Leitsatz (amtlich)
Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Abwehr einer Räumungsklage betreffend die eheliche Wohnung ist von der Schlüsselgewalt des Ehegatten umfasst.
Normenkette
BGB §§ 611, 675, 1357
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 17.09.2009; Aktenzeichen 1 O 95/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 2. gegen das am 17.9.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte zu 2.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten zu 2. hat keinen Erfolg.
A. Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 15.4.2010. Der Senat hat dort im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
I. Den Klägern stehen gegen die Beklagte zu 2. die in der Höhe nicht angegriffenen Gebührenansprüche aus dem Anwaltsdienstvertrag gem. §§ 675, 611 BGB zu.
1. Offen bleiben kann, ob die Beklagte zu 2. die Kläger ausdrücklich beauftragt hat. Auch die bloße Parteistellung begründet für sich genommen noch keinen Zahlungsanspruch; denn bei Streitgenossenschaft ist nicht jeder Streitgenosse notwendig auch Auftraggeber (vgl. OLG Köln AnwBl. 1978, 65; KG ZMR 2006, 207 m.w.N.). Offen bleiben kann auch, ob die Beklagte zu 2. das Handeln des Beklagten zu 1. durch ihr späteres Verhalten genehmigt hat.
2. Die Haftung der Beklagten zu 2. folgt nämlich aus der Anwendung des § 1357 Abs. 1 BGB. Die Beauftragung der Kläger durch den Beklagten zu 1. stellte ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs für die Familie dar, weshalb die Beklagte zu 2. für die dadurch entstandenen Kosten in gesamtschuldnerischer Haftung mit ihrem Ehemann, dem Beklagten zu 1., einzustehen hat.
Die Beauftragung durch den Beklagten zu 1. steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Es spricht auch einiges dafür, dass das Handeln des Beklagten zu 1., die Kläger mit der Vertretung in den Verfahren vor dem AG Bergisch-Gladbach (Az. 62 C 240/05 und Az. 31 M 2775/06) und vor dem LG Köln (Az. 9 T 133/06) zu beauftragen, nach den Umständen (§ 164 Abs. 1 S. 2 BGB) auch namens der Beklagten zu 2. erfolgt ist. Nach einer Entscheidung des KG (a.a.O.) darf bei der Beauftragung mit der Vertretung von Streitgenossen ein Rechtsanwalt ohne Vorliegen besonderer Umstände und Abreden gem. §§ 133, 157 BGB grundsätzlich davon ausgehen, dass eine Auftragserteilung durch alle Genossen erfolgt. Denn dies entspräche für den Regelfall den Interessen aller Beteiligten, weil der Rechtsanwalt zwei Schuldner erhalte, der handelnde Streitgenosse das Risiko seiner (alleinigen) Inanspruchnahme verringere und der andere Streitgenosse wiederum eigene Ansprüche und Rechte ggü. dem Rechtsanwalt erhalte. Würde man diese Grundsätze auch im zu entscheidenden Fall anwenden, folgte schon daraus eine Haftung der Beklagten zu 2.. Denn es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der Beklagte zu 1. den Auftrag ausdrücklich nur im eigenen Namen erteilt hat. Vielmehr hat er den Klägern sämtliche an die Beklagte zu 2. zugestellten Unterlagen zur Kenntnisnahme und Bearbeitung übergeben, was wesentlich dafür spricht, dass die Kläger davon ausgehen durften, er sei hierzu berechtigt und bevollmächtigt, auch im Namen der Beklagten zu 2. zu handeln. Dies bedarf letztlich jedoch keiner Entscheidung, denn die Haftung der Beklagten zu 2. folgt bereits aus der Anwendung der Grundsätze des Geschäfts zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs gem. § 1357 Abs. 1 BGB.
a. Bei Beurteilung des Lebensbedarfs einer Familie ist nicht allein funktional auf die Haushaltsführung und damit nur auf die Bedarfsgeschäfte des täglichen Lebens abzustellen. Vielmehr ist der Begriff umfassend danach auszulegen, was unterhaltsrechtlich gemäß den §§ 1360, 1360a BGB zum Lebensbedarf der Familie zu rechnen ist (BGHZ 94, 1 ff. ; BGH NJW 2004, 1593 ff.; KG, a.a.O.; Wacke in MünchKomm/BGB, 5. Aufl. 2010, § 1357 Rz. 19). Hierzu kann grundsätzlich auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts zählen (Staudinger/Voppel, BGB, Neubearbeitung 2007, § 1357 Rz. 46).
So liegt der Fall auch hier. Die Beauftragung der Kläger diente der Abwehr einer Klage auf Räumung, Zahlung rückständiger Mietzinsen und Nutzungsentschädigung. Sie betraf das Familienheim und diente damit der Sicherung der Ehewohnung und der Abwehr einer erheblichen Forderung (KG, a.a.O.). Unter Geschäfte i.S.d. § 1357 BGB fallen grundsätzlich alle rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen, die der Aufrechterhaltung des ehelichen und familiären Haushaltes dienen (Staudinger/Voppel, a.a.O., Rz. 44; MünchKomm/Wacke, a.a.O., Rz. 18; Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl., § 1357 Rz. 12).
Dem steht nicht entgegen, dass die Anmietung und Aufgabe einer Wohnung als "Grundlagengeschäft" nach überwiegender Meinung nicht von § 1357 BGB umfasst sein soll (OLG Brandenburg NJW-RR 2007, 221 f.: Staudinger/Voppel, a.a.O., Rz. 46; Palandt/Brudermüller, a.a.O., Rz. 14). Denn hier geht es nicht um grundlegende, kostenintensive Veränderungen, wie beispielsweise den Abschluss eines Bauvertrages über ein Haus im Wert von fast ...