Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt nach 32-jähriger Hausfrauenehe. Dreiteilung des Bedarfs nach erneuter Eheschließung des Verpflichteten
Leitsatz (amtlich)
1. Nach 32-jähriger Hausfrauenehe wird der nacheheliche Unterhalt weder befristet noch begrenzt.
2. Die Rentenbezüge der geschiedenen Hausfrau, die sie durch den Versorgungsausgleich erworben hat, erhöhen den in der Ehe angelegten Bedarf und vermindern die Bedürftigkeit.
3. Eine neue Ehe des Verpflichteten führt zur Dreiteilung des Bedarfs gemäß BGHZ 177, 356, aber nicht vor dem 30.7.2008, dem Datum der genannten BGH Entscheidung.
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 2, § 1577 Abs. 1, § 1578 Abs. 1 S. 1, § 1587 Abs. 1-2, §§ 1569, 1577, 1578b, 1578
Verfahrensgang
AG Döbeln (Urteil vom 17.10.2008; Aktenzeichen 3 F 312/06) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des AG - Familiengericht - Döbeln vom 17.10.2008 - 3 F 312/06, abgeändert und wie folgt gefasst:
1. Der am 19.8.2004 vor dem AG - Familiengericht - Minden, Az.: 10 F 171/03, geschlossene Vergleich wird dahingehend abgeändert, dass der Kläger der Beklagten monatlichen nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen hat: vom 1.6.2005 bis zum 31.12.2005
monatlich |
1.393,89 EUR |
vom 1.1.2006 bis zum 31.12.2006 |
monatlich 1.547,61 EUR |
vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2007 |
monatlich 1.418,14 EUR |
vom 1.1.2008 bis zum 31.7.2008 |
monatlich 1.342,04 EUR |
vom 1.8.2008 |
an fortlaufend 1.011,66 EUR. |
Die Verpflichtung zur Leistung von Krankenvorsorgeunterhalt entfällt mit dem 12.10.2005.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen werden Berufung und Anschlussberufung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen der Kläger 9/10 und die Beklagte 1/10.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 27.268,22 EUR.
Gründe
I. Die Parteien streiten um nachehelichen Ehegattenunterhalt. Sie waren 32 Jahre verheiratet und wurden im August 2004 geschieden. Im Rahmen der Scheidung verständigten sie sich darauf, dass der Kläger der Beklagten einen Unterhalt i.H.v. 1.540 EUR monatlich nebst Krankenvorsorgeunterhalt und Beiträgen zur Pflegeversicherung zahlen sollte. Die Beklagte lebte nach der Scheidung im ehelichen Einfamilienhaus. Seit dem 1.6.2005 ist sie Altersrentnerin und bezieht Rente i.H.v. 848,52 EUR monatlich. Seit November 2005 lebt sie nicht mehr in der ehemaligen Ehewohnung, sondern auf Mallorca in einer Mietwohnung.
Der Kläger ist nichtselbständig tätig in gehobener Position in der ... e.G. Er verdient ausweislich der vorgelegten Verdienstabrechnungen (Anlagen K 4 und K 8) zwischen 110.000 EUR und 130.000 EUR brutto jährlich.
Der Kläger hat Abänderungsklage mit dem Ziel einer Herabsetzung des Unterhalts erhoben. Er hat gemeint, der Unterhaltsanspruch der Beklagten sei nunmehr geringer, weil sie durch die Rentenbezüge über eigenes Einkommen verfüge. Dieses Einkommen könne bei der Berechnung ihres Unterhaltsbedarfs nur zu einem geringen Teil, nämlich in Höhe der von ihr selbst erworbenen Rentenanwartschaften, berücksichtigt werden. Zum größten Teil stamme - insoweit unstreitig - die Rente der Beklagten aus Ansprüchen aus dem Versorgungsausgleich, d.h. aus übertragenen Rentenansprüchen des Klägers, der selbst derzeit noch berufstätig ist.
Das Familiengericht hat der Klage nur zu einem relativ geringen Teil stattgegeben und den Kläger zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages i.H.v. 1.342,04 EUR verurteilt sowie festgestellt, dass die Verpflichtung zur Leistung von Krankenvorsorgeunterhalt entfällt.
Gegen diese Entscheidung wenden sich der Kläger mit der Berufung und die Beklagte mit der Anschlussberufung.
Der Kläger meint, aus der inzwischen geänderten Rechtsprechung des BGH ergebe sich, dass auch seine neue Ehefrau, mit der er seit Dezember 2004 verheiratet sei, in die Bedarfsberechnung einzustellen sei. Eigenes Erwerbseinkommen erziele seine Ehefrau nicht. Unzutreffend sei auch die Einschätzung des Familiengerichts, wonach Renteneinkünfte der Beklagten, die aus dem Versorgungsausgleich resultierten, bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen seien. Diese Rente beruhe bereits auf Leistungen des Klägers, dem nicht zugemutet werden könne, den Unterhalt der Beklagten quasi ein zweites Mal bezahlen zu müssen. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten sei im Übrigen wegen des seit dem 1.1.2008 in Kraft befindlichen Unterhaltsrechts zu befristen. Ehebedingte Nachteile wegen ihrer Nichterwerbstätigkeit in der Ehe habe die Beklagte nicht mehr, da sie nun ohnehin Rentnerin sei. Die lange Ehedauer allein sei kein Grund, den Anspruch nicht zu befristen; weitere ehebedingte Nachteile habe die Beklagte nicht dargelegt.
Der Kläger beantragt nunmehr, das Urteil des AG Döbeln vom 17.10.2008, Az.: 3 F 312/06, abzuändern und wie folgt neu zu fassen:
1. Der in der öffentlichen Sitzung vom 19.8.2004 im Verfahren 10 F 771/03 des AG - Familiengericht - Minden...