Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen Wiederaufnahme der künstlichen Ernährung
Verfahrensgang
LG Kleve (Beschluss vom 31.03.2009) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Kleve vom 31.3.2009 aufgehoben und das Verfahren an das LG Kleve zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Betroffene leidet seit mehr als 20 Jahren an Chorea Huntington ("Veitstanz") und steht seit September 1992 unter Betreuung, die durch Beschluss des AG Kleve vom 10.5.2005 (Bl. 684 GA) bis zum 10.5.2010 verlängert worden ist. Durch Beschluss vom 4.5.2004 (Bl. 597 f. GA) wurde die Beteiligte zu 2., die Tochter der Betroffenen, neben der Berufsbetreuerin als weitere Betreuerin für den Bereich der Gesundheitsfürsorge bestellt, in dem beide Betreuerinnen jeweils allein vertretungsberechtigt sind. Zu Beginn des Jahres 2007 verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Betroffenen, weil sie insbesondere wegen ständiger Schluckreflexe weitgehend die Fähigkeit verlor, Nahrung auf natürlichem Weg aufzunehmen. Die aufgenommene Nahrung wurde überdies anschließend erbrochen und führte zwischen Oktober 2006 und Januar 2007 zu einer Gewichtsreduzierung auf unter 39 kg.
Die Berufsbetreuerin hat daraufhin mit Schreiben vom 29.1.2007 (Bl. 710 GA) beantragt, die Anlage einer PEG-Sonde vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen, um die Nahrungszufuhr der Betroffenen sicherzustellen. Als die Zusatzbetreuerin diesem Ansinnen widersprach, hat die Berufsbetreuerin ihren Genehmigungsantrag zurückgezogen und um ihre Entlassung als Betreuerin im Bereich der Gesundheitsfürsorge gebeten. Das AG Kleve hat mit Beschluss vom 2.2.2007 (Bl. 720 f. GA) den Aufgabenkreis der Berufsbetreuerin und der Zusatzbetreuerin für die Gesundheitsfürsorge dahingehend eingeschränkt, dass beide für die Entscheidung für und gegen das Legen einer PEG-Sonde nicht vertretungsberechtigt sind. Außerdem hat das AG unter Bezugnahme auf § 1846 BGB von Amts wegen das Anlegen einer PEG-Sonde zur Gewährung der Ernährung der Betroffenen angeordnet.
Auf die Erstbeschwerde der Zusatzbetreuerin hat das LG durch Beschluss vom 18.7.2007 (Bl. 850 f. GA) die Entscheidung des AG aufgehoben, soweit es den Aufgabenkreis der Zusatzbetreuerin eingeschränkt hat. In dem selben Beschluss hat das LG den Abbruch der "lebenserhaltenden Ernährung" über eine PEG-Sonde vormundschaftsgerichtlich genehmigt. Hierin haben der Verfahrenspfleger der Betroffenen und die Betreiberin des Seniorenheimes, in dem die Betroffene lebt, weitere Beschwerde eingelegt. Durch Beschluss vom 14.8.2007 (Bl. 904 ff. GA) hat der erkennende Senat die weitere Beschwerde des Pflegeheimes als unzulässig verworfen und auf die weitere Beschwerde des Verfahrenspflegers den Tenor des Beschlusses des LG vom 18.7.2007 wie folgt neu gefasst:
"Der Abbruch der lebenserhaltenden Ernährung über eine PEG-Sonde wird vormundschaftsgerichtlich genehmigt. Die Zuführung von kalorienfreien Flüssigkeiten zur Durstverhinderung und von Medikamenten zur Schmerzlinderung mittels einer PEG-Sonde darf nicht verhindert werden."
Am 17.8.2007 begann die Zeit der Nahrungskarenz, in der die Betroffene nur noch Flüssigkeiten und Medikamente über die Nährsonde erhalten sollte, jedoch keine Nahrung mehr. Nach einem Hausbesuch der Betroffenen im Pflegeheim rügte der praktische Arzt, K., mit Schreiben vom 6.9.2007 (Bl. 936 f. GA), er habe in seiner "fast 30jährigen Tätigkeit als Hausarzt ... nie erlebt, dass ein Patient verhungernd in den Tod möchte ..." Desweiteren wurde aufgrund einer anonymen Anzeige die Staatsanwaltschaft Kleve eingeschaltet, die ihrerseits Rücksprache mit dem AG Kleve aufnahm. In einem von dem Vormundschaftsrichter anberaumten Ortstermin vom 14.9.2007 (vgl. Protokollvermerk Bl. 941 f. GA) erstattete der gerichtliche Sachverständige, Prof. Dr. B., der schon in dem Vorverfahren als Sachverständiger tätig geworden war, zur Klärung der Sachlage ein mündliches Gutachten. Darin führte er aus: Nach dem Abstellen der Ernährung sei die Betroffene 3 Tage lang vermehrt unruhig gewesen. Dann habe sie sich beruhigt. Jetzt falle wieder eine verstärkte psychomotorische Unruhe auf. Das könne Ausdruck der Grunderkrankung sein. Man könne aber auch nicht ausschließen, dass diese Unruhe Ausdruck eines vermehrten Leidens der Betroffenen sei. Mit dem Hungergefühl gingen auch Qualen für die Betroffene einher. Solche Hungergefühle seien - was auch vorhersehbar gewesen sei, - bei unterbliebener Ernährung normal. Bei einer ex-ante-Betrachtung sei damit zu rechnen gewesen, dass die Betroffene bei einer Einstellung der Ernährung innerhalb von 3 Wochen versterbe. Die jetzige Situation, dass sie nach mehr als 3 Wochen noch lebe, sei nicht absehbar gewesen und ihr Leiden verlängere sich dadurch in einer Weise, mit der nicht zu rechnen gewesen sei.
Das AG Kleve hat daraufhin durch Beschluss vom 14.9.2007 (Bl. 945 f. GA) den Aufgabenkreis der Berufsbetreuerin und der Zusatzbetreuer...