Leitsatz (amtlich)

Den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten ist die Aufbringung der Kosten des Prozesses in der Regel nicht zuzumuten, wenn der im Falle der Durchführung des Rechtsstreits für den Gläubiger bei der Verteilung zusätzlich zu erwartende absolute Betrag weniger als das Doppelte des anfallenden Kostenbeitrags beträgt. Eine Vorschusspflicht kommt vielmehr regelmäßig erst bei einem im Fall des Prozesserfolgs erzielbaren Ertrag von deutlich mehr als dem Doppelten des aufzubringenden Vorschusses in Betracht (Anschluss an BGH, Beschl. v. 19.07.2018 - IX ZB 24/16; Beschl. v. 26.04.2018 - IX ZB 29/17).

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist nicht bereits deshalb mutwillig, weil die Prozessführung für die Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens nicht erforderlich ist und der für die Gläubiger zu erwartende Ertrag nicht so hoch ist, dass ihnen die Aufbringung der Prozesskosten zuzumuten ist.

 

Normenkette

ZPO § 114 Abs. 1 S. 1 letzter Hs, § 116 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 1 O 63/18)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 03.07.2018 wird der Beschluss der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Duisburg vom 07.06.2018 (1 O 63/18) in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 18.07.2018 abgeändert.

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage auf Rückgewähr von 7.000 EUR nebst Zinsen gemäß Schriftsatz vom 07.03.3018 unter Beiordnung von Rechtsanwalt K bewilligt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller beabsichtigt als Verwalter in dem mit Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 21.11.2015 (63 IN 80/15) eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der W. UG (haftungsbeschränkt) (Schuldnerin) den Antragsgegner auf Zahlung von 7.000 EUR nebst Zinsen unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung in Anspruch zu nehmen. Dem liegt eine Zahlung zugrunde, die die Schuldnerin am 14.04.2015 - etwas mehr als einen Monat vor dem eigenen Insolvenzantrag am 22.05.2015 - an den Antragsgegner, den Bruder des Geschäftsführers der Schuldnerin, geleistet hat. Der Antragsteller hält die Zahlung für anfechtbar nach § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO. Er hat um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage gebeten und hierzu geltend gemacht, er sei nicht in der Lage, die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse aufzubringen und den wirtschaftlich beteiligten Gläubigern sei nicht zuzumuten, diese Kosten aufzubringen. Die vorhandenen Mittel beliefen sich aktuell auf 8.936,47 EUR, die voraussichtlichen Massekosten unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 10.304,97 EUR auf 7.955,45 EUR. Bei einer freien Masse von 981,02 EUR seien die zu erwartenden Kosten der Rechtsverfolgung von voraussichtlich 1.780,68 EUR nicht gedeckt. Den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten sei die Aufbringung der Kosten des Rechtsstreits nicht zuzumuten, da im Falle des Obsiegens bei insgesamt zur Tabelle angemeldeten Forderungen i.H. von 71.973,70 EUR bei keinem der Gläubiger die zu erwartende absolute Quotenverbesserung den auf ihn entfallenden Kostenanteil um das 5fache überschreite. Dabei sei ein Abschlag für das Prozess- und Vollstreckungsrisiko noch gar nicht vorgenommen worden.

Das Landgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers zurückgewiesen, da der Antragsteller die Prozesskosten bei zutreffender Berechnung der Kosten des Insolvenzverfahrens nach einem Gegenstandswert von 8.936,740 EUR aus der Insolvenzmasse aufbringen könne; dies gelte ebenfalls - erst recht -, wenn die geltend gemachte Forderung vollständig eingezogen werden könnte, aber auch, wenn sie lediglich zur Hälfte eingezogen werden könnte.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er geltend macht, das Landgericht habe die Kosten des Insolvenzverfahrens zu Unrecht lediglich auf der Grundlage des derzeitigen Massebestandes berechnet, da in dem Insolvenzverfahren bislang insgesamt Beträge i.H.v. 10.304,97 EUR vereinnahmt worden seien und dies der Berechnung der Massekosten zugrundezulegen sei. Darauf, ob die Prozesskosten nach Einzug der Forderung möglicherweise aus der Insolvenzmasse getragen werden könnten, komme es nicht an.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, unter Zugrundelegung der Erläuterungen des Antragstellers seien die Kosten für den beabsichtigten Prozess mit den derzeit vorhandenen Mitteln zwar i.H.v. 799,66 EUR nicht gedeckt, jedoch sei entweder den wirtschaftlich Beteiligten die Bevorschussung der Prozesskosten in dieser Höhe zuzumuten, weil davon auszugehen sei, dass die Forderung in einer auch in Anbetracht der aufzubringenden Kosten lohnenden Höhe eingezogen werden könne, oder die Prozessführung sei mutwillig, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich die Prozessführung in Anbetracht der dafür von den wirtschaftlich Beteiligten aufzubringenden Kosten einerseits und den Beitreibungsaussichten andererseits lohne. Für die Deckung der Ko...

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