Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtungsanspruch nach §§ 129, 134, 143 InsO
Leitsatz (amtlich)
Liegen die Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs nach §§ 129, 134, 143 InsO vor, kann der gutgläubige Empfänger der unentgeltlichen Leistung gegen den Anspruch einwenden, er sei durch die Leistung nicht mehr bereichert. Den ihm obliegenden Nachweis der Entreicherung kann er auch dadurch führen, dass sein gesamtes Aktivvermögen soweit abgesunken ist, dass es den Bereicherungsanspruch nicht mehr deckt.
Hinweis: Mit Beschluss vom 19. Juli 2018 hat der BGH die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen (IX ZR 177/16).
Verfahrensgang
LG Zwickau (Aktenzeichen 1 O 571/14) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Zwickau vom 02.10.2015, Az. 1 O 571/14, die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 23.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über den Nachlass des Herrn H. B. im Wege der insolvenzrechtlichen Anfechtung einen Rückgewähranspruch im Zusammenhang mit der Auszahlung einer Kapitallebensversicherung an die Beklagte geltend. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen D. B. und M. B., Söhne der Beklagten, in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass in der widerruflichen Bestimmung der Beklagten als Bezugsberechtigten in dem Lebensversicherungsvertrag eine unentgeltliche Zuwendung liege, die erst mit dem Tod des Erblassers wirksam werde. Zeitpunkt der Zuwendung i.S.v. § 140 Abs. 1 InsO sei daher der Eintritt des Versicherungsfalles. Den Entreicherungseinwand der Beklagten hat das Landgericht nicht gelten lassen.
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung begehrt die Beklagte Abweisung der Klage.
Die Beklagte meint, der Kläger habe schon nicht nachgewiesen, dass es sich vorliegend um ein widerrufliches Bezugsrecht aus der Lebensversicherung handele. Zudem habe sich das Landgericht nicht ausreichend mit dem Vortrag der Beklagtenseite auseinandergesetzt, wonach die Zuwendung an die Beklagte vor der "kritischen Zeit" erfolgt sei. Es habe sich erst nach dem Tod des Erblassers und damit nach der Zuwendung herausgestellt, dass der Nachlass überschuldet sei. Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Landgericht zu Unrecht den Wegfall der Bereicherung verneint habe. Im Hinblick auf die Geldzuwendungen an die Söhne hätte das Landgericht auch den Zeugen S. B. vernehmen müssen. Außerdem habe sich das Landgericht nicht ausreichend mit den weiteren Nachweisen auseinandergesetzt, die von der Beklagten im Hinblick auf den Verbrauch des nicht verschenkten Geldes für deren Lebensführung vorgelegt wurden. Im Übrigen meint die Beklagte, sie sei schon aufgrund ihrer Vermögenslosigkeit vollständig entreichert.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 02.10.2015, Az. 1 O 571/14, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens. Er meint, das Landgericht habe zu Recht angenommen, dass der Erblasser der Beklagten durch die Bestimmung als widerruflich Bezugsberechtigte etwas unentgeltlich zugewendet habe. Das Landgericht habe zutreffend als maßgeblichen Zeitpunkt für die Zuwendung den Tod des Erblassers angesehen, die Rechtshandlung sei auch in der kritischen Zeit erfolgt. Die Entreicherung der Beklagten sei zu Recht vom Landgericht verneint worden. Der Vortrag der Beklagten zur Vermögenslosigkeit sei verspätet. Es sei im Übrigen systemwidrig, von einem Wegfall der Bereicherung auch dann auszugehen, wenn das Aktivvermögen des Bereicherungsschuldners den Bereicherungsanspruch nicht mehr decke, denn eine solche Betrachtungsweise ließe den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen dem angefochtenen Vermögenszuwachs und dem Vermögensverlust entfallen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin D. S., Betreuerin der Beklagten. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2016 verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückgewähr gemäß §§ 134 Abs. 1, 143 Abs. 1 InsO, dem die Beklagte jedoch den Entreicherungseinw...