Verfahrensgang
AG Solingen (Entscheidung vom 22.02.2006) |
Gründe
I.
Der Angeklagte ist durch - nicht rechtskräftiges - Urteil des Amtsgerichts Solingen vom 22. Februar 2006 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Der Vorsitzende der Strafkammer hat den Antrag des Angeklagten abgelehnt, ihm in der Berufungsinstanz Rechtsanwalt ............... in Solingen als Pflichtverteidiger beizuordnen, da ein wichtiger Grund für die Entpflichtung von Rechtsanwalt ............in Solingen nicht vorliege. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der vorliegenden Beschwerde.
II.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat zu der Beschwerde wie folgt Stellung genommen:
"Die formgerecht (§ 306 Abs. 1 StPO) angebrachte Beschwerde ist statthaft gemäß § 304 Abs. 1 StPO.
Sie ist auch begründet.
Zwar ist dem Wunsch eines Angeklagten, den bestellten Rechtsanwalt zu entpflichten und ihm stattdessen einen anderen Rechtsanwalt beizuordnen, nur ausnahmsweise bei Vorliegen wichtiger Gründe Rechnung zu tragen. Ein wichtiger Grund kommt insbesondere dann in Betracht, wenn dem Pflichtverteidiger entweder ein Fehlverhalten von besonderem Gewicht vorzuwerfen ist oder wenn eine nachhaltige, vom Angeklagten nicht verschuldete Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses vorliegt, wobei Umstände von Gewicht vorgetragen und glaubhaft gemacht werden bzw. sonst ersichtlich sein müssen.
Ob ein derartiger wichtiger Grund für die Auswechselung des Pflichtverteidigers vorgetragen worden ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben,
Nach ständiger Rechtsprechung ist unabhängig davon dem Wunsch des Angeklagten auf Wechsel des Pflichtverteidigers nämlich ausnahmsweise dann zu entsprechen, wenn der bisherige Pflichtverteidiger damit einverstanden ist und durch die Beiordnung des neuen Verteidigers weder eine Verfahrensverzögerung noch Mehrkosten für die Staatskasse verursacht werden (zu vgl. OLG Frankfurt NJW 2005, 377, 378; KG NStZ 1993, 201, 202; Meyer-Goßner, StPO, § 143 Rdnr. 5 m.w.N.). Das gebietet die aus § 142 StPO resultierende Fürsorgepflicht des Gerichts. Hiernach ist dem Angeklagten, der von einem Pflichtverteidiger vertreten wird, der gleiche Rechtsschutz zu gewähren wie demjenigen, der seinen Verteidiger selbst wählt. Da ein Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Angeklagtem eine wesentliche Voraussetzung für eine sachdienliche Verteidigung ist, ist dem Angeklagten eine Verteidigung durch den Anwalt seines Vertrauens zu ermöglichen, wenn keine wichtigen Gründe entgegenstehen (zu vgl. OLG Frankfurt a.a.O.; OLG Bamberg NStZ 2006, 467).
So verhält es sich hier. Da der bisherige Pflichtverteidiger erklärt hat, seiner Entpflichtung nicht entgegenzutreten (Bl. 198 d.A.), ist von seinem Einverständnis mit dem Wechsel der Pflichtverteidigung auszugehen. Insoweit ist auch das Schreiben des Pflichtverteidigers vom 10. Januar 2007 zu berücksichtigen, woraus sich ergibt, dass dieser keinen Kontakt mehr mit dem Angeklagten hat (Bl. 231 d.A.).
Dass mit dem personellen Austausch des Pflichtverteidigers eine Verfahrensverzögerung einhergehen könnte, ist - zumal bislang eine Terminierung der Hauptverhandlung in der Berufungsinstanz nicht erfolgt ist - nicht ersichtlich.
Durch die Entpflichtung des bisherigen Verteidigers nach Abschluss der 1. Instanz und die Beiordnung des neuen Verteidigers in der Berufungsinstanz entstehen der Staatskasse auch keine Mehrkosten. Der bisherige Pflichtverteidiger hat erklärt, dass er gegenüber der Staatskasse auf die Verfahrensgebühr in der Berufungsinstanz verzichte (Bl. 198 d.A.). Rechtsanwalt .............. hat seinerseits mitgeteilt, er verzichte auf die Grundgebühr nach Nummer 4100 VV RVG (Bl. 196 d.A.)."
Dem schließt sich der Senat an.
Fundstellen