Verfahrensgang
BKartA (Beschluss vom 26.08.2015; Aktenzeichen B2-98/11) |
Tenor
- I. Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 26.8.2015 - B2-98/11 - wird zurückgewiesen.
- II. Die Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und die dem Beschwerdegegner zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit entstandenen notwendigen Auslagen.
- III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
- IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3 Mio. EUR.
Gründe
I. Die Betroffene (fortan auch: B. Deutschland) ist die deutsche Tochtergesellschaft der B. Europe B. V., die ihrerseits zur B. Corporation mit Sitz in.... gehört. Die B. Corporation produziert Sportschuhe, Sporttextilien und Sport-Accessoires, vor allem im Bereich des Laufsports. Der Vertrieb dieser Artikel erfolgt in Deutschland durch die Betroffene über eigene stationäre Geschäfte, seit dem Herbst 2014 zudem über einen herstellereigenen deutschsprachigen Online-Shop und darüber hinaus über Händler, die stationäre Geschäfte und/oder Online-Shops betreiben. Mit dem Warenvertrieb erwirtschaftete B.. in den Geschäftsjahren 2011 und 2012 weltweit Umsätze in Höhe von... Mrd. EUR (2011) bzw.... Mrd. EUR (2012), wobei auf den Absatz in Deutschland Umsätze in Höhe von.... Mio. EUR (2011) bzw.... Mio. EUR entfielen.
Zunächst unterlagen die von B. Deutschland mit Waren belieferten Händler keinen besonderen Zulassungsvoraussetzungen. Im Jahr 2011 begann die Betroffene, auf der Grundlage des so genannten "Vertriebssystems 1.0" (erstmalig) einen Selektivvertrieb einzuführen. Zum Gegenstand des neuen Vertriebssystems gehörten u.a. die beiden folgenden Vertragsbestimmungen (vgl. hierzu die von der Betroffenen formulierten "Allgemeinen Aufnahmekriterien für einen konventionellen Händler [AA-KH]" bzw. die "Allgemeinen Aufnahmekriterien für Internethändler [AA-IH]"):
- "Darüber hinaus soll der autorisierte B..-Händler nicht... einem Dritten erlauben, Markenzeichen von B.. in jeglicher Form auf der Internetseite des Dritten auszustellen. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist die Verwendung von Markenzeichen von B.. auf den Internetseiten Dritter ebenso verboten, wenn diese Markenzeichen dazu verwendet werden, um Kunden auf die Internetseite des autorisierten B.-Händlers oder sonstige E-Commerce-Seiten zu leiten." (Ziff. 11h AA-KH bzw. Ziff. 2h AA-IH)
- "Darüber hinaus soll der autorisierte B.-Händler nicht... die Funktionalität von Preisvergleichsmaschinen unterstützen, indem er anwendungsspezifische Schnittstellen ("APIs") für diese Preisvergleichsmaschinen zur Verfügung stellt." (Ziff. 11i AA-KH bzw. Ziff. 2i AA-IH)
Im September 2011 hat das Bundeskartellamt gegen die Betroffene ein Verfahren nach § 32 GWB wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und § 20 Abs. 1, Abs. 2 GWB a.F. in Zusammenhang mit dem "Vertriebssystem 1.0" eingeleitet.
Die Betroffene hat das vorbezeichnete Vertriebssystem gegenüber etwa 2.000 Händlern in Deutschland zumindest bis zum 31.12.2014, nach Behauptung des Amts darüber hinaus bis zum 25.2.2015 praktiziert. Spätestens seit diesem Zeitpunkt wendet die Betroffene ein neues selektives Vertriebssystem an, das u.a. die beiden oben zitierten Bestimmungen nicht mehr enthält.
Das Bundeskartellamt sieht in der vormaligen Anwendung zumindest der beiden zitierten Vertragsbestimmungen jeweils einen Kartellrechtsverstoß nach Art. 101 Abs. 1 AEUV und § 1 GWB, in Bezug auf welchen weder eine Gruppenfreistellung nach Art. 2 Abs. 1 VO (EU) Nr. 330/2010 - Vertikal-GVO - bzw. § 2 Abs. 2 GWB i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Vertikal-GVO noch eine Einzelfreistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. § 2 Abs. 1 GWB in Betracht komme. Beide Klauseln beinhalteten jeweils eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung und stellten Kernbeschränkungen im Sinne von Art. 4 Buchst. c) Vertikal-GVO dar. Mit ihnen werde der Händlerwettbewerb über das Internet zumindest im Hinblick auf den passiven Verkauf beschränkt, indem B. den Vertragshändlern pauschal untersage, auf ihre Warenangebote über Preisvergleichsportale oder mit Hilfe dritter Internetseiten unter Verwendung der Marke B. hinzuweisen.
Das Amt hat wegen der insoweit von ihm angenommenen Kartellrechtsverstöße mit seiner vorliegend angefochtenen Verfügung unter Berufung auf § 32 Abs. 3 GWB folgenden Ausspruch tenoriert:
"Es wird festgestellt, dass die Anwendung des "Vertriebssystems 1.0" durch die B. Deutschland GmbH,..., gegenüber ihren in Deutschland ansässigen Händlern rechtswidrig war."
Soweit das streitbefangene Vertriebssystem ("1.0") (nach näherer Maßgabe von Ziff. 11b AA-KH bzw. 2b AA-IH) den Vertragshändlern außerdem ein Online-Marktplätze betreffendes Drittplattformverbot auferlegt hatte, hat das Amt im Rahmen seiner Verfügung ausdrücklich dahinstehen lassen, ob es sich (auch) bei diesem Verbot um unzulässige Kernbeschränkungen im Sinne von Art. 4 Buchst. c) Vertikal-GVO handelt.
Gegen die vorstehende Feststellungsverfügung richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte und begründete Besch...