Leitsatz (amtlich)

1. Enthalten die Versicherungsbedingungen die Verpflichtung des Versicherungsnehmers, dem Versicherer "jede dienliche Auskunft zu erteilen und die erforderlichen Belege beizubringen", muss diese Auskunft wahrheitsgemäß sein; die vorsätzlich unwahre Auskunft steht einer unterlassenen Auskunft gleich.

2. Der im Auftrag der Versicherung mit der Schadensaufnahme befasste Sachverständige ist regelmäßig als deren Empfangsbote für in diesem Zusammenhang erfolgten Angaben des Versicherungsnehmers anzusehen.

3. Unwahre Angaben des Versicherungsnehmers über die Abgabe der Vermögensauskunft in der Vergangenheit und über infolge des Schadensfalls entgangene Mieteinnahmen in Verbindung mit der Vorlage fingierter Rechnungen erlauben regelmäßig den Schluss auf eine arglistige Täuschung in Betrugsabsicht.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 09 O 1743/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichtes Leipzig vom 25.10.2019 - 9 O 1743/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 188.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die klagende Versicherung begehrt die Zurückzahlung von Versicherungsleistungen für einen Überflutungsschaden in Höhe von 35.000,00 EUR, die Beklagte begehrt widerklagend für diesen Versicherungsfall die Zahlung von weiteren 153.000,00 EUR.

Die Beklagte schloss mit der Klägerin zum 29.09.2011 eine Wohngebäudeversicherung einschließlich erweiterter Elementarschadensversicherung für das Gebäude S...straße xx in D... ab (Anlagenkonvolut K1 - Anlagen der Klägerin werden mit "K" bezeichnet). Die dem Vertrag zugrunde liegenden VGB enthalten u. a. folgende Regelungen:

"§ 3 1. Der Versicherer ersetzt

a) den Mietausfall einschließlich etwaiger fortlaufender Mietnebenkosten, wenn Mieter von Wohnräumen infolge eines Versicherungsfalles berechtigt sind, die Zahlung der Miete ganz oder teilweise zu verweigern ...

§ 20 1. Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt eines Versicherungsfalles ...

d) den Versicherer auf dessen Verlangen im Rahmen des Zumutbaren jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungspflicht zu gestatten, jede hierzu dienliche Auskunft - auf Verlangen schriftlich - zu erteilen und die erforderlichen Belege beizubringen, auf Verlangen insbesondere einen beglaubigten Grundbuchauszug; ...

2. Verletzt der Versicherungsnehmer oder sein Repräsentant eine Obliegenheit nach Nr. 1 vorsätzlich, ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei. ..."

Die Beklagte ist Verwalterin des Anwesens, Eigentümerin ist die Firma xxx UG (im Folgenden: XXX). Geschäftsführerin der Beklagten und der Firma XXX ist Frau C... H... Am 02./03.06.2013 kam es zu einem Überflutungsschaden an dem Gebäude. Die Klägerin beauftragte den Sachverständigen T... mit der Feststellung des Umfangs des Schadens. Dieser führte im Beisein von Herrn R... F... - dem Ehemann der Geschäftsführerin - am 08.06.2013 sowie am 30.07.2013 Hausbesichtigungen durch. Auf die Aufforderungen des Sachverständigen übersandte die Beklagte ihm Mietverträge sowie Rechnungen und Angebote der Firma YYY S...: eine Rechnung für Beräumung vom 10.06.2013, ein Angebot zur Wiederherstellung vom 20.06.2013, eine Rechnung für Entkernung vom 15.07.2013 und eine Rechnung für Trocknung vom 15.07.2013 (Anlagenkonvolut K 10). Die Beklagte bezifferte mit Schreiben vom 10.06.2013 an die Klägerin ihren Mietausfall auf 6.630,00 EUR für sieben Wohnungen und ein Ladengeschäft und legte dem Schreiben die entsprechenden Mietverträge bei (Anlagenkonvolut K 9). Die Klägerin zahlte Vorschüsse am 11.06.2013 in Höhe von 20.000,00 EUR (Anlage K8), am 03.07.2013 11.855,69 EUR, am 09.07.2013 3.144,31 EUR und am 24.07.2013 20.000,00 EUR (Anlage K11) - mithin 55.000,00 EUR. Der Privatsachverständige T... ermittelte im Gutachten vom 19.08.2013 (Anlage B 2, Bl 119 d.A.) einen Neuwertschaden in Höhe von 243.950,00 EUR und eine Mietausfallentschädigung von 5.500,00 EUR. Sein Gutachten enthält den Vermerk "vergleichsweise pauschal 208.000 EUR" und "vorbehaltlich der Zustimmung des Versicherers". Mit Schreiben vom 20.09.2013 (Anlage K12) forderte die Klägerin die Beklagte auf, mehrere Fragen zu beantworten und bat u. a. um Mitteilung, ob die Beklagte oder eines der handelnden Organe des Unternehmens in den letzten fünf Jahren eine eidesstattliche Versicherung oder eine Vermögensauskunft, sowohl geschäftlich als auch privat, abgegeben habe, bzw. ob eine solche abzugeben war. Die Beklagte bat ihrerseits mit Schreiben vom 22.09.2013 um Übersendung einer Kopie der mit dem Sachverständigen "vereinbarten Pauschalverei...

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