Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung der Vormundschaft wegen Volljährigkeit; gerichtliche Feststellung; Beschwerdeberechtigung der Jugendamtes als Amtsvormund; Eintritt der Volljährigkeit nach dem Recht der Republik Guinea (Art. 7 EGBGB)
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Vormund, der geltend macht, dass die Vormundschaft entgegen der gerichtlichen Feststellung nicht von Gesetzes wegen beendet ist, ist ebenso wie der Betroffene selbst gemäß § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt (Anschluss an BGH, Beschluss vom 24.01.2018, XII ZB 383/17, zit. nach juris, Rn. 12).
2. Nach geltendem Recht des Staates Guinea tritt die Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein (Anschluss an Oberlandesgerichts Hamm Beschluss vom 20.02.2018 - II-4 UF 243/16 - FamRZ 2018, 1089f; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.02.2018, II- 6 UF 30/18, n.v.)
Verfahrensgang
AG Duisburg-Hamborn (Aktenzeichen 18 F 236/16) |
Tenor
1. Die als Beschwerden auszulegenden Eingaben des Jugendamts Duisburg vom 30.05.2018 sowie des Betroffenen vom 01.06.2018 gegen die als Beschluss zu wertende deklaratorische Feststellung in der Verfügung des Amtsgerichts - Familiengericht - Duisburg-Hamborn vom 15.05.2018 werden zurückgewiesen.
2. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
3. Beschwerdewert: 3.000 EUR
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen
Gründe
I. Bezogen auf das betroffene Kind, das die guineische Staatsangehörigkeit besitzt, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Duisburg-Hamborn vom 21.09.2016 (18 F 205/16) das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt und Vormundschaft angeordnet. Zum Vormund wurde das Jugendamt Duisburg bestellt.
Mit Verfügung vom 15.05.2018 hat das Amtsgericht dem Jugendamt Duisburg mitgeteilt, dass die Vormundschaft nach Eintritt der Volljährigkeit beendet sei.
Dem widersprach das Jugendamt Duisburg als Amtsvormund mit Schreiben vom 30.05.2018 und wies auf die unklare Rechtslage zur Frage der Volljährigkeit guineischer Jugendlicher hin, insbesondere im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.12.2017 (XII ZB 333/17). Auch das betroffene Kind hat der Entlassung des Jugendamtes als Amtsvormund mit Schreiben vom 01.06.2018 widersprochen.
Das Amtsgericht hat die Eingabe des Jugendamtes als Beschwerde gegen die Verfügung vom 15.05.2018 gewertet und dieser mit Beschluss vom 19.07.2018 nicht abgeholfen. Maßgeblich für die Frage der Volljährigkeit sei Art. 1 des Code de l'Enfant guineen vom 19.08.2008 sowie die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 20.02.2018 (II-4 UF 243/16), auf welche vollumfänglich Bezug genommen werde.
II. Die deklaratorische Feststellung in der Verfügung vom 15.05.2018, dass die Vormundschaft nach Eintritt der Volljährigkeit beendet sei, ist als Beschluss und die Widersprüche des Jugendamtes als Amtsvormund und des Betroffenen hiergegen als Beschwerden zu werten.
Die Beschwerden des Jugendamtes als Amtsvormund sowie des Betroffenen sind gemäß § 58 ff. FamFG zulässig. Insbesondere ist ein Vormund, der geltend macht, dass die Vormundschaft entgegen der gerichtlichen Feststellung nicht von Gesetzes wegen beendet ist, gemäß § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt (BGH, Beschluss vom 24.01.2018, XII ZB 383/17, zit. nach juris, Rn. 12). Darüber hinaus ist auch der Betroffene selbst beschwerdeberechtigt (BGH, a.a.O.)
Die Beschwerden sind jedoch unbegründet, weil das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, dass die Vormundschaft beendet ist.
Wann für den Betroffenen die Volljährigkeit eintritt, ist sowohl für die internationale Zuständigkeit als auch für die verfahrensgegenständliche materiell-rechtliche Frage, ob die Vormundschaft beendet ist, maßgeblich. Es handelt sich insoweit um eine doppelrelevante Tatsache, so dass im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung die Minderjährigkeit als gegeben zu unterstellen ist (BGH Beschluss vom 20.12.2017, XII ZB 333/17, zit. nach juris Rn. 15; sowie Beschluss vom 24.01.2018, XII ZB 383/17).
Die Frage, ob eine als Mündel in Betracht kommende Person minderjährig oder im Sinne voller Geschäftsfähigkeit volljährig ist, richtet sich entweder über Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention nach deutschem Recht oder gem. Art. 7 EGBGB nach dem Recht Guineas. In beiden Fällen tritt die Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein.
Wegen der Frage des Eintritts der Volljährigkeit nach dem Recht der Republik Guinea hat der Bundesgerichtshof in den genannten Beschlüssen vom 20.12.2017 und 24.01.2018 die Sachen jeweils an das Oberlandesgericht Hamm zur Durchführung weiterer Ermittlungen in Form eines aussagekräftigen Sachverständigengutachtens zurückverwiesen. Der nach der Zurückverweisung durch Beschluss vom 20.12.2017 nunmehr zuständige 4. Familiensenat des Oberlandesgerichts Hamm hat mit Beschluss vom 20.02.2018 (II-4 UF 243/16) die Rechtsauffassung des 6. Familiensenats im Beschluss vom 15.05.2017 (II-6 UF 175/16) bekräftigt, dass nach geltendem Recht des Staates Guinea die Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjah...