Leitsatz (amtlich)
1. Ein Rechtsanwalt/Notar, der im Nachlassverfahren mögliche Erben vertritt, hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass ihm die Nachlassakten zum Zwecke der Einsichtnahme in seine Büroräume übersandt werden.
2. Die Aktenübersendung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, wobei das Interesse an einem reibungslosen Verfahrensgang (Minimierung des Verlustrisikos) gegen das Gewicht einer zu besorgende Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Antragstellers (oder seines Mandanten) abzuwägen ist.
Normenkette
FGG §§ 19, 34 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 13.05.2008; Aktenzeichen 7 T 90/08) |
AG Duisburg (Aktenzeichen 12 VI 605/01) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Beschwerdewert: Bis 300 EUR.
Gründe
I. Am 30.7.2000 verstarb der Erblasser in Duisburg, seinem letzten Wohnsitz.
Der Antragsteller, der im Nachlassverfahren mögliche Erben vertritt, hat zunächst beantragt, ihm die Nachlassakten zum Zwecke der Einsichtnahme beim AG Meppen zur Verfügung zu stellen. Diesem Antrag hat das AG Duisburg entsprochen.
Sodann hat der Antragsteller beantragt, ihm die an das AG Meppen übersandte Akte zwecks Einsichtnahme in seine Büroräume zu schicken.
Das AG hat dies mit Beschluss vom 31.3.2008 abgelehnt, da es sich an Rechtsprechung und Schrifttum gebunden sehe.
Hiergegen hat sich der Antragsteller beschwert.
Das LG hat am 13.5.2008 die Beschwerde zurückgewiesen, wogegen sich die weitere Beschwerde des Antragstellers richtet.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.1. Soweit mit Blick auf die Entscheidung des BayObLG (FGPrax 1995, 72) Bedenken gegen die Beschwerdeberechtigung des Antragstellers bestehen könnten, weil der Beschwerdeführer das mit dem Antrag auf Akteneinsicht geltend gemachte Interesse auf rechtliches Gehör letztlich aus seinem Mandat herleitet, mögen diese dahinstehen. Denn das Rechtsmittel ist jedenfalls in der Sache nicht begründet, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Rechtsverletzung beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
2. Die Kammer hat ausgeführt, die Beschwerde des Antragstellers habe keinen Erfolg.
Nach einhelliger Auffassung handele es sich bei der Verweigerung oder Beschränkung der Akteneinsicht um eine beschwerdefähige Verfügung i.S.v. § 19 Abs. 1 FGG. Die Beschwerde des Antragstellers sei jedoch sachlich unbegründet.
§ 34 Abs. 1 FGG bestimme, dass das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen Einsicht in Akten gewähren kann, wenn ein berechtigtes Interesse glaubhaft ist. Danach habe der Rechtsanwalt eines Beteiligten im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich keinen Anspruch auf Übersendung der Akten in seine Kanzlei [vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 34 Rz. 22; Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., Rz. 14]. Die Aktenübersendung stehe vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Dabei seien die Interessen der Justiz an einem reibungslosen Verfahrensgang einerseits und die besondere Stellung des Rechtsanwalts als selbständiges und unabhängiges Organ der Rechtspflege andererseits zu berücksichtigen. Es werde in der Rechtsprechung vertreten, dass sich das gerichtliche Ermessen auf eine Pflicht zur Aktenübersendung verdichte, wenn nichts dagegen, besondere Gründe aber für die Einsichtnahme in seiner Kanzlei sprechen [so OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.7.1991 - 20 W 201/91]. Selbst unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung habe das AG im Ergebnis zu Recht die Übersendung der Akten in die Kanzlei des Antragstellers abgelehnt. Zwar trage allein der im angefochtenen Beschluss enthaltene Hinweis auf die übliche Verfahrensweise und die Bindung an die bestehende Rechtsprechung die Entscheidung noch nicht. In seinem Nichtabhilfebeschluss vom 23.4.2008 habe das AG jedoch noch ausgeführt, dass die für den Antragsteller für die Feststellung der Erbfolge maßgeblichen Seiten der Akte beim bloßen Durchblättern leicht festgestellt und ihm hiervon auf der Geschäftsstelle Kopien gefertigt werden könnten. Dem sei zuzustimmen.
Entscheidend gegen eine Übersendung der Akte in die Kanzlei des Antragstellers spreche die Gefahr des Verlustes von unwiderbringlichen Originalurkunden in Nachlasssachen. So liege der Akte auch hier ein Urkundenband bei, der Personenstandsurkunden im Original enthalte. Die Gefahr des Verlustes sei allein durch die Verbringung der Akten an einen anderen Ort im Vergleich zum Verbleib auf der Geschäftsstelle des AG erhöht. Dies gelte selbst dann, wenn der Antragsteller die persönliche Abholung und sichere Aufbewahrung in Aussicht stelle. Zwar könne der Originalurkundenband vor Abgabe an den Antragsteller getrennt werden. Dies habe jedoch für ihn zur Folge, dass gerade die zur Erbfolgefeststellung notwendigen Dokumente bei Bearbeitung in seiner Kanzlei nicht vollständig vorlägen.
Demgegenüber habe der Antragsteller keine besonderen Umstände dargelegt, die die Akteneinsicht bei Gericht für ihn nicht zumutbar erscheinen lassen. Allein der pauschale Hinweis darauf, dass es sich bei der Nachlassakte um eine besonders ...