Leitsatz (amtlich)
1. Die Benutzer einer ohne weiteren Hinweis als öffentlicher Parkplatz ausgeschilderten, neu angelegten Parkbucht mit Bordsteinbegrenzung und Überhangstreifen dürfen auf ein gefahrloses Ein- und Ausparken vertrauen.
2. Bestehen aufgrund der Gestaltung der Parkbucht keine Anhaltspunkte dafür, dass das Überschwenken des Bordsteins zu einer Gefährdung führen kann, trifft den Fahrzeugführer an einer Beschädigung seines Fahrzeuges beim Ausparken kein Mitverschulden.
Normenkette
BGB § 839; GG Art. 34; SächsStrG § 10 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 8 O 6744/99) |
Tenor
I. Auf die Anschlussberufung der Kläger wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten sowie der weiter gehenden Anschlussberufung der Kläger das Urteil des LG Leipzig vom 16.6.2000 – 8 O 6744/99 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zur gesamten Hand 2.144,30 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 22.9.1999 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Kläger Gesamtverbindlich 21 % und die Beklagte 79 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Beschwer beider Parteien liegt unter 60.000 DM.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 2.547,63 DM festgesetzt.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
Die Rechtsmittel der Parteien bleiben überwiegend erfolglos.
(I) 1. Die Berufung der Beklagten hat i.E. keinen Erfolg.
a) Nach dem Parteibeitritt ist die Klage zulässig, da alle notwendigen Streitgenossen klagen. Der erst in der Berufungsinstanz erfolgte Parteibeitritt des Klägers zu 2) ist wirksam. Ein neuer, nur auf den Kläger zu 2) bezogener Streitgegenstand wird damit nicht in den Prozess eingeführt. Nach der höchstrichterlichen Rspr., der der Senat folgt, handelt es sich um einen Fall der zulässigen Klageänderung (§ 263 ZPO). Soweit – wie hier – aufgrund des gleichen Streitgegenstandes die Beklagte sich lediglich mit der Frage der Aktivlegitimation des Klägers zu 2) zu beschäftigen hat, die überdies hier von der Beklagten sogar postuliert worden ist, ist die Beklagte durch das weitere Erfordernis der Sachdienlichkeit, die der Senat bejaht, hinreichend geschützt (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1975 – VII ZR 186/73, BGHZ 65, 264; ebenso: OLG München, Urt. v. 28.9.1990 – 14 U 320/90, WM 1991, 100).
b) Zwischen den Parteien ist in der Berufungsinstanz unstreitig, dass der Leasingvertrag über das beschädigte Fahrzeug nicht vom Kläger zu 1) und vormaligen alleinigen Kläger selbst, sondern von ihm zusammen mit dem Mitgesellschafter der Rechtsanwaltskanzlei (in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR), dem Kläger zu 2), angeschafft worden ist. Gemäß Ziff. X 4 des Leasingvertrages war die Rechtsanwaltssozietät als GbR und Leasingnehmerin, also die Kläger in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit ermächtigt und verpflichtet, alle fahrzeugbezogenen Ansprüche aus einem Schadensfall im eigenen Namen und auf eigene Kosten geltend zu machen. Damit sind die Gesellschafter handelnd als GbR nach den Grundsätzen der gewillkürten Prozessstandschaft prozessführungsbefugt und materiell-rechtlich zur Einziehung an die Gesamthand ermächtigt.
c) Den Klägern steht – wie mit der Fassung des Hilfsantrags verdeutlicht – zur gesamten Hand, und nicht wie im Hauptantrag allein dem Kläger zu 1), ein Anspruch gegen die Beklagte aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG (Amtshaftungsanspruch) in der titulierten Höhe zu. Die Ausführungen des LG zur Haftung der Beklagten dem Grunde nach lassen Rechtsfehler nicht erkennen.
aa) Gemäß § 10 Abs. 1 SächsStrG obliegen die mit dem Bau und der Unterhaltung sowie der Erhaltung der Verkehrssicherheit der Straßen zusammenhängenden Pflichten den Organen und Bediensteten der damit befassten Körperschaften und Behörden als Amtspflicht in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit. Diese öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Verkehrssicherungspflicht ist zulässig; durch sie tritt § 823 BGB hinter die spezielle Norm des § 839 BGB zurück, wobei allerdings die Subsidiaritätsklausel (§ 839 Abs. 1 S. 2 BGB) keine Anwendung findet (vgl. nur BGH v. 18.11.1993 – III ZR 178/92, MDR 1994, 992 = VersR 1994, 618 [619] m.w.N.).
Träger der Verkehrssicherungspflicht und damit Haftungsadressat ist bei öffentlichen Straßen derjenige, der die von der Straße ausgehende Gefahrenlage durch Zulassung des öffentlichen Verkehrs geschaffen hat und der in der Lage ist, auf diese Gefahrenlage einzuwirken; grundsätzlich ist dies also – soweit er die Verfügungsgewalt über die Straße besitzt – der Träger der Straßenbaulast (Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 34. Aufl., § 45 StVO Rz. 55 m.w.N.; OLG Dresden, Urt. v. 30.11.1999 – 6 U 2814/99).
Wie der Senat in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rspr. stets vertreten hat, und wovon auch das LG in seiner Begründung zutreffend ausgegangen ist, umfasst die Verkehrssich...