Leitsatz (amtlich)
1. Ist einem von zwei gesamtschuldnerisch haftenden Erstschuldnern Prozesskostenhilfe gewährt worden, stehen einer Inanspruchnahme des Weiteren Erstschuldners wegen der gesamten Gerichtskosten § 31 Abs. 2 und 3 GKG nicht entgegen.
2. Anstelle des Weiteren Erstschuldners kann unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 GKG auch ein Zweitschuldner wegen der gesamten Gerichtskosten in Anspruch genommen werden; § 31 Abs. 3 Satz 1 GKG hindert dies nicht.
Normenkette
GKG § 31 Abs. 2-3
Verfahrensgang
LG Krefeld (Beschluss vom 25.10.2008; Aktenzeichen 6 T 135/08) |
AG Nettetal (Beschluss vom 07.05.2008; Aktenzeichen 17 C 392/06) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Krefeld vom 25.10.2008 wird zurückgewiesen.
Auf die weitere Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Krefeld vom 25.10.2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Erinnerung der Kostenschuldnerin gegen den Kostenansatz des AG Nettetal vom 7.5.2008 (Bl. IIIb GA) wird zurückgewiesen.
Das Verfahren der weiteren Beschwerden ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die weitere Beschwerde der Landeskasse vom 10.11.2008 (Bl. 217, 221 f. GA) und die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin vom 18.11.2008 (Bl. 219 f. GA) richten sich gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Krefeld vom 25.10.2008 (Bl. 210 ff. GA) und damit gegen die im Beschwerdeverfahren erfolgte Abänderung des Kostenansatzes des AG Nettetal vom 7.5.2008 (Bl. IIIb GA). Es ist nicht zu beanstanden, dass das LG den Beschluss des AG Nettetal vom 21.7.2008 (Bl. 190 GA) als Erinnerungsentscheidung ausgelegt und beschieden hat. Die weiteren Beschwerden sind kraft Zulassung gem. § 66 Abs. 4 GKG zulässig.
1. Die weitere Beschwerde der Landeskasse erweist sich als begründet. Die Entscheidung des LG beruht insoweit auf einem Rechtsfehler, als sie vorliegend von einem Anwendungsfall des § 31 Abs. 3 Satz 1 GKG ausgeht. Die Kostenschuldnerin wird hierdurch nicht vor einer Inanspruchnahme als Zweitschuldnerin geschützt.
a) Die Haftung der Kostenschuldnerin ergibt sich aus § 22 Abs. 1 GKG, da sie das Klageverfahren beantragt hat. Die Beklagten zu 1) und 2) haften demgegenüber aufgrund Beschlusses des AG Nettetal vom 26.3.2008 (Bl. 159 ff. GA) als Entscheidungsschuldner gem. § 29 Nr. 1 GKG, weil ihnen als Gesamtschuldnern die die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind.
Mehrere Kostenschuldner sind Gesamtschuldner, § 31 Abs. 1 GKG. Die Voraussetzung und Reihenfolge ihrer Inanspruchnahme ordnet § 31 Abs. 2 GKG an. Daraus ergibt sich, dass vorrangig sog. Erstschuldner (Entscheidungs- und Übernahmeschuldner) in Anspruch zu nehmen sind. Mehrere Erstschuldner können nach allgemeinen Regeln als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden, ohne dass einer verlangen könnte, die Staatskasse möge sich zuerst an den anderen halten oder ihn nur auf den Teil in Anspruch nehmen, der ihn im Innenverhältnis ggü. den anderen Erstschuldnern trifft (vgl. Meyer, GKG, 9. Aufl., § 31 Rz. 15; Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl., § 31 GKG Rz. 4). Dies gilt erst recht, wenn - wie hier - die Erstschuldner als Gesamtschuldner in die Kosten verurteilt worden sind.
b) Vorliegend kann die Staatskasse den Beklagten zu 1) nicht wegen der Gerichtskosten in Anspruch nehmen, weil diesem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, § 122 Abs. 1 Nr. 1a ZPO. Dementsprechend würde ggü. der Staatskasse allein der Beklagte zu 2) als Erstschuldner auf Zahlung der Gerichtskosten in voller Höhe haften. Der Beklagte zu 2) könnte sich demgegenüber nicht auf § 31 Abs. 2 GKG berufen, weil diese Vorschrift nicht im Verhältnis mehrerer Erstschuldner zueinander gilt (vgl. Hartmann, § 31 GKG Rz. 10). Entsprechendes gilt für eine Berufung auf § 31 Abs. 3 Satz 1 GKG; auch diese Norm gilt nur für die Haftung eines anderen Kostenschuldners als des Entscheidungsschuldners (vgl. Hartmann, § 31 GKG Rz. 17). § 31 Abs. 3 Satz 1 GKG ist auch nicht etwa aus verfassungsrechtlichen Gründen auf das Verhältnis gesamtschuldnerisch haftender Erstschuldner entsprechend anzuwenden. Die PKH-Gewährung schützt generell nicht vor einer Inanspruchnahme durch einen denkbaren Ausgleichsanspruch gem. § 426 Abs. 2 BGB (vgl. OLG Frankfurt Rpfleger 1989, 40 f.), so dass ein solcher auch nicht nach dem Rechtsgedanken des § 31 Abs. 3 Satz 1 GKG auszuschließen ist. Sonstige Gründe, das Risiko der Uneinbringlichkeit der im Innenverhältnis begründeten Ausgleichsforderung auf die Staatskasse zu verlagern, sind nicht ersichtlich. Vielmehr muss dieses Risiko wie bei jedem anderen von der Landeskasse allein in Anspruch genommenen Gesamtschuldner auch dann bei diesem verbleiben, wenn dem anderen Gesamtschuldner Prozesskostenhilfe gewährt worden ist.
c) Eine Inanspruchnahme des Beklagten zu 2) erscheint unter den von der Kostenschuldnerin selbst vorgetragenen Gründe nicht aussichtsreich. Danach lebt der 12 jährige Beklagte zu 2) in einem Kinderheim, eine Zwangsvollstreckung...