Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Leasingnehmer für das Fahrzeug eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen, kommt es im Falle eines Totalschadens für die Erstattung der Mehrwertsteuer allein auf die im Zeitpunkt des Schadensfalles bestehenden Verhältnisse des Leasinggebers an.
2. Überträgt der Versicherungsnehmer trotz eines zugunsten des Leasinggebers bestehenden Sicherungsscheins seine Ansprüche an einen Dritten und erstattet die Versicherung diesen im Anschluss irrtümlich auch die Mehrwertsteuer, hat sie einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 906/19) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 24.09.2019, Az 8 O 906/19, abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 13.411,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.03.2018 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 13.411,76 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 812 Abs. 1, Satz 1, Fall 2 BGB auf Rückzahlung von Kaskoversicherungsleistungen in Höhe des Mehrwertsteueranteils, die sie an die Beklagte überwiesen hat.
1. Die Beklagte hat den von der Klägerin überwiesenen Mehrwertsteueranteil ohne rechtlichen Grund erlangt. Insoweit zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass für die Frage der Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteuer als Teil der geschuldeten Leistungen aus dem Kaskoversicherungsvertrag allein auf die Verhältnisse der Leasinggeberin, der Fa. H... Leasing GmbH, abzustellen ist.
Der Leistungsumfang der Kaskoversicherung wird in den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (Anlage K 2, im folgenden AKB 2015) näher geregelt. Danach ist der Wiederbeschaffungswert der Preis, der für den Kauf eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeugs am Tag des Schadensereignisses bezahlt werden muss (vgl. A.2.7.3. AKB 2015). Mehrwertsteuer wird nicht erstattet, soweit Vorsteuerabzugsberechtigung besteht (vgl. A.2.13 AKB 2015).
Nach den Bedingungen des in die Kraftfahrtversicherung einbezogenen Leasing-Sicherungsscheines (vgl. Anlage K2, S. 4), die insoweit auch die AKB 2015 abändern, galt die Versicherung für die Rechnung des Leasinggebers, so dass eine Fremdversicherung zugunsten des Fahrzeugeigentümers, der Fa. H... Leasing GmbH, gem. § 43 Abs. 2 VVG vorgelegen hat. Die vorstehend zitierten AKB-Klauseln, die vom Normalfall der Versicherung des eigenen Fahrzeugs für eigene Rechnung ausgehen, sind bei der hier vorliegenden Fremdversicherung so zu verstehen, dass auf die Verhältnisse des versicherten Eigentümers abzustellen ist, der ein Ersatzfahrzeug erwirbt, da nur er die ihm zufließende Ersatzleistung zur Wiederbeschaffung eines anderen Fahrzeugs verwendet (vgl. BGH, Urteil vom 06.07.1988, IV a ZR 241/87, VersR 1988, 949). Hat der Leasingnehmer für das geleaste Fahrzeug eine Kfz-Vollkaskoversicherung abgeschlossen, kommt es daher im Falle eines Totalschadens für die Frage der Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer allein auf die zum Zeitpunkt des Schadensfalles bestehenden Verhältnisse des Leasinggebers als Eigentümer an (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1993 - IV ZR 181/92 -, Rn. 7, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 01.02.2012, - 20 U 207/11 - VersR 2013, 178; Graf von Westphalen in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl. 2019, Leasing, Rn. 129, jeweils m.w.N.). Denn wird in der Kaskoversicherung der Wiederbeschaffungswert abgerechnet, liegt der Schaden ausschließlich beim Leasinggeber als Eigentümer des Fahrzeugs, so dass der Leasingnehmer keine Schäden aus eigenem Recht geltend machen kann. Im Streitfall stand das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt im Eigentum der Fa. H...-Leasing GmbH als Leasinggeberin, einer zum Vorsteuerabzug berechtigten Gesellschaft. Der Leasingnehmer hat dagegen unstreitig kein neues Fahrzeug über die Beklagte gekauft oder geleast. Da es sich um einen Totalschaden handelte, war die Klägerin daher nicht verpflichtet, als Versicherungsleistung neben dem Wiederbeschaffungswert auch die von der Beklagten in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer zu zahlen.
2. Die Klägerin kann ihren Rückzahlungsanspruch im Wege der Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB) gegenüber der Beklagten geltend machen und muss sich nicht an ihren Versicherungsnehmer halten.
a) Die Klägerin hat die Zahlung der Kaskoversicherungsleistungen an die Beklagte in der Annahme einer Anweisung des Versicherungsnehmers Dr. K... entsprechend der mit Schreiben vom 01.11.2017 beigefügten Abtretungserklärung vom 25.10.2017 geleistet. In den Fällen der Leistung kraft Anweisung vollzieht sich der Bereicherungsausgleich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich innerhalb des jeweiligen fehlerhaften Leistungsverhältnisses, also zum einen zwisch...