Leitsatz (amtlich)
Eine Vollmacht zur Alleinvertretungsbefugnis in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist eine Generalvollmacht auch für den Fall der Betreuungsbedürftigkeit. Sie bedarf keiner Eingrenzung der dem Bevollmächtigten übertragenen Befugnisse, ermächtigt diesen allerdings nicht dazu, außerhalb des rechtsgeschäftlichen Bereichs Einwilligungen zu Eingriffen in die körperliche Integrität oder die persönliche Freiheit zu erklären.
Normenkette
BGB § 1896 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Krefeld (Beschluss vom 27.06.1996; Aktenzeichen 6 T 190/96) |
AG Krefeld (Beschluss vom 09.05.1996; Aktenzeichen 32 XVII B 4094) |
Tenor
Auf die weiteren Beschwerden des Betroffenen und des Betreuers werden der Beschluß des Amtsgerichts Krefeld vom 9. Mai 1996 und der Beschluß des Landgerichts Krefeld vom 27. Juni 1996 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise dahin abgeändert, daß die angeordnete Betreuung für den Aufgabenkreis Vermögensangelegenheiten entfällt.
Gründe
Mit ihnen weiteren Beschwerden wenden sich der Betroffene und der Betreuer dagegen, daß das Landgericht ihre Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Krefeld vom 9. Mai 1996, durch den die Betreuung mit den Aufgabenkreisen Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsvorsorge und Bestimmung des Aufenthaltes angeordnet worden ist, zurückgewiesen hat. Sie zweifeln nicht an, daß der Betroffene betreuungsbedürftig ist, verweisen aber auf eine von den Betroffenen, seiner Ehefrau und den Beteiligten am 5. Mai 1993 getroffene notarielle Vereinbarung, in der es wie folgt heißt:
„Ein jeder von uns bevollmächtigt hiermit, jeweils mit dem Recht zur Alleinvertretungsbefugnis, einen jeden von uns in allen persönlichen und Vermögensrechtlichen Angelegenheiten, soweit dies gesetzlich zulässig ist, gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten….
Die Vollmacht kann für einzelne, von den Bevollmächtigten zu bestimmende Rechtsgeschäfte übertragen werden.
Die Bevollmächtigten sind befugt, Rechtsgeschäfte mit sich in eigenem Namen und als Vertreter Dritter vorzunehmen.
Die Vollmacht soll durch Tod nicht erlöschen; ebenfalls nicht im Falle einer Betreuungsbedürftigkeit.
Sollte einer von uns einen Betreuer benötigen, so soll dieser aus dem Kreis der genannten Personen von dem Amtsgericht – Vormundschaftsgericht – ernannt werden.”
Die zulässigen weiteren Beschwerden sind teilweise begründet.
Für den Aufgabenbereich der Vermögensangelegenheiten des Betroffenen darf gemäß § 1896 Abs. 2 BGB eine Betreuung nicht angeordnet werden, weil diese Angelegenheiten durch die aufgrund der genannten notariellen Vollmacht bevollmächtigten Personen besorgt werden können. Nach ihrem eindeutigen Inhalt betrifft die im vorliegenden Fall erteilte Vollmacht den Gesamtbereich des rechtsgeschäftlichen Handelns für den Betroffenen; sie ist also als sogenannte Generalvollmacht zu erkennen, und zwar auch für den hier eingetretenen Fall der Betreuungsbedürftigkeit. Die Zulässigkeit einer derartigen Vollmacht ist, wie auch das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht zweifelhaft. Entgegen der Auffassung des Landgerichts bedarf eine solche Vollmacht entsprechend ihrer umfassenden Reichweite gerade keiner Eingrenzung der dem Bevollmächtigten übertragenen Befugnisse. Das Fehlen einer solchen Konkretisierung läßt nicht darauf schließen, daß sich der Vollmachtgeber des Umfangs der Vollmacht nicht bewußt gewesen ist. Die vom Landgericht insbesondere im Hinblick auf freiheitsbeschränkende Maßnahmen geäußerten Bedenken hinsichtlich der Klarheit und Bestimmtheit der Vollmacht sind insofern nicht stichhaltig, als die hier erteilte Vollmacht ersichtlich nur den Bereich rechtsgeschäftlichen Handelns in persönlichen und Vermögensrechtlichen Angelegenheiten für den Betroffenen regelt, da im Text der Urkunde mehrfach auf Rechtsgeschäfte abgestellt wird. Dagegen betrifft die Vollmacht nach ihrem Text nicht die Ermächtigung, für den Betroffenen außerhalb des rechtsgeschäftlichen Bereichs Einwilligungen etwa zu Eingriffen in Persönlichkeitsrechte zu erklären.
Demgemäß ist für die Bereiche Gesundheitsvorsorge und Bestimmung des Aufenthalts die angeordnete Betreuung notwendig, weil insoweit nicht allein rechtsgeschäftlich zu handeln ist, wie gerade auch die aufgetretene Frage der Fixierung des Betroffenen gezeigt hat. Bei der Einwilligung zu einem Eingriff in die körperliche Integrität oder in die persönliche Freiheit handelt es sich nicht um eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, sondern um eine Gestattung oder Ermächtigung zur Vornahme tatsächlicher Handlungen, die in den Rechtskreis des Betroffenen eingreifen (BGHZ 29, 46 = NJW 1959, 811).
Für Bereiche Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung hat das Amtsgericht somit zu Recht die Betreuung angeordnet, und die Beschwerden sind insoweit nicht gerechtfertigt.
Für eine Kostenentscheidung besteht kein Anlaß.
Beschwerdewert: 5.000,00 DM.
Fundstellen
Haufe-Index 1340692 |
FuR 1998, 87 |
MittRhNotK 1998, 16 |
Rpfleger 1997, 379 |