus Kartenverfügungen stammen. Die Klägerin meint, die Belastungen seien zu Unrecht vorgenommen worden. Die Beklagte hat der Klägerin ... erstattet und lehnt eine weitere Gutschrift ab.

Die Klägerin behauptet, sie habe die zur Karte gehörige PIN auswendig gelernt und von der PIN keine Notizen oder Aufzeichnungen gemacht. Sie habe die Zahlungskarte in einem Portemonnaie bei sich geführt, das sie in der Handtasche verwahrt habe. Sie habe die Zahlungskarte zuletzt am 09.07.2020 eingesetzt gehabt. Am 13.07.2020 habe sie verschiedene Einkäufe getätigt, die sie bar bezahlt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei die Geldbörse noch vorhanden gewesen. Am Mittag des 14.07.2020 habe die Klägerin, als sie einkaufen gehen wollte, gemerkt, dass ihre Geldbörse fehlte. Nach erfolgloser Suche habe sie im Online-Banking gesehen, dass im Zeitraum vom 13.07.2020,14:25 Uhr, bis 14.07.2020, 12:19 Uhr, über mehrere tausend Euro missbräuchlich verfügt worden sei, woraufhin sie sofort sämtliche Karten habe sperren lassen. Die Karte sei in 40 Fällen missbräuchlich verwendet worden, und zwar überwiegend als Zahlungsmittel bei Einkäufen, und einmal zur Bargeldabhebung an einem Sparkassenautomaten. Dabei sei ein Schaden von ... EUR entstanden, den die Beklagte dem Girokonto der Klägerin belastet habe.

Die Klägerin meint, die Beklagte habe die streitigen Zahlungsvorgänge nicht ordnungsgemäß authentifiziert und dokumentiert, so dass nicht geprüft werden könne, ob die Beklagte ein ordnungsgemäß und fehlerfrei funktionierendes Sicherheitssystem angewendet habe. Die Beklagte habe den Schaden zu ersetzen, weil die Klägerin die missbräuchlichen Verfügungen nicht durch grobe Fahrlässigkeit ermöglicht habe. Da Verfügungen teilweise in kurzen Zeitabständen an unterschiedlichen Orten vorgenommen worden seien, müsste eine Kartendoublette eingesetzt worden sein. Ein Anscheinsbeweis dahingehend, dass die Klägerin durch einen pflichtwidrigen Umgang mit der PIN die missbräuchlichen Verfügungen ermöglicht habe, sei hier nicht anzuwenden. Bargeldabhebungen oder Zahlungen an automatisierten Kassen könnten nicht nur durch das online-Auslesen des EMV-Chips erfolgen, sondern auch durch Auslesen des Magnetstreifens. Die Magnetstreifen seien nicht fälschungssicher. Nach den Unterlagen der Beklagten seien die meisten Zahlungsvorgänge 'offline' erfolgt. Die Beklagte habe die für einen Zahlungsvorgang erforderliche starke Kundenauthentifizierung nicht ordnungsgemäß angewendet.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, dem bei der Beklagten unterhaltenen Konto der Klägerin mit der IBAN ... den Betrag in Höhe von insgesamt EUR ... nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem ... gutzuschreiben;

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von ... freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erstinstanzlich die Meinung vertreten, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Wiedergutschrift der abgebuchten Beträge zu. Es greife der Anscheinsbeweis ein, dass die Abbuchungen entweder durch die Klägerin selbst oder durch eine grob fahrlässige gemeinsame Verwahrung der Karte und der PIN ermöglicht worden seien. Die Kartenzahlungen sowie die Abhebung seien unter Verwendung der EC-Karte der Klägerin und der Eingabe der PIN erfolgt. In dem einzigen Fall einer Zahlung per Magnetstreifen habe die Beklagte die Zahlung erstattet. Es treffe nicht zu, dass die Täter die auf dem Chip befindliche PIN auslesen hätten können. Im deutschen Geldautomaten-System würden nur noch chipgestützte Transaktionen verarbeitet, die auf dem EMV-Standard beruhten. Ein erfolgreicher Angriff auf den verschlüsselten Code sei bis heute ausgeschlossen. Die PIN werde nach kryptografischer Sicherung zu Rechenzentren übertragen und dort überprüft. Die Zahlungsvorgänge seien unter dem Einsatz der Originalkarte und Eingabe der PIN in Gang gesetzt und wirksam autorisiert worden, sodass der Beklagten ein Aufwendungsersatzanspruch zustehe. Die Klägerin habe ihre PIN durch einen sorgfaltswidrigen Umgang einem Dritten zugänglich gemacht. Es greife zulasten der Klägerin der Anscheinsbeweis ein, dass bei Verwendung der Originalkarte und einem störungsfreien Auszahlungsvorgang der Dritte die Kenntnis vo...

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