Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Vorschussüberschreitung ist die Entschädigung des Sachverständigen nicht auf den Betrag des eingezahlten Vorschusses zu kürzen; zuzubilligen ist dem Sachverständigen eine Überschreitung des Vorschussbetrages, die unterhalb der eine Mitteilungspflicht begründenden Erheblichkeitsgrenze liegt.
2. Im Regelfall wird eine Überschreitung des Auslagenvorschusses jedenfalls dann wesentlich sein, wenn die voraussichtliche Entschädigung um mehr als 20 bis 25 % über dem Vorschuss liegt.
Normenkette
ZPO § 407a Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
LG Krefeld (Beschluss vom 16.08.2004; Aktenzeichen 4 OH 15/01) |
Tenor
Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Krefeld v. 16.8.2004 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Krefeld v. 16.8.2004 (Bl. 332 f. GA) ist gem. § 16 Abs. 2 ZSEG zulässig, jedoch unbegründet. Es ist nicht zu beanstanden, dass das LG in dem angefochtenen Beschluss die Entschädigung für die gutachterliche Tätigkeit des Antragstellers auf insgesamt 1.250 Euro festgesetzt hat.
Die vom Antragsteller gem. Kostenrechnung v. 31.1.2004 (Bl. 283 GA) liquidierte Entschädigung i.H.v. 1.881,47 Euro war zu kürzen. Das LG hat - was von der Beschwerde nicht angegriffen wird - die Voraussetzung für eine Kürzung der Entschädigung wegen Verletzung der aus § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO folgenden Hinweispflicht bejaht. Entgegen der Auffassung der Staatskasse ist nach Ansicht des Senats jedoch im Falle einer Vorschussüberschreitung die Entschädigung nicht auf den Betrag des eingezahlten Vorschusses zu kürzen; zuzubilligen ist dem Sachverständigen eine Überschreitung des Vorschussbetrages, die unterhalb der eine Mitteilungspflicht begründenden Erheblichkeitsgrenze liegt (OLG Nürnberg v. 10.10.2002 - 6 W 1891/02, MDR 2003, 479 = OLGReport Nürnberg 2003, 76; OLG Celle v. 24.3.1997 - 8 W 432/96, NJW-RR 1997, 1295).
Im Falle der schuldhaften Versäumung der dem Sachverständigen obliegenden Mitteilungspflicht ist seine Entschädigung um den Betrag der Kosten zu kürzen, die bei rechtzeitiger Mitteilung nicht entstanden wären (Meyer/Höver/Bach, Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 21. Aufl., § 3 Rz. 10.1). Maßgeblicher Zeitpunkt ist mithin das Entstehen der Mitteilungspflicht. Diese wird nach § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO im Falle der Vorschussüberschreitung jedoch erst dann begründet, wenn die voraussichtlichen Kosten den angeforderten Vorschuss erheblich überschreiten. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich im Voraus nicht immer exakt abschätzen lässt, welche Kosten anfallen werden. Im Umkehrschluss folgt daraus: Eine Erhöhung unterhalb der Erheblichkeitsgrenze begründet keine Hinweispflicht des Sachverständigen. Unerhebliche Vorschussüberschreitungen können mithin nicht auf eine Verletzung der Hinweispflicht zurückgeführt werden. Mangels Zurechnungszusammenhangs zwischen einer Pflichtverletzung und dem Anfall unerheblicher Mehrkosten kommt eine Kürzung des unerheblichen Mehrkostenanteils nicht in Betracht.
Die Erheblichkeitsgrenze ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und u.a. von der Höhe der Gutachterkosten abhängig. Im Regelfall wird eine Überschreitung des Auslagenvorschusses jedenfalls dann wesentlich sein, wenn die voraussichtliche Entschädigung um mehr als 20 bis 25 % über dem Vorschuss liegt (OLG Nürnberg v. 10.10.2002 - 6 W 1891/02, MDR 2003, 479 = OLGReport Nürnberg 2003, 76; OLG Celle v. 24.3.1997 - 8 W 432/96, NJW-RR 1997, 1295; Meyer/Höver/Bach, Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 21. Aufl., § 3 Rz. 7.2; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 407a Rz. 3; für den Kostenanschlag beim Werkvertrag: Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 650 Rz. 2).
Unter den Umständen des vorliegenden Falles begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass das LG erst den über 125 % des Vorschussbetrages hinausgehenden Kostenanteil als wesentliche Überschreitung angesehen und die Entschädigung des Antragstellers auf 125 % des Vorschussbetrages festgesetzt hat.
II. Der Kostenausspruch folgt aus § 16 Abs. 5 ZSEG.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 250 Euro.
Fundstellen