Verfahrensgang

AG Moers (Aktenzeichen 2 II 39/94)

LG Kleve (Aktenzeichen 4 T 630/94)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 9) wird unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Moers vom 24.10.1994 der Antrag der Beteiligten zu 1) bis 8) zurückgewiesen. Die Gerichtskosten aller Instanzen werden den Beteiligten zu 1) bis 8) auferlegt.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert: 15.000.– DM

 

Gründe

1.

Die Beteiligten sind Miteigentümer eines 1975 errichteten, gemäß Teilungserklärung vom 24.6.1975 in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilten Wohn- und Geschäftshauses in M.. Die Beteiligte zu 9) – Antragsgegnerin – ist Sondereigentümerin der im Erdgeschoß gelegenen, im Aufteilungsplan mit „A” bezeichneten Teileigentumseinheit, die gewerblich genutzt wird. Sie und ihr Ehemann hatten früher auch die im 1. Obergeschoß über diesen Gewerberäumen gelegene, im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichnete Wohnung gemietet, die inzwischen die Beteiligte zu 8) erworben hat. Diese Wohnung – laut Teilungserklärung „mit eigener Zugangstreppe” – wird von der U.str. durch eine Haustür über einen Vorraum mit anschließendem Treppenzugang erschlossen. Auch vom Geschäftslokal der Antragsgegnerin führt eine Verbindungstür in diesen Vorraum, der im Aufteilungsplan als Bestandteil der Teileigentumseinheit A ausgewiesen ist.

Am 19. Oktober 1993 hat die Eigentümerversammlung zu Tagesordnungspunkt 2 des Protokolls u. a. beschlossen, die Zwischentür sei zu entfernen und der Mauerdurchbruch zuzumauern. Dieser Beschluß ist unangefochten geblieben.

Die Antragsteller nehmen die Antragsgegnerin auf Duldung dieser Baumaßnahme in Anspruch. Sie haben behauptet: Die Antragsgegnerin habe diese Zwischentür einbauen lassen. Treppenhaus und Podest gehörten zum Sondereigentum der Wohnung Nr. 1.

Sie haben beantragt,

  • die Antragsgegnerin zu verpflichten zu dulden, daß die Tür … entfernt und der Mauerdurchbruch fachgerecht zugemauert … wird,
  • hierzu den Zugang zu ihrem Teileigentum zu gestatten und ihr ein Ordnungsgeld anzudrohen.

Die Antragsgegnerin hat sich diesem Verlangen widersetzt und eingewendet: Die Tür sei von Anfang an geplant und vorhanden gewesen. An der Hauseingangstür seien Klingel und Briefkasten auch für das Ladenlokal angebracht. Der Beschluß der Eigentümerversammlung vom 19.10.93 sei nichtig.

Das Amtsgericht hat dem Antrag mit Beschluß vom 24.10.94 stattgegeben.

Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 9) hatte das Landgericht am 3.2.1995 zurückgewiesen, weil der Beschluß der Eigentümer Versammlung vom 19.10.1993 nicht angefochten worden und damit verbindlich sei.

Diese Entscheidung hat der Senat auf weitere Beschwerde der Antragsgegnerin aufgehoben.

Das Landgericht hat nach erneuter Verhandlung und Beweisaufnahme mit Beschluß vom 16.08.1995 das Rechtsmittel wiederum zurückgewiesen, weil die Kennzeichnung des Treppenvorraums im Aufteilungsplan offensichtlich unrichtig sei, der Raum nach dem Inhalt der Teilungserklärung jedenfalls nicht zum Teileigentum A gehöre und der Beschluß der Wohnungseigentümer vom 19.10.93 demnach nicht in den Kernbereich der Eigentumsrechte der Antragsgegnerin eingreife.

Die Beteiligte zu 9) hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt, der die Beteiligten zu 1) bis 8) entgegentreten.

II.

Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegnerin hat Erfolg. Der die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigende Beschluß des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes im Sinne von § 27 FGG. Die Beteiligte zu 9) und Antragsgegnerin ist weder wegen einer von ihr veranlaßten baulichen Veränderung noch aufgrund des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 19.10.1993 verpflichtet, die Schließung des Zugangs vom Laden lokal zum Treppenvorraum und zur Haustür zu dulden.

1.) Soweit die Antragsteller ursprünglich geltend gemacht hatten, die Antragsgegnerin habe die Zwischentür vom Teileigentum zum Treppenvorraum und zur Haustür selbst – als bauliche Veränderung des ursprünglichen Zustandes – nachträglich hergestellt, hat sich diese Darstellung nach den Aufteilungsplänen nicht bestätigt und wird auch nicht weiterverfolgt. Die Eigentümergemeinschaft kann den geltend gemachten Duldungs- und Beseitigungsanspruch demzufolge nicht auf § 1004 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 22 Abs. 1 WEG gründen.

2.) Der von den Antragstellern geltend gemachte Anspruch kann aber auch nicht aus der Bestandskraft des Beschlusses vom 19.10.1993 abgeleitet werden. Denn dieser Beschluß enthält nach den vom Landgericht aufgrund Teilungserklärung und Aufteilungsplänen getroffenen Feststellungen einen Eingriff in den Kernbereich der Eigentümerrechte der Beteiligten zu 9) und ist deshalb wirkungslos, weil der Mehrheit der Wohnungseigentümer insoweit ersichtlich jede Entscheidungskompetenz fehlte.

a) Alle Beteiligten sind sich darin einig, daß die von den Antragstellern beanstandete Zwischentür vom Ladenlokal A zum Treppenvorraum und zur Haustür schon von Anfang an eingeplant, im Zeitpunkt der Teilungserklärung bereits vor...

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