Leitsatz (amtlich)

1. § 29 Abs. 2 EnWG erlaubt nicht die rückwirkende Aufhebung eines Erlösobergrenzenbescheides.

2. Die grundsätzliche Methodik und das Verfahren der Effizienzwertberechnung für die zweite Regulierungsperiode Gas ist - vorbehaltlich der Frage, ob eine Störgröße bei der Ableitung des Effizienzwertes zu berücksichtigen ist - nicht zu beanstanden. Ist der Effizienzwert auf eine mathematisch nicht vertretbare Weise berechnet worden, kann eine nachträgliche Korrektur der Erlösobergrenzenfestlegung nicht auf § 29 Abs. 2 EnWG gestützt werden.

3. Da die Festlegung der Erlösobergrenzen kein Geldleistungs-Verwaltungsakt im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG ist, ist ein Erlösobergrenzenbescheid ggfs. nach § 48 Abs. 1 VwVfG zurückzunehmen. Bei der Frage, ob eine Rücknahme nach § 48 Abs. 1 VwVfG erfolgen kann, sind auch Vertrauensschutzgesichtspunkte zu berücksichtigen.

4. Es liegt in der Regel keine Besonderheit der Versorgungsaufgabe im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 ARegV vor, wenn ein Dritter im Gasversorgungsgebiet ein Fernwärmenetz betreibt und deshalb weniger Kunden an das Gasnetz angeschlossen sind.

5. Die Ermittlung der Tagesneuwerte für betriebsnotwendige Anlagegüter (§ 6 Absatz 3 Satz 2 GasNEV) anhand der Preisindizes gemäß § 6a Absatz 1 GasNEV ist nicht zu beanstanden.

6. § 7 Absatz 1 Satz 3 GasNEV bewertet Grundstücke sachgerecht auf der Basis der Anschaffungskosten.

7. Die Berechnung des Zinssatzes für den die Eigenkapitalquote übersteigenden Anteil des Eigenkapitals (EK li-Zinssatz) anhand von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Umlaufsrenditen (§ 7 Absatz 7 GasNEV) ist nicht zu beanstanden.

8. Die kalkulatorische Gewerbesteuer ist auf der Grundlage der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung im Wege einer. Vcm-Hundert-Hechnunq zu berechnen.

 

Normenkette

EnWG § 29 Abs. 2; VwVfG § 48 Abs. 1-2; GasNEV § 6 Abs. 3 S. 2, § 6a Abs. 1, § 7 Abs. 1 Sätze 3, 5, Abs. 7, § 8; ARegV §§ 12, 15 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Landesregulierungsbehörde (Beschluss vom 08.12.2015; Aktenzeichen VB4-38-20/1.1)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 12.06.2018; Aktenzeichen EnVR 53/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerden der Betroffenen vom 24.07.2014 und vom 08.01.2016 wird der Änderungsbescheid der Landesregulierungsbehörde vom 08.12.2015, Az. VB4-38-20/1.1., und Tenorziffer 7 des Ausgangsbescheids vom 24.06.2014, Az. VB4-38-20/1.1., aufgehoben. Die weiter gehende Beschwerde vom 24.07.2014 wird zurückgewiesen.

Die Betroffene hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlich entstandenen notwendigen Auslagen der Landesregulierungsbehörde und der beteiligten Bundesnetzagentur zu 90 % tragen. Die Landesregulierungsbehörde hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlich entstandenen notwendigen Auslagen der Betroffenen zu 10 % tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird bis zur mündlichen Verhandlung auf x EUR, ab dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auf x EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Beschwerdeführerin ist ein Energieversorgungsunternehmen mit Sitz in Essen, wo sie u.a. das regionale Gasnetz mit 55.788 Ausspeisepunkten betreibt.

Ende 2011 leitete die Landesregulierungsbehörde von Amts wegen das Verfahren zur Bestimmung der Erlösobergrenzen nach § 4 Abs. 1 und 2 der ARegV i.V.m. § 21a Abs. 2 Satz 1 EnWG für die zweite Regulierungsperiode ein. Die Betroffene übermittelte im Verwaltungsverfahren die erforderlichen Daten und Informationen, u.a. den Bericht nach § 6 Abs. 1 Satz 2 ARegV i.V.m. § 28 GasNEV. Unter dem 26.03.2012 teilte die Landesregulierungsbehörde der Betroffenen das aus ihrer Sicht berücksichtigungsfähige Ergebnis der Kostenprüfung mit. Danach belief sich das berücksichtigungsfähige Ausgangsniveau zunächst auf x EUR. Die Betroffene erklärte am 26.03.2012 zu diesem Prüfergebnis:

"(1) Kostenprüfung Gas-Prüfergebnis

Wir haben uns am 26.03.2012 telefonisch über die Ermittlung des sachgerechten Ausgangsniveaus ausgetauscht und sind zu einem abschließenden Ergebnis in Höhe von x EUR gekommen Das Ergebnis wird rechnerisch modifiziert,wenn sich bis zur Anhörung für die Erlösobergrenzenermittlung zur 2. Regulierungsperiode (2013 - 2017) folgende Parameter ändern:

a) die verwendeten Zinssätze zur Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung

b) die Indexreihen zur Berechnung der kalkulatorischen Restwerte."

Vor dem Hintergrund der Änderungen, die sich aus der am 22.08.2013 in Kraft getretenen GasNEV-Novelle ergaben, und unter Berücksichtigung des Saldos des Regulierungskontos der Betroffenen für die Jahre 2009 - 2011 in Höhe von x EUR erhöhte sich das berücksichtigungsfähige Ausgangsniveau später auf x EUR. Mit Schreiben vom 25.02.2013 teilte die Landesregulierungsbehörde der Betroffenen weiter mit, dass ihr Effizienzwert, der für die erste Regulierungsperiode noch 76,10 % betrug, mit 88,38 % ermittelt worden sei.

Durch den zunächst angegriffenen Bescheid vom 24.06.2014 hat die Landesregulierungsbehörde di...

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