Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhebung des Anrechnungseinwands der Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nicht unbedingt erforderlich; Anrechnung in Übergangsfällen
Normenkette
RVG § 15a
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Kostenfestset-zungsbeschluss der Rechtspflegerin der 12. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Gegenstandswert: 424,50 EUR.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Rechtspflegerin in dem angefochtenen Beschluss nur die um die hälftige Geschäftsgebühr verminderte Verfahrensgebühr gegen den Antragsgegner festgesetzt.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist - entgegen einer zuvor weit verbreiteten Praxis - die Anrechnungsvorschrift ihrem Wortlaut entsprechend so zu verstehen, dass sich nicht etwa die vorgerichtlich anfallende Geschäftsgebühr vermindert, sondern dass die im gerichtlichen Verfahren allein festsetzbare Verfahrensgebühr infolge der Anrechnung nur in verminderter Höhe entsteht (BGH NJW 2007, 2049, 2050; BGH NJW 2008, 1323, 1324).
Hier ergibt sich bereits aus der Antragsschrift, dass die Verfahrensbevollmächtigten den Antragsteller bereits vorgerichtlich vertreten haben, indem sie mit Schreiben vom 27.1.2009 das streitgegenständliche Verhalten abgemahnt haben. Damit ergibt sich bereits aus dem Vorbringen des Antragsstellers, dass eine vorgerichtliche Geschäftsgebühr angefallen ist, die hälftig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht aus dem Beschluss BGH NJW 2008, 1323. Soweit sich der Antragsteller auf den, a.a.O., S. 1325 zu findenden Satz "Zudem ist eine Anrechnung nicht von Amts wegen, sondern erst auf substantiierten, über eine Äußerung bloßer Vermutungen hinausgehenden Einwand des Festsetzungsgegners zu beachten." beziehen, missverstehen sie diesen Satz. Der BGH setzt sich in der betreffenden Passage mit den gegen seine Rechtsprechung erhobenen Einwänden auseinander und verweist letztlich zutreffend auf die Selbstverständlichkeit, dass auch im Kostenfestsetzungsverfahren nicht die Offizialmaxime, sondern der Beibringungsgrundsatz gilt. Die Ausführungen können nicht so verstanden werden, dass der BGH hier ohne jeden Anhalt im Gesetz und ohne jede inhaltliche Begründung eine echte Einrede schaffen wollte. Vielmehr wird der allgemeine zivilprozessuale Grundsatz wiederholt, dass das Gericht den Sachverhalt nicht von Amts wegen aufklärt. Dies ist indes hier auch gar nicht erforderlich, denn der Antragsteller hat die für die Anrechnung erheblichen Tatsachen selber vorgetragen. Die Situation ist damit nicht anders, als bei einer teilweise unschlüssigen Klage: Auch in einem derartigen Fall stellt die Abweisung des unbegründeten Teils trotz Säumnis des Gegners sich nicht als Durchbrechung des Beibringungsgrundsatzes dar. Ebenso wenig, wie man gegen eine unschlüssige Klage den "Unschlüssigkeitseinwand" erheben muss, muss man sich danach gegen einen - teilweise - unschlüssigen Kostenfestsetzungsantrag durch Erhebung einer weder prozessual noch materiell-rechtlich vorgesehenen Einrede verteidigen.
Soweit der Antragsteller in seiner Beschwerdeschrift vom 4.6.2009 auf den neu gefassten § 15a RVG abstellt, ist festzuhalten, dass dieser erst am 5.8.2009 in Kraft getreten ist. Nach § 60 Abs. 1 RVG kann er daher nur auf solche Fälle angewendet werden, in denen der unbedingte Auftrag an den Anwalt nach dem 5.8.2009 erteilt worden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
JurBüro 2009, 586 |
AGS 2009, 444 |
HRA 2009, 7 |
RVGreport 2009, 354 |