Leitsatz (amtlich)
Der Schadenersatz für Nutzungsausfall eines Kraftfahrzeugs orientiert sich bei einer ungewöhnlich langen Ausfallzeit (hier: 642 Tage) an den Vorhaltekosten.
Normenkette
BGB § 249
Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 27.01.2010; Aktenzeichen 1 O 2297/08) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Leipzig vom 27.1.2010, Az: 1 O 2297/08, soweit die Klage abgewiesen wurde, abgeändert:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger über die im landgerichtlichen Urteil ausgeurteilte Summe hinaus 3.200,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus
505,93 EUR seit dem 12.8.2008,
weiteren 770 EUR seit dem 17.12.2008,
weiteren 1.510 EUR seit dem 30.10.2009 und
weiteren 415 EUR seit dem 6.1.2010
zu zahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, über die im landgerichtlichen Urteil ausgeurteilte Summe hinaus 384,07 EUR an das Sachverständigenbüro N. & S. auf deren Bankverbindung bei der ..., Konto ..., BLZ ..., unter Angaben der Gutachtennummer ..., zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger zukünftig aus dem Unfallereignis vom 4.4.2008 auf der Straße ... in ... entstehende materielle Schäden, insbesondere weitere Nutzungsausfallentschädigung, zu ersetzen.
4. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger über den im landgerichtlichen Urteil ausgesprochenen Betrag hinaus vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 75 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.8.2008 zu zahlen.
5. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die D.-Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand ...,...,..., auf deren Bankverbindung bei der ..., Konto ..., BLZ ... 209,50 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.8.2008 zu zahlen.
Im Übrigen verbleibt es bei der Klageabweisung.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten erster Instanz tragen der Kläger 75 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 25 %. Die Kosten des Berufungsrechtszuges tragen der Kläger zu 85 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 15 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert der Berufungsinstanz wird auf 28.650,79 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall geltend. Auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil wird Bezug genommen.
Das LG hat der Klage auf der Basis einer Haftungsquote von 50:50 stattgegeben; Nutzungsausfall hat es nicht zugesprochen. Ein Anscheinsbeweis, der gegen den auffahrenden Hintermann spreche, greife nicht ein, weil es an der für ein Verschulden des Auffahrenden sprechenden Typizität der Unfallkonstellation fehle. Aufgrund des gerichtlich eingeholten unfallanalytischen Sachverständigengutachtens sei das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Fahrverstoß des Beklagten höher wiege als derjenige des Klägers.
Ein Anspruch auf Ersatz der Nutzungsausfallentschädigung stehe dem Kläger nicht zu. Der Kläger habe keine Nachweise erbracht, dass er zu einer Vorfinanzierung der Reparatur zum Zeitpunkt des Unfalls nicht in der Lage gewesen sei. Er habe keine Anstrengungen zur Kreditaufnahme unternommen und damit seine Schadensminderungspflicht verletzt. Die im nachgelassenen Schriftsatz erstmals vorgetragene Behauptung, der Kläger habe erfolglos bei der ... und der ... um einen Kredit gebeten, könnten nach § 283 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden, da es sich um neuen Sachvortrag handele, der über eine Replik hinausgehe.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagten noch für zukünftige materielle Schäden hafteten. Dem Kläger stehe weder derzeit noch zukünftig ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung aufgrund des streitgegenständlichen Unfalls zu. Weitere künftige Schadensfolgen, deren Eintritt, Art und Umfang noch ungewiss seien, seien nicht ersichtlich.
Es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der vom Rechtsschutzversicherer übernommene Betrag von 511,16 EUR direkt an den Kläger zu erstatten sei.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Entgegen der Auffassung des LG sei von einem Anscheinsbeweis auszugehen. Da sich der Kläger mit seinem Fahrzeug nicht habe in Luft auflösen können, stelle der Unfall für ihn ein unabwendbares Ereignis dar. Jedenfalls sei vom weit überwiegenden Verschulden des Erstbeklagten auszugehen. Der Sachverständige habe festgestellt, dass der Kläger etwa 2 m vom rechten Fahrbahnrand und keineswegs in der Mitte der Straße gefahren sei. Der Kläger habe auch unstreitig nicht links geblinkt. Der Bekla...