Leitsatz (amtlich)
Der Auftraggeber eines Bauvorhabens darf in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht verlangen, dass der Auftragnehmer als Sicherheit für die Vertragserfüllung eine „Bürgschaft auf erstes Anfordern” stellt.
Dies gilt umso mehr, wenn gleichzeitig eine Erfüllungsbürgschaft von 10 % der Bruttoauftragssumme verlangt wird, während sie üblicherweise nur für 5 % der Auftragssumme gestellt wird.
Das Zusammenspiel dieser Regelungen enthält eine so erhebliche Abweichung zu Lasten des Auftragnehmers von den Regelungen in § 17 VOB/B, dass sie gem. § 9 Abs. 1 AGBG wegen unangemessener Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben unwirksam sind.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 43 O 0650/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des LG Dresden vom 12.6.2001 – 43-O-650/00 abgeändert.
Der Klageanspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche aufgrund der vorzeitigen Beendigung eines Bauvertrages.
Die Klägerin ist ein italienisches Unternehmen, welches Fassaden, insbesondere aus Aluminium und Glas, hergestellt und errichtet hat. Seit November 1999 befindet es sich im gerichtlichen Liquidationsvergleichsverfahren gem. der Entscheidung des Tribunale von Trento vom 26.11.1999 (Anlage K 12).
Die Beklagte erteilte der Klägerin mit Schreiben vom 10.6.1998 (Anlage K 1) den Zuschlag für das Gewerk/Fachlos Metallfassaden/Sonnenschutz/Vitrinen/Verblechungen für das Bauvorhaben Institutsgebäude mit Mensa in. Bestandteil des Vertrages war das Besprechungsprotokoll vom 9.6.1998 mit Anlage (Anlage K 1). Der Werklohn sollte pauschal 2.113.000 DM betragen. Ob die Vereinbarungen zu Ziff. 12 und 13 des Besprechungsprotokolles vom 9.6.1998 individuell ausgehandelt wurden, ist zwischen den Parteien strittig.
Im Nachgang zum Vertragsschluss einigten die Parteien sich mündlich auf eine Befristung der Vertragserfüllungsbürgschaft nach Ziff. 13.2 des Vertrages bis zum 31.3.1999, was die Klägerin mit Schreiben vom 11.6.1998 (Anlage B 2) bestätigte.
Die Parteien korrespondierten zunächst wegen der Übergabe der Baubeschreibung und der Vertragsbestimmungen des Bauherren, für den die Beklagte als Generalunternehmer tätig war. Mit Schreiben vom 31.7.1998 (Anlage K 6) forderte die Beklagte die Klägerin auf, die in Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles vereinbarte Vertragserfüllungsbürgschaft über 10 % der Bruttoauftragssumme vorzulegen und setzte der Beklagten eine Nachfrist bis zum 6.8.1998 unter Androhung des Rücktritts vom Vertrag. Die Klägerin stellte die geforderte Vertragserfüllungsbürgschaft nicht. Daraufhin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 13.8.1998 (Anlage K 8) unter Berufung auf die Regelung unter Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles vom 9.6.1998 den Rücktritt von dem zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag. Die Klägerin wies den Rücktritt mit Schreiben vom 21.8.1998 (Anlage K 9) zurück. Zur Begründung führte sie aus, Ziff. 13 Nr. 2 des Vertrages sei i.V.m. Ziff. 12.2 des Vertrages wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam, so dass der Beklagten das von ihr geltend gemachte vertragliche Rücktrittsrecht nicht zugestanden habe. Die Beklagte trat dieser Rechtsauffassung mit Schreiben vom 7.9.1998 (Anlage K 13) entgegen. Sie führte darin aus, aus ihrer Sicht bleibe es daher bei der eingetretenen Vertragsaufhebung. Die Klägerin führte daraufhin eine Abrechnung auf der Grundlage von § 8 Nr. 1 VOB/B durch und bezifferte den ihr noch zustehenden Anteil an der ursprünglichen Vergütung mit Schreiben vom 9.2.1999 (Anlage K 10) auf 546.611,75 DM. Dieser Betrag setzte sich aus Aufwendungen für durchgeführte Leistungen i.H.v. 147.638,79 DM, aus Lohnkosten i.H.v. 229.932,96 DM und aus dem entgangenen Gewinn i.H.v. 169.040 DM zusammen. Hinsichtlich der Berechnung des entgangenen Gewinns verwies die Klägerin auf ihre mit diesem Schreiben vorgelegte Ur-Kalkulation.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin vor dem LG den Gesamtbetrag i.H.v. 546.611,75 DM geltend gemacht. Sie ist der Auffassung, die Regelungen aus Ziff. 12 und 13 des Besprechungsprotokolles vom 9.6.1998 seien als allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 1 Abs. 1 AGBG anzusehen und wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Die Beklagte habe aus diesem Grunde kein vertragliches Rücktrittsrecht aus Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles gehabt, so dass ihr Schreiben vom 13.8.1998 als Kündigung i.S.v. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B anzusehen sei. Die Klägerin habe demzufolge noch einen Vergütungsanspruch aus § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B abzüglich der von ihr ersparten Aufwendungen, der den geltend gemachten Zahlungsbetrag umfasse.
Die Beklagte hat demgegenüber vorgetragen, die Stellung der Bürgschaft in Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles vom 9.6.1998 sei zwischen den Parteien individuell ausgehandelt worden, so dass sie von den Regeln des AGBG nicht erfasst werde. Im Übrigen verstoße die vereinbarte Klausel auch n...