Leitsatz (amtlich)
Gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass zur Feststellung der Erbfolge tatsächliche Ermittlungen erforderlich sind, so ist die von einem überlebenden Ehegatten oder einem Abkömmling vor dem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung zum Nachweis für die negative Tatsache, dass außer einem bestimmten, zum Erben eingesetzten Abkömmling des Erblassers keine weiteren, das Erbrecht dieses Berufenen schmälernden Abkömmlinge vorhanden sind, im Grundbuchantragsverfahren grundsätzlich als Beweismittel zu berücksichtigen.
Normenkette
GBO § 35 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Kleve (Beschluss vom 06.10.2009; Aktenzeichen 4 T 74/09) |
AG Kleve (Aktenzeichen Grundbuch von Nierswalde) |
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird geändert.
Die Zwischenverfügung des AG - Grundbuchamt - Kleve vom 18.12.2008/20.2.2009 wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, von den dort geäußerten Bedenken Abstand zu nehmen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1. beantragt, das im Eingang bezeichnete Grundbuch im Wege der Grundbuchberichtigung auf die Beteiligten zu 1. und 2. als Erben der dort eingetragenen Eigentümerin - in ungeteilter Erbengemeinschaft - umzuschreiben. Zur Begründung macht er geltend:
Die eingetragene Eigentümerin sei seine und des Beteiligten zu 2., seines Bruders, Großmutter. Sie sei am 8.8.2008 verstorben. Ihr Ehemann sei vorverstorben. Bereits im Jahre 1993 sei ihre Tochter, die Mutter der Beteiligten, gleichfalls vorverstorben. Diese habe als einzige Abkömmlinge die beiden aus ihrer Ehe mit Herrn K. E. hervorgegangenen Kinder hinterlassen, und zwar ihn sowie den Beteiligten zu 2.
Der Beteiligte zu 1. hat mit notarieller Urkunde vom 2.12.2008 an Eides statt versichert, ihm sei nichts bekannt, was der Richtigkeit seiner vorstehenden Angaben entgegenstehe.
Die Erblasserin und ihr Ehemann sowie deren Tochter, Frau M. E., geborene N., hatten zu notarieller Urkunde vom 27.1.1966 einen Erb- und Unterhaltsvertrag geschlossen, in dem es u.a. hieß:
"Zur alleinigen Erbin des Nachlasses des Längstlebenden von uns berufen wir unsere Tochter Frau M.E. geborene N. und ersatzweise ihre Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge. Sollte unsere Tochter vor uns sterben ohne Abkömmlinge zu hinterlassen, so wird ihr Ehemann K.E. Ersatzerbe."
Des Weiteren war vorgesehen, dass die Tochter ihren Geschwistern Abfindungen zu zahlen habe; in diesem Zusammenhang war bestimmt, Ersatzvermächtnisnehmer seien die jeweiligen ehelichen Abkömmlinge eines Vermächtnisnehmers.
Mit Verfügung vom 18.12.2008, ergänzt durch Verfügung vom 20.2.2009, hat das Grundbuchamt dem Beteiligten zu 1. die Vorlage eines Erbscheins nach Frau M.E. aufgegeben. Ohne diesen, so das AG, könne dem Antrag auf Grundbuchberichtigung nicht entsprochen werden, weil das Grundbuchamt nicht feststellen könne, wieviele und welche Abkömmlinge der Frau M.E. vorhanden seien.
Hiergegen hat sich der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1. für diesen mit seiner Erstbeschwerde gewandt, die vor dem LG ohne Erfolg geblieben ist.
Die Zurückweisung seiner Beschwerde greift der Beteiligte zu 1. nunmehr mit seinem weiteren Rechtsmittel an, dem der Beteiligte zu 2. nicht entgegentritt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakte und der Testamentsakte 17 IV 128/80 AG Kleve Bezug genommen.
II. Auf das vorliegende Verfahren sind die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden, Art. 111 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 FGG-RG i.V.m. Art. 112 Abs. 1 FGG-RG.
Das danach gem. §§ 78 Satz 1, 71 Abs. 1, 80 GBO als weitere Beschwerde zulässige Rechtsmittel des Beteiligten zu 1. hat auch in der Sache Erfolg, weil die Entscheidung des LG auf einer Rechtsverletzung i.S.d. §§ 78 Satz 2 GBO, 546 ZPO beruht.
1. Das LG hat ausgeführt:
Beruhe die Erbfolge auf einer in einer öffentlichen Urkunde enthaltenen Verfügung von Todes wegen - hier auf dem Erbvertrag aus dem Jahre 1966 -, genüge es gem. § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO grundsätzlich, anstelle eines Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über deren Eröffnung vorzulegen, was hier geschehen sei. Jedoch könne das Grundbuchamt nach § 35 Abs. 1 Satz 2, Halbs. 2 GBO die Vorlage eines Erbscheins verlangen, wenn es die Erbfolge durch die vorbezeichneten Urkunden nicht für nachgewiesen erachte. Es stehe indessen nicht im Belieben des Grundbuchamtes, den Erbschein zu fordern. Vielmehr habe es die Verfügung von Todes wegen nach Form und Inhalt zu prüfen, und nur wenn sich hierbei wirkliche Zweifel tatsächlicher Art hinsichtlich des behaupteten Erbrechts ergäben, könne das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins verlangen. Nach diesen Grundsätzen habe das AG im gegebenen Fall zu Recht die Vorlage eines Erbscheins verlangt. Es habe die Möglichkeit des Vorhandenseins weiterer Abkömmlinge der Mutter der Beteiligten nicht allein aufgrund der Angabe eines ehelichen Abkömmlings, sei diese auch eidesstattlich versichert, und de...