Tenor
Der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen, darunter den angerufenen Vergabesenat, ist zulässig
Gründe
I. Mit am 03.11.2017 abgesandter Bekanntmachung schrieb die Antragsgegnerin, eine gesetzliche Krankenkasse, die Vergabe "Versorgung mit Stomaartikeln der Produktartgruppe 29 und den ggf. in diesem Zusammenhang notwendigen Inkontinenzhilfen der Produktgruppe 15 gemäß § 127 Absatz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V)" im offenen Verfahren in 20 Gebietslosen europaweit aus. Gegenstand der Vergabe war die Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin mit Stomaartikeln und Inkontinenzhilfen einschließlich Zubehör, notwendiger Reparaturen sowie der im Zusammenhang mit der Versorgung zu erbringenden Dienst- und Serviceleistungen. Die abzuschließenden Rahmenvereinbarungen sollten eine Laufzeit von 24 Monaten haben und mit einer zweimaligen Verlängerungsmöglichkeit von je einem Jahr versehen sein. Angebote konnten bis zum 26.01.2018 abgegeben werden.
Unter Ziffer 2.2.4 war zu den Dienst- und Serviceleistungen in der Leistungsbeschreibung unter anderem Folgendes geregelt:
"Zur fachgerechten und qualitätsorientierten Versorgung der Versicherten gehören auch alle damit im Zusammenhang stehenden Dienst- und Serviceleistungen, die sich an den gültigen Hygiene-, Pflege- und Versorgungsstandards orientieren. Hierzu zählen insbesondere die persönliche Beratung, die Lieferung, die Anpassung und eine umfassende Einweisung und Nachbetreuung der Versicherten bzw. der Bezugspersonen in den sachgerechten Gebrauch der Hilfsmittel.
Dazu setzt der Auftragnehmer fachlich qualifiziertes Personal und Pflegeexperten Stoma, Kontinenz und Wunde in der für eine qualitätsorientierte Versorgung notwendigen Anzahl ein. [...]
Die Pflegeexperten Stoma, Kontinenz und Wunde müssen erfolgreiche Weiterbildungen von mindestens 120 Unterrichtseinheiten (theoretischer Teil) und zusätzlich mindestens 40 praktische Unterrichtseinheiten bzw. gleichwertige Qualifikationen oder eine der nachstehenden, höherwertigen Qualifikationen nachweisen können:
- Weiterbildung als Enterostomatherapeut(in) [...] oder
- Weiterbildung als Pflegeexpertin/-experte Stoma, Kontinenz und Wunde mit einem von der Fachgesellschaft Stoma, Kontinenz und Wunde e.V. (FgSKW) anerkannten Abschluss oder
- mindestens eine gleichwertige Weiterbildung und Qualifikation.
U.a. müssen die Pflegeexperten Stoma, Kontinenz und Wunde über Kenntnisse und Fähigkeiten in den Bereichen Stoma-Management, Ernährung, onkologische Pflege, Schmerzmanagement, Patientenedukation, Gesundheitssystem, Kommunikation und Recht verfügen.
[...]
Die neben den Pflegeexperten Stoma, Kontinenz und Wunde für die Beratung der Versicherten eingesetzten Mitarbeiter(innen) des Auftragnehmers müssen mindestens folgende Voraussetzungen erfüllen: [...]"
Die Vergabeunterlagen sahen vor, das wirtschaftlichste Angebot je Los nach einer Formel zu ermitteln, die den Gesamtversorgungspreis zu 80 % und die Qualität zu 20 % berücksichtigte. Das Kriterium der Qualität war in 6 Unterkriterien untergliedert, von denen der Einsatz von Pflegeexperten Stoma, Kontinenz und Wunde mit 3 % Gewichtung sowie der Einsatz von qualifiziertem Fachpersonal mit 2 % Gewichtung je eines war. Die Bieter sollten insoweit angeben, wie viel Pflegeexperten und qualifiziertes Fachpersonal je 1.000 Versicherten der Antragsgegnerin mit Stomaanlage sie einsetzen wollten. Die entsprechende Angabe sollte im Falle der Zuschlags Vertragsbestandteil werden, zuvor aber im Rahmen der Angebotsbewertung Berücksichtigung finden.
In der Antwort auf die Bieteranfrage 257 teilte die Antragsgegnerin während der laufenden Angebotsfrist Folgendes mit:
"Der alleinige Einsatz von fachlich qualifiziertem Personal (keine Pflegeexperten) erfüllt nicht die Anforderung der Leistungsbeschreibung, so dass ein solches Angebot ausgeschlossen wird."
Die Antragstellerin, eine präqualifizierte Hilfsmittellieferantin, gab auf das Los 18 fristgerecht ein Angebot ab. Im Formblatt "Angaben zur Bewertung der qualitativen Zuschlagskriterien" gab sie allerdings an, keine Pflegeexperten einzusetzen. Das Formblatt A3 "Eigenerklärung zur Anzahl der Erst- und Neuversorgungen" fügte die Antragstellerin ihrem Angebot zwar bei, unterschrieb es jedoch nicht.
Die Antragstellerin rügte unter dem 22.01.2018 (Anlage Ast 2), dass das Vergabeverfahren aus mehreren vergabe- und sozialrechtlichen Gründen vergaberechtswidrig sei. Die Antragsgegnerin half den Rügen nicht ab, sondern wies sie mit Schreiben vom 31.01.2018 (Anlage Ast 1) zurück.
Die Antragstellerin hat am 15.02.2018 einen Nachprüfungsantrag bei der 1. Vergabekammer des Bundes gestellt. Mit diesem hat sie unter anderem geltend gemacht, dass die Ausschreibung wegen ihres hohen Dienstleistungsanteils gegen das Zweckmäßigkeitsgebot des § 127 Abs. 1 Satz 1 und 6 SGB V verstoße und deshalb gesetzlich verboten sei. Die Antragsgegnerin schließe sie, die Antragstellerin, zudem unzulässig von der Hilfsmittelversorgung aus, weil sie den Einsatz von Pflegeexper...