Leitsatz (amtlich)
1. Die Interventionswirkung der Streitverkündung tritt auch dann ein, wenn die Akten des Vorprozesses nicht wirksam beigezogen wurden.
2. Es spricht einiges dafür, bei einer doppelten Streitverkündung die Interventionswirkung auf das für den Streitverkündeten erkennbare Interessen des Streitverkünders zu beschränken (hier offengelassen).
3. Steht fest, dass die Arglistanfechtung des Versicherers auf einer Pflichtverletzung des Maklers beruht, kommt es für dessen Haftung im Verhältnis zum Versicherungsnehmer nicht darauf an, ob er auch mit dem Vorsatz gehandelt hat, den Versicherer zu täuschen.
4. Streitet der Makler gegenüber dem Versicherungsnehmer ein eigenes Fehlverhalten ab, hat er bei einer Pflichtverletzung aus dem Maklervertrag auch die Kosten einer erfolglosen Inanspruchnahme des Versicherers zu tragen.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 09 O 1701/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 16.10.2019, Az 9 O 1701/18 teilweise abgeändert und unter Abweisung der Klage im Übrigen sowie klarstellend wie folgt neu gefasst:
1. Das Versäumnisurteil des Landgerichts Leipzig vom 24.04.2019 wird zu Ziff. 2,3, 5 und 6 in vollem Umfang, im Übrigen mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass
a) unter Ziffer 1 des Tenors festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger in Bezug auf die durch das Hochwasser vom 02.06.2013 verursachten Schäden an sämtlichen Baulichkeiten auf dem Grundstück B...strasse xx, 00000 G... so zu stellen, als wären diese Schäden über den Gebäudeversicherungsvertrag mit der YYY Sachversicherungs-AG, Vertragsnummer xx-xx xxxxx gedeckt gewesen;
b) unter Ziff. 4 die Beklagte verurteilt wird,
aa) an den Kläger 21.679,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von 5000,98 EUR seit dem 2.5.2017 und aus einem weiteren Teilbetrag in Höhe von 5598, 24 EUR seit dem 25.4.2018 sowie aus dem Restbetrag in Höhe von 11.080,45 EUR seit dem 7.7.2018 zu zahlen;
bb) den Kläger von den Prozesskosten der Beklagten selbst aus dem Vorprozess bei dem Landgericht Leipzig zum Az 3 O 3169/16 und dem Oberlandesgericht Dresden 4 U 698/17 freizustellen und den bei dem Amtsgericht Leipzig, Hinterlegungsstelle, AZ 14 HL 595/18 hinterlegten Betrag in Höhe von 10.000,- EUR zu Gunsten des Klägers freizugeben;
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 190.635,37 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte als Versicherungsmaklerin auf Schadensersatz wegen der Verletzung von Pflichten aus dem zwischen ihnen bestehenden Maklervertrag in Anspruch.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und das Urteil des Senats vom 03.04.2018, Az 4 U 698/17, ergänzend Bezug genommen.
Das Landgericht hat am 24.4.2019 gegen die Beklagte antragsgemäß Versäumnisurteil erlassen und auf den Einspruch der Beklagten der Klage in vollem Umfang stattgegeben, ohne das Versäumnisurteil aufzuheben oder zu bestätigen.
Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten Berufung rügt die Beklagte, das Landgericht hätte mangels Beiziehung der Akten des Verfahrens OLG Dresden, Az 4 U 698/17, seine Entscheidung weder prozessual noch materiell-rechtlich auf den Akteninhalt des Verfahrens stützen dürfen. Darüber hinaus habe das Landgericht den Umfang der Bindungswirkung gem. § 68 ZPO verkannt. Die Beklagte sei in dem Vorprozess nicht auf Seiten des Klägers, sondern auf Seiten der beklagten Versicherung beigetreten. Aus diesem Grund habe sie sich im Verhältnis zum Kläger als Streitverkünder nicht angemessen verteidigen können, jedenfalls soweit es um die Umstände geht, die den Versand des streitgegenständlichen Versicherungsantrages an den Assekuradeur, die D... AG, beträfen. Das Landgericht hätte daher zu dieser Frage Beweis erheben müssen. Einer Haftung dem Grunde nach stehe entgegen, dass die Beklagte keine Täuschungsabsicht gehabt habe. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Zugang des Papierantrages an den Assekuradeur zu kontrollieren. Schließlich stehe dem vom Kläger geltend gemachten Feststellungsantrag entgegen, dass sämtliche Schäden infolge des Hochwasserereignisses bereits durch den Zuschuss der Sächsischen Aufbaubank gedeckt seien, jedenfalls soweit sie - wie der geltend gemachte Neuwertschaden ohnehin gerade nicht - nach dem Versicherungsvertrag hätten beansprucht werden können. Der Kläger habe zu dem geltend gemachten Nutzungsausfallschaden nicht substantiiert vorgetragen, eine Schätzung sei daher nicht möglich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 16.10.2019, Az 9 O 1701/18, sowie das Versäumnisurteil vom 24.04....