Leitsatz (amtlich)
1. Eine Regelung in den AVB eines Krankenversicherers, die § 8b Abs. 1 MB/KK entspricht, ist nicht wegen Verstoßes gegen § 306 BGB unwirksam.
2. Eine Prämienerhöhung ist auch bei Absinken des in dem Begründungsschreiben genannten Faktors nicht ausgeschlossen, weil dieser lediglich die vollständige Neuberechnung der Prämie auslöst.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 2747/20) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichtes Leipzig vom 07.10.2021 - 3 O 2747/20 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreites beider Instanzen trägt der Kläger.
III. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 6.743,17 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Vertrag über eine private Kranken- und Pflegeversicherung ab. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) und Tarifbedingungen der Beklagten (Anlage BLD 1) zugrunde. In § 8b der dem Vertrag zugrunde gelegten MB/KK 2009 ist eine Anpassungsmöglichkeit der Beiträge bei einer Abweichung bei den Versicherungsleistungen von mehr als 5 % vorgesehen. § 8b Abs. 2 hat folgenden Wortlaut:
"Von einer Beitragsanpassung kann abgesehen werden, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch den Versicherer und den Treuhänder die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist."
Es erfolgten für den Kläger Tariferhöhungen, denen jeweils im November des Vorjahres versandte Mitteilungen zur Beitragserhöhung voraus gingen, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird (vgl. Anlagen KGR und BLD). Beigefügt waren Informationsblätter mit allgemeinen Erläuterungen. Nach Auffassung des Klägers erfüllen, die Beitragsanpassungen nicht die gesetzlichen Mindestanforderungen. Es handele sich um abstrakte, formelhafte Ausführungen. Im Übrigen sei die Prämienneufestsetzung schon deshalb unwirksam, weil § 8 b MB/KK unwirksam sei und die Schwellenwertabweichung nicht den Wert von 10% erreiche. Zwar könnten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Anpassung auch für eine niedrigere Schwellenwertüberschreitung vorsehen. Die vereinbarte Klausel sei aber nicht wirksam, weil sie dem Umstand nicht Rechnung trage, dass ein Anpassungsrecht nur dann bestehe, wenn eine nicht nur vorübergehende Veränderung vorliege. Zudem seien die Beitragsanpassungen in einigen Tarifen schon deshalb unwirksam, weil trotz gesunkener Leistungsausgaben eine Erhöhung erfolgt sei.
Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung vom 15.03.2021 (zugestellt 25.03.2021) vorgetragen, dass die Anpassungen auf Steigerungen bei den Versicherungsausgaben beruhten. Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 07.10.2021 - auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird - die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge unter Erweiterung des im Zahlungsantrag geltend gemachten Anspruchszeitraums bis zum 12.01.2022 mit Ausnahme der Erhöhungen in dem Tarif a... zum 01.01.2013, 01.01.2012 und 01.01.2018, Beitragszuschlag zum 01.01.2013, Tarif b... zum 01.01.2015 und Tarif c... zum 01.01.2012 nur im eingeschränkten Umfang weiterverfolgt. Prämienüberzahlungen vor dem 01.01.2018 seien für die Berechnung des Zahlbetrages nicht länger berücksichtigt worden. Die Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen in den Tarifen d... zum 01.01.2013 und e... zum 01.01.2015, 01.01.2017, 01.01.2018, 01.01.2019 sowie zum 01.01.2020 werde jedoch weiterhin beantragt. Der Kläger rügt hinsichtlich der noch streitgegenständlichen Prämienanpassungen (nur noch) die Wirksamkeit der Rechtsgrundlage für diese Prämienneufestsetzungen. Die betreffenden Beitragsanpassungen seien damit nicht aufgrund der Nichteinhaltung des gesetzlichen Begründungserfordernisses unwirksam. Vielmehr habe schon keine materiell-rechtliche Berechtigung zur Vornahme der Beitragsanpassungen bestanden. Die Mitteilung der maßgeblichen Gründe durch Zugang der Klageerwiderung vermöge diesen Mangel nicht zu heilen. Prämienüberzahlungen auf die genannte Beitragsanpassung seien folglich bis zum aktuellen Monat berücksichtigt. Die Beitragserhöhung im Tarif f... zum 01.01.2020 sei darüber hinaus deshalb unwirksam, weil sie trotz gesunkener Leistungsausgaben erfolgt sei.
Der Kläger beantragt,
1) Es wird festgestellt, dass folgende Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen der Klägerseite und der Beklagten bestehenden Kranken-/ Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer AK - 0000000000 unwirksam sind:
a) im Tarif d... die Erhöhung zum 01.01.2013 in Höhe von 7,58 EUR,
b) im c... die Erhöhung zum 01.01.2015 in Höhe von 3,60 EUR,
c) im Tarif e... die E...