Leitsatz (amtlich)
1. Einer Nachliquidation von Umsatzsteuer steht die Rechtskraft eines Kostenfestsetzungsbeschlusses nur entgegen, wenn darin auch über die Frage der Umsatzsteuerfestsetzung entschieden worden ist.
2. Für die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe die Umsatzsteuer bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen ist, ist der steuerliche Anknüpfungspunkt der Zeitpunkt der Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung nach § 16 BRAGO.
Normenkette
ZPO § 104
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 06.10.2004; Aktenzeichen 6 O 483/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Düsseldorf - Rechtspflegerin - vom 6.10.2004 wird kostenfällig zurückgewiesen.
Gründe
I. Aufgrund des Kostenfestsetzungsantrags der Beklagten vom 4.9.2003 (Bl. 191 f. GA) wurden mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7.10.2003 (Bl. 194 f. GA) Rechtsanwaltsgebühren nebst Auslagen in beantragter Höhe gegen die Klägerin festgesetzt. Eine Festsetzung der im Antrag aufgeführten Umsatzsteuer unterblieb, weil die Beklagte zugleich erklärt hatte, dass sie nicht vorsteuerabzugsberechtigt sei, eine Festsetzung mithin nicht zu erfolgen habe. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde der Beklagten am 17.10.2003 zugestellt (Bl. 197 GA).
Unter dem 13.2.2004 beantragte die Beklagte die Nachfestsetzung der auf die bereits festgesetzten Gebühren und Auslagen entfallenden Umsatzsteuer mit der Begründung, dass zwischenzeitlich das Insolvenzeröffnungsverfahren über ihr Vermögen mit Beschl. v. 9.12.2003 mangels Masse abgelehnt worden, mithin die Vorsteuerberechtigung entfallen sei.
Das LG hat diesen Antrag mit Beschl. v. 6.10.2004 (Bl. 216 f. GA) abgelehnt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der sofortigen Beschwerde (Bl. 223 GA).
II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen die im angefochtenen Beschluss ausgesprochene Zurückweisung ihres Antrags vom 13.2.2004 (Bl. 198 f. GA) auf nachträgliche Festsetzung der Umsatzsteuer ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 (n.F.) ZPO zulässig. Dies gilt selbst dann, wenn die Abwicklung des Vermögens der Beklagten vollbeendet wäre. Auch die beendete Gesellschaft gilt insoweit als aktiv parteifähig, als sie ein Vermögensrecht in Anspruch nimmt, z.B. - wie hier die Beklagte - den ihr zustehenden Kostenerstattungsanspruch (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 50 Rz. 4, 4a). Die sofortige Beschwerde bleibt jedoch ohne Erfolg.
1. Es mag dahinstehen, ob hier bereits die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 7.10.2003 einer nachträglichen Geltendmachung der Umsatzsteuer entgegensteht. Dies wäre nur dann anzunehmen, wenn das Gericht im Kostenfestsetzungsbeschluss über die Frage der Berücksichtigung dieser Position eine Entscheidung getroffen hätte, was wiederum voraussetzt, dass insoweit ein Antrag auf Festsetzung vorlag (BVerfG JurBüro 1995, 583; OLG München AGS 2004, 36 f.).
Der Antrag der Beklagten ist bezüglich der Umsatzsteuer widersprüchlich. Einerseits werden die Umsatzsteuerbeträge aufgeführt; dabei geht der Senat aufgrund der verwendeten Kugelschreiber davon aus, dass die Streichung nicht durch den unterzeichnenden Rechtsanwalt sondern die diesen Antrag bearbeitende Rechtspflegerin erfolgte. Andererseits heißt es im Nachgang, dass die Umsatzsteuerbeträge nicht festzusetzen seien, weil die Beklagte vorsteuerabzugsberechtigt sei. Insoweit ist unklar, ob das Gericht den Festsetzungsantrag überhaupt auf die ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge erstreckt und sodann die Frage der Berücksichtigung der Umsatzsteuer aufgrund der nachfolgenden anwaltlichen Erklärung abgelehnt hat.
2. Weiterhin mag dahinstehen, ob die Beklagte - wenn sich die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 7.10.2003 nicht auf die Umsatzsteuer erstreckte - ihr Recht auf Nachliquidation verwirkt hat. Grundsätzlich wird eine Nachliquidation von zunächst nicht geltend gemachten Kostenerstattungsansprüchen nach Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses zugelassen (BVerfG JurBüro 1995, 583; LAG Düsseldorf JurBüro 2001, 146 f.). Jedoch kann der Einwand der Verwirkung entgegenstehen, wenn eine gewisse Zeit nach Abschluss des Kostenfestsetzungsverfahrens verstrichen ist und der Gegner nicht mehr damit zu rechnen braucht, dass der Kostenerstattungsberechtigte entgegen den früheren Angaben doch noch die Erstattung der Umsatzsteuer beansprucht (LAG Düsseldorf JurBüro 2001, 146 f.). Ob dies bereits nach Ablauf eines Zeitraumes von nur vier Monaten nach Abschluss des Kostenfestsetzungsverfahrens anzunehmen ist, bedarf hier keiner Klärung.
3. Eine Nachliquidation der Umsatzsteuer kann jedenfalls deshalb nicht erfolgen, weil es für die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung ankommt. Für die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe die Umsatzsteuer bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen ist, ist der steuerliche Anknüpfungspunkt der Zeitpunkt der Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung nach § 16 BRAGO (OLG Koblenz JurBüro 1999, 304). Maßgeb...