Verfahrensgang
LG Wuppertal (Entscheidung vom 28.07.2010; Aktenzeichen 3 O 466/09) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 28. Juli 2010 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 26.039,00 EUR
Gründe
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die gegen die Entscheidung vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine dem Kläger günstigere Entscheidung.
I.
Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 3. März 2011. Dort hat er im Wesentlichen ausgeführt:
Es kann offen bleiben, ob der vom Kläger gestellte Feststellungsantrag bereits unzulässig ist, denn die Klage ist insgesamt unbegründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Verletzung von anwaltlichen Beratungspflichten nach §§ 611 ff., 675, 280 Abs.1 BGB zu.
Auftrag des Beklagten war es, etwaige Regressansprüche gegen Rechtsanwalt Dr. G. aus Bonn (im Folgenden: Prozessanwalt) zu prüfen. Die dem Kläger dazu erteilte Beratung war zutreffend. Denn ein Regressprozess gegen den Prozessanwalt hatte keine Aussicht auf Erfolg. Eine Pflichtwidrigkeit des Prozessanwalts bei der Bearbeitung des für den Kläger geführten Kündigungsschutzprozesses, die dessen Schadensersatzpflicht begründet hätte, lässt sich nicht feststellen, ist jedenfalls nicht ursächlich geworden für Gehaltsschäden des Klägers.
Der Kläger wirft dem Beklagten folgendes vor: Seine Beratung sei falsch gewesen, da zum Zeitpunkt der Beratung Anfang des Jahres 2006 sehr wohl noch ein durchsetzbarer Schadensersatzanspruch gegen den Prozessanwalt bestanden habe. Dieser habe schuldhaft seine Pflichten aus dem Anwaltsdienstvertrag verletzt, indem er in dem Kündigungsschutzverfahren 4 Ca 1850/99 ArbG Bonn nicht genügend zu dem nach Ansicht des Klägers täuschenden Verhalten seiner Arbeitgeberin bei und nach der Kündigung vorgetragen und die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen nicht anhand der einschlägigen Rechtsprechung dargestellt habe.
Dieser Vortrag ist nicht geeignet, eine Schadenersatzverpflichtung des Beklagten zu begründen, weil eine Schadensersatzverpflichtung des Prozessanwalts nicht entstanden war.
1.
Grundsätzlich ist der Rechtsanwalt aufgrund des Anwaltsvertrags in den Grenzen des ihm erteilten Mandats (BGH MDR 1998, 1378; MDR 1996, 2648 f.; Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Auflage, Rn. 482 m.w.N.) verpflichtet, die Interessen seines Mandanten nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen und Schädigungen seines Auftraggebers, mag deren Möglichkeit auch nur von einem Rechtskundigen vorausgesehen werden können, zu vermeiden. Soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. In den Grenzen des Mandats hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziel zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGH WM 1993, 1376; WM 2007, 419; NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560). Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des einzelnen Falles (BGH WM 1996, 1824; 2008, 1560). Ziel der anwaltlichen Rechtsberatung ist es, dem Mandanten eigenverantwortliche, sachgerechte (Grund-) Entscheidungen ("Weichenstellungen") in seiner Rechtsangelegenheit zu ermöglichen (BGH NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560; Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, a.a.O., Rn. 558).
2.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Beklagte pflichtgemäß gehandelt, indem er dem Kläger von einem Schadensersatzprozess gegen den Prozessanwalt abgeraten hat. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass ein solcher Prozess Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Der hierfür darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat nicht schlüssig dargetan, dass eine Pflichtverletzung seines Prozessanwalts vorlag, die für den vom Kläger geltend gemachten Schaden kausal geworden wäre.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist es nicht dem Prozessanwalt anzulasten, dass die zuständigen Arbeitsgerichte die Kündigung seiner Arbeitgeberin für wirksam gehalten haben.
a)
Der Prozessanwalt konnte die Unwirksamkeit der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit nicht mehr mit Erfolg geltend machen, denn zum Zeitpunkt seiner Beauftragung war die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach § 4 S. 1 KSchG bereits verstrichen. Danach galt die Kündigung, wenn sie nicht aus anderen Gründen unwirksam war, als von Anfang an rechtswirksam, § 7 KSchG. Nach § 4 S. 1 KSchG ist innerhalb von 3 Wochen nach Zugang ...