Leitsatz (amtlich)
Auch wenn Hauptverfahren und einstweiliges Anordnungsverfahren nach § 41 BRAGO jeweils eine eigenständige Angelegenheit bilden, ist - wenn ein Vergleich gleichzeitig einen Hauptprozess und ein einstweiliges Verfahren erledigt - eine Zusammenrechnung der Werte nach § 7 Abs. 2 BRAGO vorzunehmen.
Normenkette
BRAGO § 23
Verfahrensgang
AG Mönchengladbach (Beschluss vom 13.07.2004; Aktenzeichen 17 F 157/03) |
Tenor
Unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels wird auf die Beschwerde der Staatskasse der Beschluss des AG Mönchengladbach - FamG - vom 13.7.2004 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Unter Zurückweisung der weiter gehenden Erinnerung wird auf die Erinnerung der Staatskasse die Festsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 4.3.2004 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die an den Antragsteller für das Verfahren auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung zu zahlende Vergütung wird auf insgesamt 341,04 EUR festgesetzt. Der weiter gehende Festsetzungsantrag wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerde der Staatskasse vom 11.8.2004 (Bl. 28 PKH-Heft) ist gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 und 4, 61 Abs. 1 S. 2 RVG zulässig. Sie richtet sich gegen den Beschluss des AG Mönchengladbach - FamG - vom 13.7.2004 (Bl. 27 PKH-Heft), der ausweislich des Aktenvermerks (Bl. 25 R PKH-Heft) am 3.8.2004 an den Bezirksrevisor weitergeleitet wurde. In dem Beschluss hat das Gericht zum Ausdruck gebracht, dass es auch aufgrund der Erinnerung der Staatskasse vom 31.3.2004 (Bl. 16 ff. GA) keinen Anlass zur Abänderung der durch die Urkundsbeamtin getroffenen Festsetzung vom 4.3.2004 (Bl. 13 PKH-Heft) sehe. Die Nichtabhilfe war insoweit als Zurückweisung der Erinnerung der Staatskasse auszulegen.
Die Beschwerde der Staatskasse ist nur teilweise begründet. Sie hat Erfolg, soweit als Vergleichsgebühr mehr als 8 EUR nebst Mehrwertsteuer festgesetzt worden sind. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Staatskasse gegen die Berechnung einer eigenständigen Erörterungsgebühr i.H.v. 133 EUR für das Verfahren auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.10.2003 (Bl. 75 f. GA) erfolgte eine Erörterung sowohl in der Hauptsache als auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Hiervon geht auch die Beschwerde aus. Entgegen ihrer Auffassung sind jedoch für die Berechnung der anwaltlichen Erörterungsgebühr die Gegenstandswerte nicht zu addieren. Vielmehr ist die Erörterungsgebühr an dem Gegenstandswert des einstweiligen Anordnungsverfahrens i.H.v. 1.620 EUR zu bemessen.
Eine Addition der Gegenstandwerte von Haupt- und einstweiligem Anordnungsverfahren folgt nicht aus § 7 Abs. 2 BRAGO. Es handelt sich nicht um mehrere Streitgegenstände innerhalb einer Angelegenheit. Vielmehr bilden Hauptverfahren und einstweiliges Anordnungsverfahren jeweils eine eigenständige Angelegenheit. Dies folgt aus § 41 Abs. 1 f. S. 1) BRAGO. Danach gelten Verfahren nach § 644 ZPO als besondere Angelegenheiten. Bei dem hier fraglichen Verfahren auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Kindesunterhalt handelt es sich um ein Verfahren i.S.d. §§ 644, 621 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Sonstige Gründe für eine Wertaddition sind nicht ersichtlich. Insbesondere führt weder ein "Sachzusammenhang" noch eine "Quasiverbindung" zu einer in den Gebührenvorschriften nicht vorgesehenen Wertaddition; eine förmliche Prozessverbindung hat nicht stattgefunden.
2. Mit teilweisem Erfolg wendet sich die Staatskasse gegen die Festsetzung einer Vergleichsgebühr i.H.v. 133 EUR. Festzusetzen war lediglich eine weitere Gebühr i.H.v. 8 EUR.
a) Zu Unrecht meint die Staatskasse, dass in Bezug auf den Gegenstand des Verfahrens auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung keine Vergleichsgebühr angefallen sei. Eine Vergleichsgebühr nach § 23 Abs. 1 BRAGO entsteht, wenn die Parteien den Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Weg gegenseitigen Nachgebens beseitigen (Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 23 Rz. 5). Hier hat die Antragstellerin des Verfahrens auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung in Ziff. 2 des Prozessvergleichs vom 17.10.2003 (Bl. 75 f. GA) zwar lediglich die Rücknahme des Antrags erklärt. Eines Einverständnisses der Gegenseite bedurfte es hierfür nicht. Aus nachfolgender Ziff. 3 des Vergleichs folgt jedoch, dass sich die Gegenseite entgegen der ansonsten eintretenden gesetzlichen Kostenfolge (§ 269 Abs. 3 ZPO) bereit erklärte, dass die Kosten gegeneinander aufgehoben werden. Die Kostenregelung enthält keinerlei Differenzierung der Kosten, erfasst mithin auch die Kosten des Verfahrens auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung. Dieses Nachgeben im Kostenpunkt reicht aus. Für die Entstehung der Vergleichsgebühr genügt ein gegenseitiges Nachgeben im kleinsten Punkt, etwa bei den Kosten (Hartmann, BRAGO, § 23 Rz. 33).
Der Einwand kostensparender Pro...