Leitsatz (amtlich)
1. Ein vereinbartes Zeithonorar kann der Rechtsanwalt nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Rechnung einfordern.
2. Zu den formellen Anforderungen, denen die Zeithonorarrechnung genügen muss.
3. Der Rechtsanwalt hat grundsätzlich den Nachweis zu führen, dass der geltend gemachte zeitliche Arbeitsaufwand angefallen ist.
Normenkette
BGB §§ 675, 611; RVG § 10
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 28.01.2011; Aktenzeichen 1 O 162/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 28.1.2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 38.740,13 EUR
Gründe
Das Rechtsmittel der Beklagten bleibt ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das LG hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von Anwaltsvergütung i.H.v. 38.740,13 EUR nebst Zinsen verurteilt. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine der Beklagten günstigere Entscheidung.
I. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 1.9.2011. Dort hat er im Wesentlichen ausgeführt:
Die Berufung der Beklagten ist zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Soweit die Klägerin meint, die Berufung der Beklagten sei aufgrund einer falschen Bezeichnung der Adresse der Beklagten in der Berufungsschrift bereits unzulässig, folgt der Senat dem nicht. Zweck der Rechtsmittelschrift ist es, dem Rechtsmittelgericht, bei dem sie einzureichen ist (§ 519 Abs. 1 ZPO), und dem Rechtsmittelgegner, dem sie zuzustellen ist (§ 521 Abs. 1 ZPO), Klarheit über den Gegenstand und die Beteiligten des Rechtsmittelverfahrens zu verschaffen. Die Rechtsmittelschrift und die ihr beigefügten Anlagen müssen dem Rechtsmittelgericht innerhalb der Rechtsmittelfrist insoweit die erforderliche Klarheit verschaffen (Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 519 Rz. 30). Daher ist zwar die Person des Berufungsklägers anzugeben, die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Berufungsklägers ist jedoch keine Zulässigkeitsvoraussetzung (vgl. BGH MDR 2006, 283; BGHZ 102, 332). Im Streitfall gilt nichts anderes. Aus den Angaben der Klägerin in der Berufungserwiderung kann nicht mit hinreichender Sicherheit auf ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Beklagten geschlossen werden. Denn die Einlegung der Berufung ohne Angabe einer ladungsfähigen Anschrift oder unter Angabe einer nicht mehr zutreffenden Anschrift der Beklagten als Berufungsklägerin rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, sie wolle fortan das Verfahren aus dem Verborgenen führen, um sich einer möglichen Kostenpflicht zu entziehen (vgl. BGH MDR 2006, 283).
2. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der zugesprochenen Rechtsanwaltsvergütung i.H.v. 38.740,13 EUR gem. §§ 611, 675 BGB in Verbindung mit der Honorarvereinbarung vom 11.7./12.8.2008.
a) Zu Recht hat das LG festgestellt: Die Beklagte habe als Vertragspartnerin der Klägerin mit dieser eine wirksame Honorarvereinbarung über einen Stundensatz von 295 EUR getroffen. Die Klägerin sei dann durch die Beklagte, vertreten durch ihren Generalbevollmächtigten Dr. U., zunächst beauftragt worden, zur Vergabe eines Grundstücks in der C. C. am Frankfurter Flughafen an die Fa. S. eine erste Stellungnahme unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten abzugeben, sowie danach, eine vertiefte kartell- und beihilferechtliche Begutachtung vorzunehmen. Diese Feststellungen des LG werden mit der Berufung auch nicht angegriffen.
b) Soweit die Beklagte im Rahmen der Berufung einwendet, die Vergütung sei mangels prüfbarer Leistungsbeschreibung der Klägerin in entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 2 S. 1 RVG nicht einforderbar, folgt der Senat dem nicht.
Zwar gilt auch für die Vereinbarung eines Zeithonorars § 10 RVG, wonach der Rechtsanwalt die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Rechnung einfordern kann (BGH NJW 2011, 63; OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 1184; AGS 2006, 530; Gerold/Schmidt-Burhoff, RVG, 19. Aufl., § 10 Rz. 3; Schneider/Wolf-N. Schneider, RVG, 4. Aufl., § 10 Rz. 5 f.). Mit Blick auf Sinn und Zweck der gesetzlich vorgeschriebenen Abrechnung (Transparenzgebot) ist insoweit § 10 Abs. 2 S. 1 RVG analog anzuwenden, soweit die Eigenart der vereinbarten Vergütung eine nähere Spezifizierung erfordert und zulässt (OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 1184 m.w.N.; Senat AGS 2006, 530). Dabei sind an die schriftliche Abrechnung eines vereinbarten Zeithonorars regelmäßig die folgenden formellen Anforderungen zu stellen, um die Vergütung einforderbar zu machen:
- Bezeichnung der Angelegenheit; bei mehreren gleichzeitig abgerechneten Angelegenheiten Auftrennung der Abrechnung nach jeder einzelnen Angelegenheit
- Vorlage eines Leistungsverzeichnisses (time-sheet), das den jeweils abgerechneten Zeitaufwand einer bestimmten Tätigkeit zuordnet, die schlagwortartig zu bezeichnen ist
- Berechnung des Zeithonorars (gesamter Zeitaufwand × Stundensatz = Zeithonorar)
- Bere...