Leitsatz (amtlich)
1. Eine Berühmung des Schutzrechtsinhabers liegt nicht allein darin, dass er im Besichtigungsverfahren einen mit gewisser Wahrscheinlichkeit vorliegenden Verletzungstatbestand darlegt.
2. Eine während des Besichtigungsverfahrens gleichwohl erhobene negative Feststellungsklage wächst nicht dadurch in die Zulässigkeit hinein, dass der Beklagte zum Zweck der Rechtsverteidigung die Unbegründetheit der Klage geltend macht.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 03.02.2015; Aktenzeichen 05 O 3638/11) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Leipzig vom 03.02.2015 (5 O 3638/11), abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: 200.000,00 EUR
Gründe
I. Die Klägerin geht im Wege einer negativen Feststellungklage gegen die beklagte Patentinhaberin vor.
Das LG hat mit Urteil vom 3.2.2015, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben. Die darlegungs- und beweisbelaste Beklagte habe eine Verletzung ihres französischen Patents nicht ausreichend dargelegt. Im Urteilstenor hat das LG festgestellt, dass die Klägerin bei ihrer Produktion von Schneckenködern nicht von folgenden Verfahrensschritten Gebrauch macht:
Verfahren für die Herstellung von Ködern für die Vernichtung von Nacktschnecken, das in folgenden Schritten besteht
1. Die Ingredienzen (MP 1, MP 2, MP 3, MP 4) werden in einem Turbomischer oder dergleichen (2) gemischt,
1.1. dessen Geschwindigkeit in der Weise geregelt wird, dass das Gemisch auf eine Temperatur in der Größenordnung von 90 C gebracht wird, wobei
1.2. die Ingredienzen (MP 1, MP 2, MP 3, MP 4) 1.2.1 aus einem stärkehaltigen Träger,
1.2.2 einem Dispersionsmittel,
1.2.3 einem oder mehreren Konservierungsstoffen und
1.3.4 einem Moluskizid-Wirkstoff gebildet sind.
2. Das Gemisch des Turbomischers (2) oder dergleichen wird nach und nach in einen Schneckenextruder (6) oder dergleichen befördert, der nacheinander definiert
2.1 eine Versorgungszone (Z1) mit kontrollierter Temperatur,
2.2 eine Zone (Z2) zum Mischen und Plastifizieren des Materials und
2.3 eine so genannte Druckanstiegszone (Z3), in der das Material
2.3.1 komprimiert und
2.3.2 auf eine Temperatur von wesentlich über 100 C gebracht wird.
3. Die Aufenthaltsdauer des Materials in dem Schneckenextruder (6) oder dergleichen liegt in einer Größenordnung von einigen Sekunden.
4. Das Material wird durch eine Ziehdüse in Form von Körnern (16) extrudiert.
5. Dann sind die abschließenden Abkühl- und Siebvorgänge der Körner auszuführen.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten. Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens stellt sie darauf ab, dass es mangels Berühmung am erforderlichen Feststellungsinteresse fehle. Sie habe, wie schon erstinstanzlich geltend gemacht, eine wahrscheinliche Patentverletzung auch nur zum Zweck der Rechtsverteidigung dargelegt.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Leipzig vom 3.2.2015, Az.: 5 O 3638/11, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung der Sachdarstellung wird auf die beiderseitigen Schriftsätze mitsamt Anlagen, die Sitzungsniederschriften vom 29.9.2015 und 3.5.2016 und den gerichtlichen Hinweis mit Verfügung vom 22.1.2016 (Bl. 767 dA) Bezug genommen. Das Verfahren (LG Leipzig 5 O 1779/11) wurde beigezogen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Das Feststellungsbegehren der Klägerin ist unzulässig.
I. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist jedenfalls kraft rügeloser Einlassung der Beklagten vor dem LG Leipzig begründet.
Die Zuständigkeit kraft rügeloser Einlassung bestimmt sich im Hinblick auf die Beklagte mit Sitz in Frankreich nach Art. 24 Satz 1 EuGVVO aF, der hier nach Art. 66 EUGVVO n.F. anwendbar ist, weil das Verfahren vor dem 10.1.2015 begonnen hatte. Danach wird ein Gericht eines Mitgliedstaats, sofern es nicht bereits nach anderen Vorschriften der Verordnung zuständig ist, zuständig, wenn sich der Beklagte vor diesem Gericht auf das Verfahren einlässt, ohne den Mangel der Zuständigkeit zu rügen, und keine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit begründet ist. Von einer Einlassung auf das Verfahren ist auszugehen, wenn der Beklagte die Zuständigkeitsrüge nicht spätestens in der Stellungnahme erhebt, die nach dem innerstaatlichen Prozessrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht anzusehen ist. Vor den deutschen Zivilgerichten ist danach im Gegensatz zu § 39 ZPO und der daran ansetzenden Auffassung der Beklagten keine Einlassung zur Hauptsache erforderlich; zuständigkeitsbegründend ist...