Leitsatz (amtlich)
1. Ein Verlag, der in Zusammenarbeit mit der DeTeMedien GmbH das Örtliche Telefonbuch druckt, ist als relativ marktstarkes Unternehmen anzusehen.
2. Der Schutz der eigenen Handelsvertreter rechtfertigt nicht die Weigerung eines Verlages, den Auftrag einer Werbeagentur zur Veröffentlichung einer Anzeige ihrer Kunden im Örtlichen Telefonbuch auszuführen. Er verstösst in diesem Falle vielmehr gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 19.06.2001; Aktenzeichen 01 HKO 845/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Leipzig, 1. Kammer für Handelssachen, vom 19.6. 2001 (Az.: 01 HKO 845/01) abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision findet nicht statt.
Tatbestand
Die Klägerin hat im Wege einer einstweiligen Verfügung von der Beklagten die Durchführung eines Anzeigenauftrages begehrt.
Die Klägerin ist eine Werbeagentur, deren Geschäftsfeld darin besteht, für Kunden Inserate in Telefonbüchern zu gestalten und die Anzeigen auf eigene Rechnung zu schalten.
Die Beklagte verlegt in Zusammenarbeit mit der DeTe-Medien das Örtliche Telefonbuch für …-Stadt.
Mit Schreiben vom 30.12. 2000 übermittelte die Klägerin der Beklagten einen Auftrag zur Veröffentlichung einer Anzeige in dem Örtlichen Telefonbuch …-Stadt, Jahrgang 2001/2002 (Anl. K1 = Bl. 13 f. d.A.).
Die Beklagte lehnte die Ausführung dieses Auftrages sowie weiterer durch die Klägerin eingehender Aufträge mit Schreiben vom 16.1. 2001 ab (Anl. K2 = Bl. 15 d.A.).
Auf Antrag der Klägerin erließ das LG mit Beschluss vom 6.2.2001 (Bl. 59 – 62 d.A.) eine einstweilige Verfügung, mit welcher der Beklagten geboten wurde, den Anzeigenauftrag anzunehmen und die Eintragung der Anzeige in dem von ihr herausgegebenen Telefonbuch zu veröffentlichen.
Die Beklagte nahm daraufhin die Anzeige in die Telefonbücher auf, deren Veröffentlichung in der 25. Kalenderwoche 2001 erfolgte. Gegen die erlassene einstweilige Verfügung hat die Beklagte Widerspruch eingelegt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Ablehnung der Ausführung des Auftrages durch die Beklagte willkürlich sei und gegen das GWB verstoße. Die Antragsgegnerin habe auf dem Markt der örtlichen Telefonbücher eine Monopolstellung, zumindest aber eine marktbeherrschende Stellung. Die Durchsetzung ihrer Rechte sei auch im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes geboten, da die Anzeigenannahmetermine am 3.2.2001 abliefen und ein Titel in einem Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden könne.
Die Klägerin hat beantragt, die einstweilige Verfügung vom 6.2.2001 zu bestätigen.
Die Beklagte hat beantragt, die einstweilige Verfügung des LG Leipzig, Az.: 01 HKO 845/01, aufzuheben und den Antrag der Klägerin vom 1.2.2001 zurückzuweisen.
Sie hat darauf verwiesen, dass die Ablehnung des Auftrages seinen Grund in dem Schutz ihres eigenen Handelsvertretersystems habe. Die Klägerin spanne ihr, wie auch anderen Telefonbuchverlagen gezielt lukrative Altkunden aus, die bislang umfangreiche und kostenträchtige Anzeigen geschaltet hätten. Die Klägerin arbeite mit einer eng mit ihr verflochtenen Werbe- und Sparberatungsgesellschaft …-GmbH zusammen. Das sog. …-Sparkonzept bestehe darin, dass die … Anzeigenkunden, die in den zuletzt veröffentlichten Telekommunikationsverzeichnissen besonders umsatzträchtige Werbeeinträge oder Anzeigenschaltungen vorgenommen hätten, suggeriere, durch ihre Beratungstätigkeit könne der Anzeigenkunde dieselbe oder zumindest eine gleichwertige Anzeige in Telefonbüchern zu einem geringeren Preis erhalten, was tatsächlich allerdings nicht der Fall sei. Auf diese Weise erfolge eine gezielte Reduzierung der Anzeigeneinnahmen auf ihrer Seite. Auch im Kartellrecht sei der Grundsatz anerkannt, dass niemand verpflichtet sei, einen Wettbewerber zum eigenen Schaden zu fördern bzw. sich selbst zu schaden. Insoweit bestehe kein Kontrahierungszwang und demzufolge auch kein Verfügungsanspruch. Zudem handele es sich um eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache.
Das LG hat den Beschluss vom 6.2.2001 aufgehoben und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der geltend gemachte Verfügungsanspruch wegen der angekündigten Ausgabe der schon gedruckten Telefonbücher aufgrund zwischenzeitlicher Erfüllung nicht bestehe.
Die Klägerin hat im Rahmen der Berufungsbegründung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und begehrt eine diesbezügliche Feststellung. Eine Erledigung der Hauptsache sei erst durch die Veröffentlichung der Telefonbücher eingetreten, die erst im Anschluss an die mündliche Verhandlung vor dem LG erfolgt sei. Der lediglich von der Beklagten geäußerte Wille zur Veröffentlichung reiche insoweit nicht aus. Das LG habe demgegenüber zunächst zutreffend das Bestehen eines Verfügungsanspruches angenommen. Die Verweigerung der Durchführun...