Leitsatz (amtlich)
Bei der Ermittlung des Kapitalkostenabzugs gemäß § 6 Abs. 3 S. 4 ARegV ist eine Fixierung der zwischen dem 01.01.2007 und dem 31.12.2016 vereinnahmten Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge entsprechend der durch § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV geforderten unveränderten Fortführung der kalkulatorischen Restwerte der in diesem Zeitraum aktivieren Anlagengüter nicht geboten. Die Übergangsvorschrift des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV erfasst aus Investitionen folgende Kapitalkosten, nicht aber auch vereinnahmte Ertragszuschüsse. Die in § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV angeordnete Aussetzung des Kapitalkostenabzugs auf Investitionen in vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2016 erstmals aktivierte Anlagengüter betrifft auch in diesem Zeitraum aktivierte Anlagen im Bau.
Tenor
Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14.05.2019 (Az. BK8-17/1781-11) wird aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, die Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung notwendigen Kosten der Beschwerdeführerin trägt die Bundesnetzagentur.
Der Beschwerdewert wird auf ... Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Beschwerdeführerin betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz. Durch den angefochtenen Beschluss vom 14.05.2019 (Az. BK8-17/1781-11) hat die Bundesnetzagentur die kalenderjährlichen Erlösobergrenzen für die 3. Regulierungsperiode Strom (2019 bis 2023) festgelegt. Dabei hat sie Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge, die die Beschwerdeführerin in dem Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2016 vereinnahmt hat, für die Berechnung des Kapitalkostenabzugs für die Dauer der 3. Regulierungsperiode auf den kalkulatorischen Restwert des Basisjahrs fixiert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sachlich handele es sich hierbei um Kapitalkostenbestandteile. Es entspreche Sinn und Zweck der Übergangsregelung des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV, die Kapitalkosteneffekte von Neuinvestitionen vollumfänglich vom Kapitalkostenabzug auszunehmen. Eine Ungleichbehandlung positiver und negativer Kostenbestandteile sei ökonomisch nicht begründbar.
Bei der Ermittlung des Kapitalkostenabzugs im Rahmen des § 6 Abs. 3 ARegV hat die Bundesnetzagentur Anlagen im Bau im jeweiligen Jahr der Regulierungsperiode mit Null angesetzt und nicht als Bestandteil des Übergangssockels betrachtet. Zur Begründung hat sie darauf abgestellt, dass Anlagen im Bau nicht vom Anwendungsbereich des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV erfasst seien, da sie keine abgeschlossenen Investitionen des Jahres 2016 darstellten. Anlagen im Bau seien im jeweiligen Jahr der Regulierungsperiode grundsätzlich mit Null anzusetzen, da davon auszugehen sei, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als solche vorhanden, sondern durch Anlagegüter im Sachanlagevermögen ersetzt worden seien. Über den Kapitalkostenaufschlag würden Anlagen im Bau in ihrer jeweiligen tatsächlichen Höhe berücksichtigt. Soweit sich Anlagen im Bau, die im Basisjahr in der Bilanz vorhanden gewesen seien, in der 3. Regulierungsperiode noch immer im Bau befänden, seien sie im Rahmen des Kapitalkostenaufschlags erneut geltend zu machen.
Seit der Novellierung der Anreizregulierungsverordnung im Jahr 2016 (2. Verordnung zur Änderung der ARegV mit Wirkung zum 17.09.2016 (BGBl. I, 2147)) gilt der sogenannte Kapitalkostenabgleich, der durch die Beseitigung der bisherigen systemimmanenten negativen wie positiven Sockeleffekte eine Abkehr von dem basisjahrorientierten Budgetansatz darstellt. Zur Erleichterung des Systemübergangs vom Budgetprinzip zum Kapitalkostenabgleich für Investitionen aus den ersten beiden Regulierungsperioden hat der Verordnungsgeber die Übergangsregelung in § 34 Abs. 5 ARegV eingefügt. In der Verordnungsbegründung (BR-Drs. 296/16, S. 49) heißt es hierzu:
"Absatz 5 enthält eine Übergangsregelung für die vorübergehende Beibehaltung des bisherigen positiven Sockeleffekts für Investitionen in die Strom- bzw. Gasverteilernetze. Grundsätzlich ist die Refinanzierung dieser Investitionen über die Erlösobergrenzenbudgets und deren Anpassungen der ersten beiden Regulierungsperioden sowie die künftige Anerkennung der Kapitalkosten gesichert, sodass aus dem Systemwechsel grundsätzlich kein weiterer Anspruch auf einen Fortbestand eines positiven Sockels folgt. Um dennoch individuelle Härtefälle zu vermeiden, wird der Sockeleffekt für eine Regulierungsperiode beibehalten. Die auf die genannten Anlagegüter und den genannten Zeitraum begrenzte Gewährung eines Übergangssockels stellt einen Ausgleich zwischen den möglichen Renditeeinbußen einzelner Netzbetreiber durch den Systemwechsel und den Interessen der Netzkunden dar. [...]
Zur Berechnung des Sockels nach § 34 Absatz 5 werden die Kapitalkosten für Investitionen in betriebsnotwendige Anlagegüter, die im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis einschließlich 31. Dezember 2016 erstmals aktiviert wurden, für die Dauer der dritten Regulierungs...