Leitsatz (amtlich)
Die für die rechtlichen Verhältnisse innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft geltende gesteigerte Treuepflicht kann es im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung gebieten, gegenüber Ansprüchen einzelner Wohnungseigentümer (hier: Erstattung aufgrund nichtiger Eigentümerbeschlüsse aufgewendeter Instandsetzungskosten) den Einwand der Verfahrung nicht geltend zu machen.
Normenkette
WEG § 21; BGB § 199 Abs. 1, § 242
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 25 T 87/08) |
AG Düsseldorf (Aktenzeichen 292 II 122/06 WEG) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1 und 2 tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.
Wert: 20.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind die Mitglieder der eingangs näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft, die der Beteiligte zu 4 verwaltet.
Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus zwei Wohnhäusern und einer Tiefgarage. Die Wohnhäuser enthalten insgesamt 21 Wohnungen, die Tiefgarage 18 Garagen.
Verfahrensgegenstand ist die Anfechtung von Beschlüssen der Eigentümerversammlung aus dem Jahr 2006, wonach einzelnen Wohnungseigentümern Kosten für die Erneuerung von Fenstern bzw. die Sanierung von Balkonen erstattet werden und hierfür eine Sonderumlage erhoben werden soll.
Seit Gründung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Jahr 1968 ließen die Wohnungseigentümer Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten an Fenstern und Balkonen auf eigene Kosten durchführen.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 3.4.1990 wurde unter TOP 6 beschlossen:
"TOP 05 Balkonisolierunq Beschluss:
Für die Instandhaltung und Instandsetzung der Balkonisolierung trägt der jeweils den Balkon unmittelbar nutzende Sondereigentümer entsprechend der bisherigen Handhabung die alleinigen Kosten. Die Entscheidung, ob und wie repariert wird, kann dem Sondereigentümer aber nicht übertragen werden, denn die Balkonisolierung ist zwingend Gemeinschaftseigentum.
Einstimmiger Beschluss.
TOP 06 Fenster Beschluss:
Für die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster, der Fensterrahmen und ihrer Isolierung trägt der jeweils das Fenster unmittelbar nutzende Sondereigentümer entsprechend der bisherigen Handhabung die alleinigen Kosten. Die Entscheidung, ob und wie instandgesetzt oder instandgehalten wird, kann aber nicht übertragen werden, denn die Außenfenster sind zwingend Gemeinschaftseigentum. Die Kellerfenster sind von dieser Regelung nicht betroffen.
einstimmiger Beschluss."
In der Eigentümerversammlung vom 20.9.2001 wurde unter TOP 8 wie folgt festgehalten:
"TOP 08 Kostentragungspflicht Balkonsanierungen und Fenstersanierungen
Es wird Bezug genommen auf das Einladungsschreiben zu dieser Versammlung. Der Verwalter erklärt in Übereinstimmung mit dem Rechtsbeistand der Eheleute Prof. S. und den Rechtsvertretern der Deutschbau, dass aufgrund der Entscheidung des BGH vom 20.9.2000 (BGH, Beschl. v. 20.9.2000 - V ZB 58/99: DWE 2000, 113 = NZM 2000, 1184 = ZWE 2000, 518) die nachfolgend im Wortlaut wiedergegebenen Beschlüsse aus dem Jahre 1990 als nichtig angesehen werden müssen:
(Es folgen die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 3.4.1990).
In der Eigentümerversammlung vom 14.10.2004 beschlossen die Miteigentümer unter TOP 12 "Verschiedenes" wie folgt:
"Die Eigentümer, die in der Vergangenheit Fenster oder Terrassen (Balkone) auf eigene Kosten erneuert haben, auf eigene Kosten instandgesetzt haben, werden bis spätestens 31.12.2004 ihre Aufwendungen darlegen und, soweit möglich auch nachweisen (z.B. mit Rechnungen). Sodann wird in einer darauf folgenden Eigentümerversammlung zu beraten und zu beschließen sein, ob und in welcher Höhe die Aufwendungen von der Gemeinschaft erstattet werden."
Unter dem 22.4.2005 lud die Beteiligte zu 3 zur Eigentümerversammlung vom 19.5.2005 ein. Sie fügte u. A. die Tagesordnung, eine Auflistung über die von den Wohnungseigentümern eingereichten Aufwendungen in Gesamthöhe von 22.281,22 EUR sowie einen Sonderumlageplan, der den auf den einzelnen Miteigentümer je nach Höhe der Sonderumlage entfallenden Betrag ausweist, bei.
Unter TOP 11.3 der Eigentümerversammlung vom 19.5.2005 wurde folgender Beschluss gefasst:
"Es wird Bezug genommen auf die mit der Einladung zu dieser Versammlung übermittelten Auflistungen i.H.v. 22.282,12 EUR. Die von den Eigentümern W., G., W., E., G., H., B., A. zur Erstattung angemeldeten Beträge werden aus der Rücklage zu 50 % erstattet. Der Betrag darf erst ausgezahlt werden, wenn die Rücklage ausreichend hoch und die Bezahlung notwendiger und beschlossener Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten dadurch nicht gefährdet ist."
sowie unter TOP 12 eine Sonderumlage beschlossen.
Diese Eigentümerbeschlüsse haben die Beteiligten zu 1 und 2 erfolgreich angefochten, weil das AG Stimmrechtsverstöße angenommen hat.
Mit Schreiben vom 1.8.2006 lud die Beteiligte zu 4 zu der Eigentümerversammlung vom 4.9.2006 ein. Hierbei wies sie darauf hin, dass über die Erstattungsansprüche der Miteigentümer im Einzelnen abgestimmt, ferner über ...