Leitsatz (amtlich)

Hat der Darlehensnehmer den mit dem Darlehen verbundenen Kaufvertrag angefochten, kann er die Zahlung weiterer Raten auf das Darlehen verweigern (§ 359 Abs. 1 Satz 1 BGB) und die bereits gezahlten Darlehensraten von der Bank zurückverlangen (§§ 813 Abs. 1, 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB).

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 04 O 2567/17)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.06.2021; Aktenzeichen XI ZR 568/19)

 

Tenor

I. Die von der Streithelferin geführte Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 14.03.2019, Az.: 4 O 2567/17, wird zurückgewiesen.

II. Die Streithelferin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.795,67 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beklagte erwarb bei der Streithelferin ein Fahrzeug, das von der Klägerin finanziert wurde. Nach Kündigung des Darlehens durch die Klägerin und Verwertung des Fahrzeugs verlangt sie die Zahlung der sich ergebenden Restforderung. Der Beklagte begehrt im Hinblick auf die von ihm erklärte Anfechtung des Kaufvertrags widerklagend, soweit in der Berufung noch von Interesse, die Rückzahlung der an die Klägerin geleisteten Darlehnsraten.

Der Senat verweist zunächst auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil. Ergänzend ist auszuführen:

Der Beklagte unterzeichnete am 22.08.2013 eine "Verbindliche XXX-Bestellung". Darin heißt es vorgedruckt: "Unter Anerkennung der nachfolgend auf den Seiten 2 und 3 abgedruckten Neuwagen-Verkaufsbedingungen bestelle(n) ich/wir bei oben genannter Firma in serienmäßigem Lieferumfang: ..." Es folgt die genaue Bezeichnung des gekauften Fahrzeuges, eines ZZZ Cabriolet, samt Sonderausstattungen mit einzeln aufgeführten Preisen. Ergänzend ist auf dem Formular handschriftlich festgehalten: "ZZZ Cabrio wird als Tageszulassung vom Autohaus YYY als Erstzulassung 1 Monat + 1 Tag genutzt."

Der Wagen befand sich bereits bei der Streithelferin, als er besichtigt und die Bestellung unterzeichnet wurde. Der Beklagte behauptet, das Fahrzeug sei im August 2011 produziert worden. Die Streithelferin behauptet, der Wagen sei ihr am 31.03.2013 von der XXX AG geliefert worden.

Am 26.08.2013 wurde der Wagen zunächst auf die Streithelferin zugelassen und einige Wochen später dem Beklagten übergeben. Die Finanzierung des Kaufpreises, bis auf eine Anzahlung von 1.580,00 EUR, erfolgte durch die Klägerin, der das Fahrzeug sicherungsübereignet wurde.

Nachdem der Beklagte im Jahr 2013 seinen Zahlungsverpflichtungen teilweise nicht nachgekommen war und eine Nachfristsetzung auch nicht zur Zahlung der fälligen Beträge führte, kündigte die Klägerin das Darlehen mit Schreiben vom 27.08.2015.

Mit Schreiben seines damaligen Rechtsanwaltes vom 24.09.2015 erklärte der Beklagte gegenüber der Streithelferin die Anfechtung des Kaufvertrages und begründet dies damit, dass das Fahrzeug am 24.08.2011 produziert worden sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben, soweit der Beklagte von der Klägerin die Rückzahlung der gezahlten Darlehensraten verlangte. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte den Kaufvertrag wirksam angefochten habe. Er könne daher gemäß § 359 BGB die Rückzahlung des Darlehens verweigern und gemäß §§ 813 Abs. 1 Satz 1, 812 Abs. 1 Satz 1 BGB die bereits gezahlten Darlehensraten zurückverlangen.

Hiergegen wendet sich die Streithelferin mit ihrer für die Klägerin eingelegten Berufung. Sie meint, dass sie den Beklagten nicht über die Neuwageneigenschaft getäuscht habe. Vielmehr sei von Beginn an der Erwerb eines Gebrauchtwagens vereinbart worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes beseitige die Tageszulassung die Neuwageneigenschaften nur dann nicht, wenn es sich um eine kurzfristige Zulassung handele. Von daher sei im Lichte dieser Rechtsprechung der Verkauf eines Gebrauchtwagens vereinbart worden. Es fehle auch an der Arglist. Das Baujahr des Pkw sei der Streithelferin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unbekannt gewesen und sei im Übrigen mit Nichtwissen bestritten worden. Das Baujahr eines Fahrzeuges ergebe sich einzig aus dem Kfz-Brief. Die Streithelferin habe die Fahrzeuge ihrerseits finanziert, was dazu führe, dass die Kfz-Briefe, wie auch der des streitgegenständlichen Fahrzeugs, vom Hersteller zur finanzierenden Bank als Sicherheit gelangen. Dies sei vorliegend ebenso der Fall gewesen. Die Streithelferin habe auch keine Angaben ins Blaue hinein getätigt. Es fehle an der Kausalität zwischen Irrtum und Vertragsabschluss. Es sei dem Beklagten gar nicht darauf angekommen, einen Neuwagen zu erwerben, sondern lediglich darauf, dass der ...

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