Leitsatz (amtlich)
Übereignet der nicht befreite Vorerbe in Erfüllung eines angeordneten Vermächtnisses ein Nachlassgrundstück an den Vermächtnisnehmer, so ist zur Löschung des im Grundbuch eingetragenen Nacherbenvermerks die Zustimmung des (der) Nacherben nicht erforderlich.
Normenkette
BGB §§ 2113, 2136; GBO §§ 19, 22, 29
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Beschluss vom 13.03.2002; Aktenzeichen 5 T 219/01) |
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird abgeändert. Das AG – Grundbuchamt – wird angewiesen, von seinen Bedenken gegen die beantragte Löschung des Nacherbenvermerks abzusehen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 5.000 Euro.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) ist als Eigentümerin des o.a. Grundbesitzes im Grundbuch eingetragen. Das Grundstück stand vorher im Eigentum ihrer am 12.5.1999 verstorbenen Tante, Frau M.B. Diese hatte in einem handschriftlichen Testament die Beteiligte zu 1) zu ihrer alleinigen Vorerbin und zu Nacherben deren eheliche Kinder zu gleichen Teilen eingesetzt. In dem Testament war u.a. unter der Überschrift: „Zweites Vermächtnis” Folgendes bestimmt:
Meinem Neffen, H.O., geboren 1957, wohnhaft …, vermache ich den Erlös aus dem vom Vermächtnisnehmer durchzuführenden Verkauf des neben meinem Haus gelegenen ca. 500 qm großen Baugrundstücks, nach Abzug aller aus dem Verkauf anfallenden Kosten. Wenn er das Grundstück zunächst nicht verkaufen will, soll A. von G. einen monatlichen Betrag erhalten, der den hälftigen Zinsertrag ausmacht, als ob ein Verkauf stattgefunden hätte, mind. 350 DM monatlich. Wird das Bauland verkauft, muss G. die Zinsen aus dem festzulegenden Geld nach Abzug seiner steuerlichen Kosten mit Albert teilen, und zwar bis zu einer Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim. In diesem Fall soll G. aus den Zinserträgen ein monatliches Taschengeld von 250 DM zahlen.
G. kann das Grundstück auch bebauen. Die Verpflichtung für A. muss dann abgesichert werden.
Mit notarieller Urkunde Nr. 1486/00 des Notars Dr. S. hat die Beteiligte zu 1) in einem „Vermächtniserfüllungsvertrag” vom 14.9.2000 den Grundbesitz auf den Beteiligten zu 2) übertragen. In § 2 dieses Vertrages heißt es:
Eine Gegenleistung hat der Erwerber nicht zu erbringen. Auch behält sich Frau R.M. keine Rechte an dem übertragenen Grundstück vor. Herr H.O. verpflichtet sich jedoch, seine Schwester bei einem beabsichtigten Verkauf des Grundstücks rechtzeitig zu informieren. Die Absicherung der von Herrn H.O. an seinen Onkel A.N. zu leistenden Beträge soll in einer separaten Urkunde erfolgen.
Der Notar hat unter Vorlage der Urkunde die Eigentumsumschreibung und die gleichzeitige Löschung des Nacherben im Grundbuch beantragt. Er hat sich auf das im Testament der früheren Eigentümerin angeordnete Vermächtnis berufen.
Das Grundbuchamt hat Bedenken gegen die beantragte Löschung des Nacherbenvermerks geäußert, weil es sich bei der Grundstücksübertragung um eine unentgeltliche Verfügung des Vorerben handele und zur Löschung des Nacherbenvermerks die Zustimmung des Nacherben erforderlich sei, und mit Beschluss vom 26.3.2001 den Antrag auf Eigentumsumschreibung unter gleichzeitiger Löschung des Nacherbenvermerks zurückgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) hat das LG zurückgewiesen. Mit der weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1) und 2) ihr Begehren weiter.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das gem. §§ 71, 78, 80 GBO zulässige Rechtsmittel ist begründet, denn die Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 78 GBO).
1. Das LG hat ausgeführt, durch die begehrte Eigentumsumschreibung auf den Beteiligten zu 2) würde das Nacherbenrecht der Kinder der Beteiligten zu 1) beeinträchtigt, denn durch die Verfügung der Vorerbin werde dem Beteiligten zu 2) mehr zugewendet, als er nach dem ihm ausgesetzten Vermächtnis erhalten sollte. Die Bestimmung der Erblasserin, die Verpflichtung für ihren Bruder A.N. müsse „abgesichert” werden, sei nämlich dahin zu verstehen, dass seine Ansprüche gegen den Beteiligten zu 2) durch Bestellung eines dinglichen Rechts an dem Grundstück gesichert werden sollten. Bei einer Übertragung unbelasteten Eigentums auf den Beteiligten zu 2) liege daher eine nach dem Vermächtnis nicht geschuldete unentgeltliche Verfügung vor, die nach § 2113 Abs. 2 BGB bei Eintritt des Nacherbenfalles den Nacherben ggü. unwirksam wäre. Durch diese Verfügung würden auch nicht nur Rechte des Bruders der Erblasserin, A.N., sondern auch solche der Nacherben beeinträchtigt. Die Verpflichtung, die Ansprüche des A.N. dinglich abzusichern, träfe nämlich auch die Vorerbin und ggf. die Nacherben. Diese würden aber durch die vorgenommene Übertragung lastenfreien Eigentums auf den Beteiligten zu 2) gehindert, diese Verpflichtung ggü. A.N. zu erfüllen, was ggf. zu Schadenersatzansprüchen ggü. ihnen führen könnte.
2. Diese Erwägungen des LG begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Das LG ist bei der Prüfung, ob der Nacherbenvermerk gelöscht werden kann, zunächs...