Leitsatz (amtlich)
1. Die (behauptete) Herstellung von Fotografien einer Person kann nicht unter Berufung auf §§ 22, 23 KUG abgewehrt werden; eine analoge Anwendung dieser Vorschriften auf die im Vorfeld der Verbreitung stattfindende Herstellung kommt nicht in Betracht.
2. Ein Unterlassungsanspruch kann sich aber aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergeben.
3. Der Verletzte muss allerdings beweisen, dass es tatsächlich zur Herstellung eines Bildnisses gekommen ist; dass der Verletzer durch sein Verhalten einen solchen Eindruck erweckt, reicht für einen Unterlassungsanspruch nicht aus, sofern hierdurch die Grenze zum Stalking nicht überschritten wird.
Verfahrensgang
LG Görlitz (Aktenzeichen 5 O 330/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Görlitz, Außenkammern Bautzen, vom 10.02.2018, Az 5 O 330/16, teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Klage und die Widerklage werden abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger 92 % und die Beklagte 8 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 6.492,54 EUR festgesetzt.
Gründe
(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 1, 313a Abs. 1 ZPO)
I. Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache auch überwiegend Erfolg.
1. Der von dem Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Anfertigung, Verwendung und Verbreitung von Lichtbildern oder Filmaufnahmen seiner Person und/oder seines Grundstücks ist nicht begründet.
a) Der Unterlassungsanspruch kann nicht auf die Regelungen der §§ 22 ff KUG gestützt werden, da diese Vorschriften lediglich die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildnisses, nicht aber die vom Kläger behauptete Herstellung von Fotografien oder Filmaufnahmen seiner Person betreffen. Eine analoge Anwendung der Vorschriften der §§ 22 ff KUG auf den Fall der im Vorfeld einer Verbreitung erfolgten Herstellung von Aufnahmen scheidet schon wegen der in § 33 KUG geregelten Strafbewehrung aus (so auch Golla/Herboth, Zivilrechtlicher Bildnisschutz im Vorfeld von Weitergabe und Veröffentlichung, GRUR 2015, 648, 649 m.w.N.).
b) Unterlassungsansprüche folgen auch nicht aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Abgesehen, dass nach § 6 BDSG nur Löschung der erhobenen Daten begehrt werden kann, scheitern sie bereits daran, dass es sich nach dem Vortrag des Klägers um Aufnahmen handelt, die zu persönlichen bzw. privaten Zwecken gefertigt wurden und nicht für Dritte vorgesehen sind, so dass der Anwendungsbereich des BDSG gem. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG nicht eröffnet ist.
c) Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, ein Unterlassungsanspruch ergäbe sich aus einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung entsprechend §§ 823 Abs. 1 BGB, § 1004 BGB analog. Zwar fällt in den Schutzbereich dieser Norm auch bereits die Anfertigung eines Bildnisses. Der Kläger hat aber den ihm danach obliegenden Beweis nicht führen können, dass die Beklagte anlässlich der Begegnung der Parteien an der Grundstücksgrenze am 14.06.2016 gegen 19:00 Uhr mittels ihres Mobiltelefons von ihm tatsächlich Foto- und oder Filmaufnahmen gefertigt hat. Der vom Landgericht hierzu vernommene Zeuge J. hat lediglich geschildert, dass die Beklagte in einem kurzen Abstand vor dem Kläger stehend ein Handy in "Fotografierstellung" gehalten hat. Er konnte jedoch nicht bestätigen, dass die Beklagte dabei Fotos des Klägers angefertigt oder ihn gefilmt hat. Es bestehen auch keine sonstigen Anhaltspunkte für die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe ihn bei dieser Gelegenheit fotografiert oder gefilmt, denn unstreitig hat die Beklagte Aufnahmen des Klägers weder im Bekanntenkreis oder privaten Umfeld der Parteien verbreitet noch in anderer Weise veröffentlicht. Aus diesem Grund ist auch dem Vortrag der Beklagten nicht weiter nachzugehen, sie habe zum fraglichen Zeitpunkt keine Fotografien anfertigen können, da sie keinen Zugriff auf ein Mobiltelefon mit Fotofunktion gehabt habe.
d) Ein den geltend gemachten Unterlassungsanspruch begründenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht folgt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus dem vom Zeugen J. geschilderten Verhalten der Beklagten, die zumindest den Eindruck erweckt haben soll, den Kläger aus einem geringen Abstand fotografiert zu haben. Ein vorbeugender, hier mangels Nachweises einer früheren Verletzungshandlung nur auf eine Erstbegehungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch setzt voraus, dass ernsthafte und greifbare tatsächlich Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten, etwa im Hinblick auf einen eskalierenden Nachbarschaftsstreit oder aufgrund objektiv Verdacht erregender Umstände (vgl. BGH, Urt. v. 16.03.2010, VI ZR 176/09, Rn. 14, - juris; OLG Köln, Urt. v. 30.10.2008, 21 U 22/08, Rn. 3, -...