Leitsatz (amtlich)
1. Das Transparenzgebot des § 307 BGB gilt auch für die Satzungsvorschriften eines Kommunalen Schadensausgleiches im Verhältnis zu seinen Mitgliedern.
2. Lässt sich der Satzung nicht eindeutig entnehmen, welche Maßstäbe für die Berechnung der anlässlich des Ausscheidens eines Mitglieds zu zahlenden Umlage heranzuziehen sind, ist die zugrunde liegende Satzungsregelung unwirksam. Dass die nähere Bestimmung einem Verwaltungsorgan zugewiesen wurde, reicht nicht aus.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Urteil vom 27.08.2008; Aktenzeichen 5 O 1387/07) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Chemnitz vom 27.8.2008 - 5 O 1387/07 - abgeändert und wie folgt gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte gem. § 9 Abs. 2 der Satzung des KSA vom 26.8.2003 verpflichtet ist, für die während der Beteiligung der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der F W GmbH, an den Verrechnungsstellen Allgemeine Haftpflicht, Kraftfahrthaftpflicht und Autokasko eingetretenen Schadensfällen und begründeten Verbindlichkeiten aller Mitglieder die anteilige Umlage zu entrichten, soweit die Ansprüche ab dem 1.1.2006 entstanden sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten erster Instanz trägt die Klägerin allein, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
4. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages abgewendet werden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.847,04 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht Ansprüche auf Umlagezahlungen, hauptsächlich als Einmalzahlung i.H.v. 30.847,04 EUR, in zweiter Instanz hilfsweise auf Feststellung der Umlagepflicht, gegen die Beklagte geltend. Die F W GmbH war seit 1992 Mitglied im Kommunalen Schadenausgleich der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (KSA). Im Anschluss an die Eintragung der Verschmelzung mit der Beklagten trat diese zum 3.8.2004 aus dem KSA aus. Die von der Klägerin auf der Grundlage von § 9 Abs. 2 und 3 der Satzung des KSA in der Fassung vom 26.8.2003 (Satzung) geforderte Einmalzahlung i.H.v. 34.970,43 EUR abzgl. eines Guthabens von 4.123,39 EUR verweigerte sie. Diese Regelung lautet wie folgt:
"(2) Scheidet ein Mitglied aus dem Deckungsschutz einer Verrechnungsstelle ganz oder teilweise aus bzw. reduzieren sich seine Wagnisse, so bleibt es für die während seiner Beteiligung an dieser Verrechnungsstelle eingetretenen Schadensfälle und begründeten Verbindlichkeiten anteilig zur Umlage verpflichtet.
(3) Diese in Abs. 2 genannte Verpflichtung kann nach Maßgabe des Satzes 4 auch durch Einmalzahlung abgegolten werden. Die Höhe dieser Einmalzahlung errechnet sich auf der Grundlage der jährlich vom Verwaltungsrat festgesetzten Umlagequote für Einmalzahlungen. Die Umlagequote wird auf der Basis der zukünftigen Schadensaufwendungen entsprechend § 341g Abs. 1, 2 und 5 HGB und dem Verhältnis dieser zu den Schadensaufwendungen der Umlagequote des laufenden Geschäftsjahres ermittelt. Für die Verrechnungsstellen Haftpflicht-, Kraftfahrt- und Unfallschäden ist die Abgeltung durch eine Einmalzahlung,... der Regelfall."
Die Parteien streiten darüber, ob diese Vorschriften der Satzung des KSA in Verbindung mit dessen Allgemeinen Verrechnungsgrundsätzen für Haftpflichtschäden (AVH) wirksam sind und eine hinreichende Rechtsgrundlage für die nach dem Austritt der F W aus dem KSA geltend gemachte Einmalzahlung bieten und ob diese Einmalzahlung unter Anwendung der in der Satzung genannten Berechnungsgrundsätze zutreffend ermittelt worden ist. Die Beklagte hat darüber hinaus die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und die Auffassung vertreten, aus der Satzung ergebe sich, dass das ausgeschiedene Mitglied nur für seinen individuellen Anteil am Schadensaufkommen haftet. Für das Parteivorbringen im Übrigen einschließlich der gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 546 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die erstinstanzlich allein auf die Einmalzahlung gerichtete Klage abgewiesen. Zwar sei die Klägerin aktivlegitimiert; auch sei unter Berücksichtigung des Wortlautes der Satzung davon auszugehen, dass sie grundsätzlich berechtigt sei, von der Beklagten eine Einmalzahlung zu fordern. Sie habe aber, wie sich aus der Aussage des Zeugen Behrends ergebe, den Ausgleichsbetrag im Widerspruch zu § 9 Abs. 3 Satzung nicht entsprechend dem dort in Bezug genommenen § 341g HGB, sondern nach einer sog. "besten Schätzung" ermittelt. Angesichts der Tatsache, dass die Satzung ausdrücklich auf § 341g HGB verweise, sei die Umlage nach dieser Norm zu berechnen.
Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung vertritt die Klägerin die Auffas...